Während SPD und CDU in den letzten Wochen zum politischen Schattenboxen beim Thema Schulinvestitionen in den Ring stiegen, hat sich die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zurückgehalten. Nun meldete sich Stadträtin Katharina Krefft zu Wort und rüffelte beide Parteien. Wir haben mit ihr über die Sinnlosigkeit von Schattenboxkämpfen, die eigene Arbeit und über eine Zukunft ohne politische Schaukämpfe gesprochen.

Frau Krefft, in einer Stellungnahme kritisierten Sie das Schattenboxen von CDU und SPD beim Thema Schule. In einer Erklärung rechnen Sie auf, wer was falsch gemacht hat. Sind Sie Schiedsrichter, lachender Dritter oder einfach nur genervt?

Die Beiträge von Herrn Rost und Herrn Schubert nerven wirklich. Es fällt schon auf, wer sich da äußert, und wer nicht. Mir ist wichtig, hervorzuheben, dass die Verantwortung auf beiden Seiten, also CDU und SPD, Land und Stadt, besteht.

Genau dieses Schauspiel, dass die eine Partei die andere kritisiert und die dritte sich hinstellt: “Wir haben es schon damals gewusst” stärkt nicht gerade das Interesse an Politik. Will man das in der Branche nicht wahrhaben oder weiß man das einfach nicht?

Ich war am Montag bei einer Veranstaltung zum Lehrermangel und da war die Beteiligung erfreulich, also das Interesse ist da, dazu ist der Leidensdruck bei Eltern, Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern auch einfach zu hoch. Entlarvend waren die ausweichenden Antworten der Vertreter der Regierungskoalition. Man kann das auch als Nichtwahrnehmen bezeichnen, den Eindruck konnte man jedenfalls gewinnen. Ich denke, es kommt noch viel Verteidigungshaltung hinzu: Die Ziele, die sich die Landesregierung stellt, sind einfach die falschen. Wir können uns auch dämlich sparen – jedenfalls wenn wir nicht endlich mehr Geld in die Bildung investieren.In Ihrer Erklärung heißt es, die Stadtratsfraktion Ihrer Partei hätte unermüdlich Anträge zur Investitionssteigerung in den Schulbau gestellt. Im elektronischen Ratsinformationssystem eRis habe ich einen einzigen gefunden. Welche meinen Sie konkret?

Auf der Homepage der Grünen Stadtratsfraktion, wo seit 2008 Haushaltsanträge digitalisiert sind, fand ich vier Stück. Daneben Anfragen zur Finanzierung des Ostwald-Gymnasiums, was die Sanierung auch ins Rollen brachte. Und unermüdlich forderten wir bei vielen Gelegenheiten mehr Sanierungsmaßnahmen, die ja erst mal geplant werden müssen, sowie die Unterstützung, wenn die Stadt Sanierungsvorlagen erarbeitete. In der Tat sieht es aber mager aus – das liegt einfach an den Sparhaushalten. Wo nichts zu finden ist, können wir auch keine Gegenfinanzierungsvorschläge machen. Und wo Mittel vom Land nicht kommen, kann auch nicht investiert werden. Standen nach meiner Kenntnis 2009 noch 32,8 Millionen zur Verfügung, wurde 2010 auf 23,3 Millionen gekürzt. In den Haushaltsentwurf 2011/12 wurden lediglich 3,2 Millionen in 2011 zur Abfinanzierung bereits begonnener Vorhaben und in 2012 keine Mittel eingestellt. Die Maßnahmen im Rahmen des Konjunkturprogramms – Radrennbahn, Kongresshalle – haben wir nur kritisieren und ablehnen können, Anträge zum Paket waren nicht möglich.

Halten Sie es für möglich, dass es beim Thema Schulen auch mal wieder um die Sache geht und alle Fraktionen gemeinsam zum Wohle der Bürger arbeiten oder ist das in der heutigen Politik nicht mehr möglich?

Es geht die ganze Zeit um die Sache! Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass es bei der Frage des Schulsystems keine Einigung geben kann: die Vorstellungen sind fundamental unterschiedlich – und zwar nicht nur zwischen den Parteien, sondern auch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, siehe beispielsweise in Hamburg. Diese Unterschiede müssen erkennbar ausgefochten werden. Das ist Politik! Und ich mache gerne Politik, weil ich überzeugt davon bin, dass das derzeitige Schulsystem ausgrenzt, selektiert, Chancen verbaut und ungerecht ist. Da muss man sich als Wählerin und Wähler schon entscheiden.

Und: Ich erlebe den Zusammenhalt im Schulausschuss des Stadtrates. Hier diskutieren wir fraktionsübergreifend in großer Einmütigkeit die erforderlichen Maßnahmen. Daher hören Sie hier auch nicht so viel. Über den Kapazitätenausbau sind wir weitgehend einig. Gemeinsam erreichten wir im Übrigen, dass die Schulnetzplanung in der Oberbürgermeisterdienstberatung noch vor Aufstellung des Haushaltes bestätigt wurde, und damit die Finanzierung des Kapazitätenausbaues.

Und wir erreichten gemeinsam vor zwei Jahren den Interimsbau der 5. Grundschule Mitte und den Beschluss zur Planung eines dauerhaften Standortes für diese Schule.

Kurz noch zur eigentlichen Sache: Was muss aus Ihrer Sicht nun geschehen und kann es nicht auch mal eine gemeinsame Linie aller Fraktionen zur Thematik geben?

Die Prioritätensetzung muss ganz klar gesetzt werden: Wir brauchen jetzt mehr Kapazitäten in Schulhausbau, andere Investitionen müssen vorübergehend zurückstehen. Und da muss man sich schon mal bekennen, das erwarte ich von den Fraktionen. Aber letztlich brauchen wir nicht alle Fraktionen, sondern eine Mehrheit.

Die Erklärung im Wortlaut: www.gruene-fraktion-leipzig.de

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