Neonazis sind gefährlich. Jedes Jahr werden hunderte Mitmenschen zum Ziel ihres aggressiven Raumkampfes. Der Getty-Fotograf Sean Gallup hat sich auf Spurensuche begeben. Mit seinen Fotos, die zurzeit im Militärhistorischen Museum in Dresden zu sehen sind, verschafft er Betroffenen eine Lobby.

Der US-Amerikaner lebt seit 2003 in Deutschland. Rechte Skinheads als populäres Phänomen einer Jugendkultur, so sagt er, kenne man in seiner Heimat nicht. Ab 2007 begann Gallup sich für Neonazi-Gewalt zu interessieren. Der Fotojournalist nahm Kontakt auf zu Menschen, die auf verschiedenste Weise mit Rechtsextremismus in Berührung kamen.

Er fotografierte Gewaltopfer ebenso wie etwa die Geithainer Bürgermeisterin Romy Bauer, die sich gegen das Neonazi-Problem ihrer Gemeine wehrt. Gallup traf Mitarbeiter des Wurzner Netzwerks für Demokratische Kultur, Ex-Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm und den Bundestagsabgeordneten Michael Leutert (Die Linke). Der Fotograf traf sich zudem mit Aussteigern und mit Mitgliedern der Kameradschaft “Sturm 34”.
Resultat seiner Arbeit ist neben der Ausstellung, die noch bis zum 2. April zu sehen ist, ein wuchtiger Bildband. Texte und Fotos Gallups werden eingerahmt von einem umfangreichen Essay-Teil, der ausgewählte Aspekte des Rechtsextremismus beleuchtet. Die Leipziger Forscher Oliver Decker, Johannes Kiess und Elmar Brähler wiesen in mehreren Studien menschenfeindliche Einstellungen in der vielzitierten “Mitte” der Bevölkerung nach. Der Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei (Bündnis 90/Die Grüne) setzt sich mit rechten Vorfällen bei der Bundeswehr auseinander.

Schauspielerin Mo Asumang findet einen persönlichen Zugriff auf das Thema. Nachdem sie von einer Neonazi-Band verbal attackiert wurde, begab sich die 39-Jährige mit einem Kamerateam auf Spurensuche. Claudia Luzar berichtet, wie Neonazis über Jahre die Stadt Dortmund terrorisierten – und ihren Kampf am Ende verloren. Johannes Radke skizziert den optischen Wandel der Szene – von Skinheads zu “Autonomen Nationalisten”. Fachjournalistin Andrea Röpke steuert einen Beitrag über Neonazis im Untergrund bei.

In der Summe bietet der Band einen kleinen Überblick über verschiedene Facetten des Rechtsextremismus in Deutschland. Gallup lässt in seinen Kommentaren ausgiebig die Abgebildeten zu Wort kommen. Der Band ist insgesamt aber nicht mehr als eine lesenswerte Begleitlektüre zu seiner Ausstellung. Ein allumfassendes Bild der deutschen (oder wenigstens der sächsischen) Neonazi-Szene zeichnen die Herausgeber Gorch Pieken und Matthias Rogg leider nicht.

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