Wer, wenn nicht eine junge Juristin sollte sich wohl am besten auskennen mit den tiefen Abgründen der kriminellen sächsischen Seele? - Seit zehn Jahren lebt Romy Fölck in Leipzig. Ihr Herz hängt freilich noch immer an Dresden, wo sie Jura studiert hat und ihr Referendariat am Dresdner Landgericht absolviert hat. Jetzt hat sie ihren dritten Dresden-Krimi vorgelegt.

In den Auswahlbänden von “Mords-Sachsen” war sie schon mehrmals vertreten. 2006 erschien ihr erster Dresden-Krimi “Blutspur”, 2007 “Täubchenjagd”. Alle beide im Dresdner Kahl Verlag, der das Krimi-Genre für die sächsische Landeshauptstadt mit einer eigenen Reihe pflegt. Auch Romy Fölcks dritter Dresden-Krimi “Duell im Schatten” erschien jetzt in dieser Reihe. Heldin ist die junge, frisch aus Berlin versetzte Kriminalkommissarin Conny Clausius, die eigentlich mit dem jungen Richter Raik Winter, der ihr bei einem ihrer gemeinsamen Fälle vor die Füße lief, einen wohl verdienten Urlaub in Italien erleben wollte.

Doch irgendwie scheint der drohende Personalmangel bei der sächsischen Polizei nun auch in den sächsischen Krimis anzukommen. Es ist Sommer, die K 11 ist völlig unterbesetzt. Connys Chef, Hauptkommissar Ludwig, muss Connys Versprechen einlösen, sie aus dem Urlaub zurückzurufen, wenn Not an der Frau ist.Und das ist es eines schönen Tages im Sommer, als ein Dampfer der Weißen Flotte unter dem Blauen Wunder hindurchtuckert und unvermutet ein Toter von der Brücke herabschleudert – in eine alte Priesterrobe gehüllt, zwar erdrosselt – aber augenscheinlich nicht an der Brücke. Und da solche Krimis aus dem Polizeimilieu dann am besten funktionieren, wenn der private Alltag der Beamten gleich mitbrodelt, stürzt sich auch Conny sofort in die Arbeit. Den männlichen Kollegen will sie beweisen, was sie kann. Ihrem Allerliebsten will sie es auch irgendwie beweisen. Doch wie, wenn für Gespräche kaum Zeit bleibt und der junge Richter mit seinem nun unverplanten Urlaub auf einmal zu viel Zeit hat und nun ausgerechnet im Ermittlungsfeld seiner Geliebten herumtanzt.

Ein Feld, auf dem sich erst nach und nach herausstellt, dass nichts so ist, wie es sich auf den ersten Blick darstellt. Der erhängte Wirt hat, wie es aussieht, eine recht geheimnisvolle Vergangenheit. Und die führt nicht nur ins von der Ustascha tyrannisierte Kroatien in der Zeit des 2. Weltkrieges, die führt Conny auch eines Tages nach Wien, denn aus einem Todesfall sind unverhofft zwei geworden, weil Raik so hilfsbereit ist, dass er beim Ausräumen des Restaurant-Kellers gleich über eine mehr als aussagekräftige Kiste stolpert.

Dass er dabei auch noch mit einer attraktiven Halbkroatin anbändelt, gibt der eh schon kriselnden Beziehung zusätzlichen Zunder. Und auch Conny schrammt nicht unbedingt leichten Herzens an einer Affäre vorbei. Es fällt natürlich auf: Derart genau analysieren nur weibliche Krimi-Autoren die Beziehungskisten ihrer Helden. Das Spielfeld eignet sich ja geradezu ideal dafür. Kriminalpolizisten müssen dann agieren, wenn die Fälle anfallen. Da gehen Feierabende und Wochenenden drauf. Und wahrscheinlich ist es tatsächlich eine der schwierigsten Berufsgruppen für einigermaßen funktionierende Partnerschaften. Die Wahl ist ja nicht leicht: Beziehungsarbeit oder Fall klären? – Gute Polizisten entscheiden sich logischerweise immer für den Kaffee im Büro, die müden Kollegen und das nächste Brainstorming, wenn der Fall in einer Sackgasse zu landen droht.Das passiert in diesem Fall nur kurz. Tatsächlich ist Raik mit seinem Helfersyndrom durchaus fleißig, die Sache auf seine Weise voranzubringen. Am Ende landen die Ermittler tief in einer alten Kette von Rache und Vergeltung, die mitten in den finstersten Tagen des 2. Weltkrieges begann und bis in die Dresdner Gegenwart fortwirkt. Man ahnt, dass aus dieser Materie eigentlich noch Hunderte Kriminalromane entstehen könnten. Denn Kriege legen nicht nur das Tierische im Menschen frei, sie legen auch die Wurzel für generationenübergreifende Missverständnisse, Aversionen, Rachegelüste. Die wirken wie Krankheiten fort und bringen gesellschaftliche Konstellationen immer wieder in Gefahr.

Am Ende wird es nicht nur flott, sondern dramatisch, weil die Polizisten den Tätern tatsächlich zu nah auf die Pelle gerückt sind. Nur Connys Schwester, die mitten in der eh schon stressigen Situation unverhofft mit ihrem eigenen Problembeutel bei der großen Schwester aufgekreuzt ist, geht am Ende ein bisschen verloren. Irgendwie hat man das Gefühl: Ein klärendes Gespräch steht da eigentlich noch aus. Kommt vielleicht noch. Dresden steht ja noch in alter Pracht und neuer Herrlichkeit. Ein altes Restaurant in der Neustadt hat wohl einen neuen Pächter – einen Inder vielleicht oder einen tapferen Griechen.

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Duell im Schatten
Romy Fölck, Kahl Verlag 2012, 10,90 Euro

Und Conny und Raik genießen die verdiente Auszeit in Florenz. Und der Leser weiß, nachdem er das alles flott weggelesen hat, dass auch die Dresdner mittlerweile eine blühende Krimi-Szene haben, dass man sich also gar nicht darum sorgen muss, dass auch in der Landeshauptstadt fleißig drauflos gemordet wird. Talentiert sichtlich auch. Die sächsische Krimi-Landschaft blüht.

www.romyfoelck.de

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