Auch an sächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird in vielen Projekten Militärforschung betrieben. Das ergab eine Kleine Anfrage des hochschulpolitischen Sprechers der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, Dr. Karl-Heinz Gerstenberg. "Den meisten Studierenden und Wissenschaftlern wird kaum bekannt sein, dass an ihrer Hochschule aktiv für militärische Zwecke geforscht wird", sagt er.

“Dabei stünde den sächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine kritische Debatte über die zunehmende Militärforschung gut zu Gesicht. Dies ist umso wichtiger, da selbst gegenüber dem Landtag Projekte geheim gehalten werden”, mahnt der Grünen-Abgeordnete. Eine Debatte, die auch mit der so gern gerühmten Drittmittel-Einwerbung sächsischer Hochschulen zu tun hat. Zu Drittmittelgebern gehören eben auch Verteidigungsministerium und Bundeswehr.

Nach Angaben der Staatsregierung wurden seit 2009 insgesamt 17 Forschungsprojekte im Umfang von knapp 6,3 Millionen Euro durchgeführt. Damit nimmt der Umfang der militärischen Forschung in Sachsen sichtlich zu.

Eine Kleine Anfrage im Jahr 2011 hatte ein Gesamtmittelaufkommen im Bereich militärischer Forschung in Höhe von nur 1,5 Millionen Euro seit 2006 ergeben.

Inhaltlich ging es bei den verschiedenen Projekten unter anderem um die Entwicklung neuer Metalllegierungen für Waffenrohre und Panzerungen, Forschung zum Lärm- und Feldlagerschutz der Bundeswehr sowie Forschung zum Schutz vor biologischen Kampfstoffen. Unklar sei, so Gerstenberg, inwiefern vom Wissenschaftsministerium auch sogenannte Dual-Use-Projekte aufgeführt werden, also zivile Forschungsprojekte, deren Ergebnisse auch militärisch verwendet werden dürfen.

Andererseits sei der Antwort des Wissenschaftsministeriums vom 28. Oktober auch zu entnehmen, dass noch weitere militärische Forschungsprojekte durchgeführt werden, die zur Interessenwahrung Dritter jedoch nicht mit aufgeführt wurden.

Der Hauptschwerpunkt der militärischen Forschung in Sachsen scheint an der TU Dresden zu liegen. Dort wurde in den letzten fünf Jahren an neun Projekten im Umfang von 5,1 Millionen Euro geforscht. In der TU Bergakademie Freiberg sind drei Projekte im Umfang von 429.000 Euro nachweisbar und an der Universität Leipzig zwei Projekte, unterfüttert mit 171.000 Euro. Dazu gehört auch das Forschungsprojekt zum Lärm- und Feldlagerschutz der Bundeswehr. Hinzu kommt das Leibnizinstitut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden mit drei Projekten im Umfang von 598.000 Euro.Andererseits erzwingen gerade die Einsätze der Bundeswehr in Krisengebieten auch Forschungen, mit denen sich das Verteidigungsministerium in der Vergangenheit nicht beschäftigen musste – etwa wen es um die psychischen Belastungen der Soldaten nach ihren zum Teil hochbrisanten Einsätzen geht. Das mit Abstand größte Projekt im Umfang von rund 2,3 Millionen Euro wird an der TU Dresden im Bereich der Posttraumatischen Stressbelastung und psychischen Störungen bei Soldaten betrieben.

“Zu einer Wissenschaft mit Verantwortung gehört auch der kritische Umgang mit Rüstungsproduktion und Rüstungsexporten”, sagt Gerstenberg. “Die Hochschulen in Sachsen sollen nach meiner Überzeugung friedliche Zwecke verfolgen. Deshalb ist die Einführung von Zivilklauseln in ihre Grundordnungen sinnvoll. Dadurch würde Militärforschung zumindest transparent gemacht und möglichst ausgeschlossen.”

An einigen deutschen Universitäten wird seit Jahren eine intensive Diskussion um die Einführung von Zivilklauseln geführt. Intensive Debatten gab es unter anderem am Karlsruhe-Institut für Technologie oder der Universität Köln, wo jeweils zwei Drittel der Studierenden für die Einführung einer solchen Klausel stimmten. An der Universität Bremen existiert seit 1986 eine Zivilklausel, nach der jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung abzulehnen ist. Auch die TU Berlin, die TU Dortmund sowie die Universitäten Konstanz und Oldenburg weisen eine Zivilklausel auf. Zuletzt verpflichtete sich die Universität Tübingen zur ‘Friedlichkeit’ ihrer Forschungsaktivitäten.

Kleine Anfrage ‘Militärische und sicherheitstechnische Forschung in Sachsen seit 2009’ (Drs 5/12635): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=12635&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1

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