Eine wirkliche Überraschung war die Meldung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vom 11. Februar nicht, auch wenn einige Zeitungskommentatoren dann doch aus allen Wolken fielen: "Neue Schätzungen des DIW Berlin: Das reichste Prozent der Deutschen besitzt mehr als 30 Prozent des Privatvermögens". Denn dass die Superreichen in Deutschland immer reicher werden, das vermutete man schon. Nur Zahlen dazu gibt's nicht. Wer Milliarden besitzt, versteckt sich gern.

Und dazu gehört in Deutschland auch die politische Abschaffung der Vermögenssteuer. Wer keine Vermögenssteuer erhebt, weiß nicht (und will wohl auch nicht wissen), wieviel Vermögen tatsächlich in den Händen der Superreichen ist. Auch weil Geld in einer Gesellschaft wie der unseren natürlich Einfluss bedeutet – auch auf die Politik.

Die DIW-Forscher griffen also zu einem Kniff und zogen die Forbes-Liste zu Rate, die Jahr für Jahr zumindest belastbare Schätzungen zu den Vermögen der Superreichen bietet. Daraus kann man zumindest eine Schätzformel ableiten, wieviel Geld die deutschen Milliardäre aufgehäuft haben. Und auch noch in den letzten Jahren heftig vermehrt haben. Während ein Großteil der deutschen Arbeitnehmer in den letzten Jahren sogar Einkommensverluste hinnehmen musste, haben die Superreichen ihre Vermögen vermehrt.

Das DIW dazu: “Das reichste Prozent der Bevölkerung hält den neuen DIW-Schätzungen zufolge nicht – wie im SOEP ausgewiesen – rund ein Fünftel des gesamten Privatvermögens im Land, sondern rund ein Drittel. Der Anteil der reichsten 0,1 Prozent wird für das Jahr 2012 sogar dreimal so hoch geschätzt. Das Gesamtvermögen der Deutschen steigt durch die Hinzuschätzung im Jahr 2012 von 6,3 Billionen Euro auf bis zu 9,3 Billionen Euro. Der Forbes-Liste zufolge hielten im Jahr 2013 allein die 55 deutschen Dollar-Milliardäre rund 230 Milliarden Euro Nettovermögen.”

230 Milliarden Euro? – Das sieht in Ziffern so aus: 230.000.000.000.

Und dass Vermögen im Milliardenbereich auch Einfluss bedeutet auf Markt und Politik, das zeigen schon die Namen der Deutschen, die man unter den 100 reichsten Milliardären findet. Sie sind nicht ganz an der Spitze. Da findet man Leute von Carlos Slim Helu aus Mexiko, den Großinvestor Warren Buffet oder Facebook-Inhaber Marc Zuckerberg.

Die Deutschen tauchen etwas später auf, sind aber mit ihren zum Teil marktbereinigenden Aktionen recht gut bekannt. Und das betrifft auch Deutschland, etwa mit Nr. 43, Dieter Schwarz, Chef der Schwarz-Gruppe, die auch in Leipzig seit Jahren mit immer neuen Supermärkten versucht, sich den größten Stück vom Einkaufskuchen der Leipziger zu sichern – die wichtigsten Märkte: Kaufland und Lidl. Sein Vermögen beziffert Forbes mit 19,8 Milliarden Dollar.

Auf Rang 46 folgt die Albrecht-Familie. Auch sie auf dem selben Geschäftsfeld unterwegs mit ihren Aldi-Märkten. Ihr Vermögen: 18,8 Milliarden Doller.

Auf Rang 47 folgt Michael Otto (Otto Gruppe/Otto Versand) mit 17,8 Milliarden Dollar. Susanne Klatten (BMW) folgt auf 51 mit 16,8 Milliarden Dollar Vermögen vor Stefan Quandt auf Rang 56 mit 15,5 Milliarden Dollar. Er ist Aktionär de BMW-Gruppe und Alleinaktionär der Delton. Und sein Vermögen stammt – wie das von Johanna Quand (Nr. 75, 14,9 Milliarden Dollar) aus dem Erbe des Großindustriellen Herbert Quandt. Was natürlich die Erbschaftsregelung in Deutschland ins Blickfeld rückt: Superreiche vererben ihren Reichtum an die Kinder.

Insgesamt findet man acht Deutsche unter den 100 reichsten Menschen weltweit.

Und natürlich nehmen sie Einfluss auf die Politik. Das wird spätesens sichtbar, wenn die Parteien ihre Wahlkampfspenden veröffentlichen. Und natürlich nicht nur sie, sondern die ganzen 10 Prozent der reichsten Deutschen, die allein mit ihrem Vermögen eine Verfügungsmasse haben, mit der die restlichen 90 Prozent nicht mithalten können.

Der Spruch stimmt schon: Geld regiert die Welt.

Und die Vermögensverteilung macht sichtbar, wer wirklich regiert.

Der Anteil des reichsten Prozents der deutschen Haushalte steigt von 18 Prozent auf Basis des SOEP auf mehr als 30 Prozent (je nach Szenario zwischen 31 und 34 Prozent), stellen die DIW-Forscher fest. Die reichsten 10 Prozent vereinigen den Schätzungen zufolge sogar 63 bis 74 Prozent des Privatvermögens im Land auf sich – statt wie bisher angenommen „nur“ 60 Prozent. Das Gesamtvermögen der Deutschen liegt nach der Hinzuschätzung um rund drei Billionen Euro höher.

Nur sind rund 6 Billionen davon im Besitz der 10 reichsten Prozent. Das schafft auch politischen Einfluss. Und zwar nicht zu knapp.

Wer aber dann mal die sächsische Regierung nach den Reichen im Freistaat befragt, bekommt eine ganz kurze Antwort.

Dazu morgen mehr an dieser Stelle.

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