Es gibt eine Menge Möglichkeiten, ein Bundesland für seine Bewohner attraktiver zu machen und ihnen das Gefühl zu geben, dass das Land tatsächlich ihr gemeinsames Projekt ist – und nicht nur das von verkniffenen alten Männern, die immer nur erzählen, was alles nicht geht. Eine dieser Möglichkeiten ist der Ausbau von Kinderrechten, gerade in einer Zeit, in der Sachsen die Kinder auszugehen drohen. Wer bitteschön soll das Land eigentlich in Zukunft auf seinen Schultern tragen? Im neuen Kinderrechte-Index jedenfalls kommt Sachsen bestenfalls mittelmäßig weg.
Der vom Deutschen Kinderhilfswerk erstellte Kinderrechte-Index analysiert die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in den Bundesländern. Konkret geht es um Beteiligung, Schutz, Gesundheit, angemessener Lebensstandard, Bildung sowie Ruhe, Freizeit, Spiel und kulturelle Teilhabe. Im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung benennt der Bericht Entwicklungsnotwendigkeiten für Sachsen.
Besonders schlecht kommt Sachsen in den Kategorien „Recht auf Beteiligung“ und „Recht auf Schutz“ weg. „Es gibt derzeit keine Landesstrategie zur Förderung und Stärkung von Kinder- und Jugendbeteiligung“, stellt das Kinderhilfswerk fest. Und in der Verfassung des Freistaats steht dieses Recht auch nicht.
„Nur 3 Prozent gaben in der Kinder- und Jugendumfrage (2024) an, häufig in ihrer Stadt oder in ihrem Ort mitbestimmen zu können. Bei 16 Prozent ist das gelegentlich der Fall. 25 Prozent können selten und 36 Prozent nie mitbestimmen. Im Ländervergleich sind diese Werte gering, die Mitbestimmung liegt insgesamt auf einem niedrigen Niveau.“
Natürlich macht das Mühe. Und ältere Lokalpolitiker lassen schon mal durchblicken, dass sie die Kinder- und Jugendbeteiligung für überflüssig erachten. Was die Sache nicht besser macht.
Der Ländersteckbrief Sachsen zum Kinderrechte-Index.
Dunkelfeld Kinderschutz
Und beim Kinderschutz landet man in Sachsen schnell im Bereich der Ahnungslosigkeit: „Es gibt keine regelmäßige öffentliche Berichterstattung zum Stand des Kinderschutzes. Dadurch fehlt
eine systematische Grundlage, um Fortschritte und Handlungsbedarfe sichtbar zu machen.“
Und das, obwohl die Jugendhilfe – nicht nur in Leipzig – immer öfter tätig werden muss. „Eine verpflichtende Entwicklung von Kinderschutzkonzepten ist weder im Sächsischen Schulgesetz noch in einem anderen Landesgesetz geregelt“, stellt das Kinderhilfswerk fest.
Möglichkeiten, das zu ändern, gibt es eine Reihe.
Das Wahlalter senken
Zum Beispiel eine, die die Linksfraktion im Sächsischen Landtag vorschlägt: Sie hat einen Antrag zur Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre eingebracht, der im kommenden Jahr abschließend behandelt wird. Ziel ist es, jungen Menschen mehr politische Mitbestimmung zu ermöglichen und ihre Interessen stärker in demokratische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Der Antrag setzt sich für mehr Generationengerechtigkeit und eine zeitgemäße Weiterentwicklung der demokratischen Beteiligung in Sachsen ein.
„Der Kinderrechte-Index bestätigt: Bei der Stärkung und Verankerung der Kinderrechte in Sachsen gibt es Handlungsbedarf. So mahnt der Bericht, das Wahlalter auf Landes- und kommunaler Ebene, wie in vielen anderen Bundesländern, zu senken und zusätzlich die Beteiligungsrechte junger Menschen zu stärken. So bleibt bislang auf der kommunalen Ebene die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen weit hinter den Möglichkeiten zurück“, kommentiert die Kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Juliane Nagel, den Kinderrechte-Index 2025 für Sachsen.
„Die Landesregierung hat die einfache Möglichkeit, unserem im Verfahren befindlichen Gesetzesentwurf (Drucksache 8/4218) zur Absenkung des Wahlalters zuzustimmen und an einer Realisierung zu arbeiten!
Jugendliche übernehmen Verantwortung in Schule, Ausbildung und Gesellschaft – deshalb müssen sie auch über politische Entscheidungen mitbestimmen dürfen. Das fordert die Linksfraktion im Landtag seit vielen Jahren. Eine Absenkung des Wahlalters stärkt unsere Demokratie, fördert politische Bildung und erhöht die Wahlbeteiligung junger Menschen. Wir hoffen, dass die Landesregierung die Impulse des Kinderrechte-Index ernst nimmt und ihre Blockadehaltung bei der Senkung des Wahlalters überdenkt.“
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