Das sind mehr als nur "peanuts", was der Freistaat Sachsen da laut der jüngsten Steuerschätzung vom November für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 einnehmen wird. Eine Milliarde Euro, das ist mehr als genug Geld, um all die Haushaltslöcher zu stopfen, die der Freistaat durch seine Kürzungspolitik insbesondere bei den Kommunen erst aufgerissen hat. Doch den Landtag über die Verwendung der Gelder abstimmen lassen will der Finanzminister nicht.

Das ruft die SPD-Fraktion auf den Plan, die auf die Unverhältnismäßigkeit dieser Hamsterpolitik, die die Fonds und Schattenhaushalte der Sächsischen Staatsregierung immer weiter aufbläht, erst in dieser Woche hingewiesen hat. Normalerweise legt jede Regierung bei solchen Mehreinnahmen dem Landtag ein Vorschlagspaket vor und lässt die gewählten Volksvertreter darüber abstimmen, was mit dem Geld zu geschehen hat. Doch nicht so der Sächsische Finanzminister.

Am Dienstag, 3. Dezember, hatte Staatsminister Prof. Dr. Georg Unland die regionalisierten Ergebnisse der November-Steuerschätzung für Sachsen im Regierungskabinett vorgestellt und auch gleich erklärt, was er mit den Millionen zu tun gedenkt.

“Wie die öffentlichen Haushalte insgesamt kann sich auch der Freistaat über deutlich höhere Steuereinnahmen für das laufende Jahr freuen. Auf der Landesebene sollten die Steuereinnahmen 2013 bei zirka 11.700 Millionen Euro liegen. Das sind rund 340 Millionen Euro mehr, als wir im Mai erwartet hatten”, so der Finanzminister. Für das Jahr 2014 fällt das neue Schätzergebnis um mehr als 250 Millionen Euro besser als bisher aus.

“Die neuen Zahlen werden gleichfalls Grundlage für die im kommenden Jahr beginnenden Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2015/2016 sein”, so Unland weiter. Für beide Jahre haben sich die Einnahmeerwartungen aktuell um rund 130 Millionen bzw. 120 Millionen Euro verbessert. Aber in seiner Weisheit weiß er auch: “Spielräume für neue Ausgabenwünsche ergeben sich daraus aber nicht, zumal an diesem Ergebnis auch die Kommunen im neuen Finanzausgleichsgesetz zu beteiligen sind.”

Auch für die kommunale Ebene zeichnet sich weiterhin eine positive Einnahmeentwicklung ab. Im laufenden Jahr dürften die Steuereinnahmen rund 100 Millionen Euro über dem Vorjahresniveau liegen. Auch für die folgenden Jahre haben sich die Prognosen nochmals verbessert. Der Finanzminister dazu: “Ab 2015 profitieren unsere Kommunen zusätzlich von positiven Effekten im kommunalen Finanzausgleich. Die Einnahmebasis unserer Landkreise, Städte und Gemeinden wird sich dann noch einmal spürbar verbessern.”

Sagte Unland. Jeder kann ja selbst nachrechnen, was das heißt. Für Leipzig etwa 15 Millionen Euro mehr. Das wird nicht einmal reichen, um die schon jetzt aufklaffenden Löcher im Haushalt zu stopfen. Ohne eine echte Beteiligung des Freistaats an den Kostensteigerungen in den Kommunen werden etliche Kommunen nicht über die Runden kommen.

Aber was mit den Steuermehreinnahmen des Freistaats 2013 und 2014 passieren soll, das weiß Unland schon genau. Das orientiere sich an den Leitlinien Investitionen und Zukunftsvorsorge.

2013 stünden, so Unland, die mit dem Hochwasserereignis aufgetretenen Finanzierungsverpflichtungen in Höhe von 232 Millionen Euro (Aufbauhilfefonds 2013) im Vordergrund. Für 2014 hat er schon mal ein Haushaltsdefizit von 188 Millionen Euro ausgemacht, das er damit ausgleichen will. “Denn nur durch einen Griff in die Rücklage konnte der Haushaltsplan seinerzeit ausgeglichen werden”, ergänzte der Finanzminister. Die Rücklage aber sind auch wieder nur Steuermehreinnahmen, die er zuvor eben – zurückgelegt hatte. Also bleibt die Rücklage bestehen.

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Da bleibt dann recht kärglich wenig Geld für die Kommunen über. 2014 soll nach Unlands Ansicht die kommunale Investitionskraft in Form einer Pauschale gestärkt werden – in Höhe von 20 Millionen Euro. Ein Witz. Für eine Stadt wie Leipzig wären das rechnerisch 3 Millionen Euro oder zwei Straßenbahnen, ein Fünftel Schulneubau, ein Viertel Naturkundemuseum oder oder.

Zum anderen sollen nach Meinung Unlands “durch kluges Investieren verschiedene Bereiche wie zum Beispiel Hochschulbau, Brachflächenrevitalisierung sowie Denkmalschutz gezielt gestärkt werden. In beiden Jahren wird zur Abdeckung der Ansprüche der Kommunen im Finanzausgleich auch die Bildung einer Rücklage nötig, um die Kommunen in künftigen Haushalten auszahlen zu können.”

Unübersehbar: Statt des Parlaments entscheidet in Sachsen der Finanzminister, wohin die Gelder fließen. So geht es nicht, findet Mario Pecher, Sprecher für Haushalt und Finanzen der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag am Freitag, 6. Dezember. “Die SPD-Fraktion in Sächsischen Landtag hat heute einen Antrag in den Geschäftsgang des Sächsischen Landtages eingebracht, der die Staatsregierung auffordert, kurzfristig einen Nachtragshaushalt für den laufenden Doppelhaushalt vorzulegen”, erklärt er. “Die aktuelle Novembersteuerschätzung hat für die Jahre 2013 und 2014 Steuermehreinnahmen im Vergleich zum Haushaltsplan von mehr als einer Milliarde Euro berechnet. Doch statt das Parlament mit Verwendung dieser Mehreinnahmen zu befassen, entscheidet die Staatsregierung in Stile einer Monarchie über deren Verwendung. Es muss dem Parlament vorbehalten sein, über Mehreinnahmen in dieser Höhe zu entscheiden. Nicht nur, dass die Staatsregierung von den Ergebnissen der Regionalisierung Abschläge vornimmt, die jeglicher sachlicher Grundlage entbehren.”

Und dann zählt er auf, wo überall die Löcher aufreißen, während der Finanzminister die Steuereinnahmen nach eigener Vorstellung verteilt: “Notwendige Investitionen bleiben mal wieder aus, so zum Beispiel die Verbesserung des Personalschlüssels in Kindertageseinrichtungen, die Finanzierung der Schülerbeförderung und Investitionen in Lehrer, die Schulen in Freie Trägerschaft, in den ÖPNV, für den Kampf gegen Rechtsextremismus und in Inklusion. Diese Liste ließe sich endlos fortführen. Stattdessen werden wieder die ‘Geldspeicher’ à la Dagobert Duck gefüllt. Und das, obwohl der Freistaat schon über Rücklagen von mehr als 7 Milliarden Euro verfügt. Sparen allein ist keine Politik. Politik soll gestalten und dazu gehört es, klug und nachhaltig zu investieren.”
Der SPD-Antrag “Zukunft gestalten – Nachtragshaushalt vorlegen” als PDF zum download.

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