Am Mittwoch, 13. Februar, berichtete das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen über die Ausgaben für die sächsischen Hochschulen im Jahr 2011. Sie hatten sich leicht erhöht. Gegenüber 2010 wurde ein Anstieg um 3,9 Prozentpunkte festgestellt. Der Löwenanteil (85,2 %) der Gesamtausgaben floss in den laufenden Betrieb, vor allem in Personalkosten.

Dem standen fallende Investitionsausgaben gegenüber (-1,9 Prozentpunkte). Die Summe der eingeworbenen Drittmittel erhöhte sich 2011 um insgesamt 3,1 Prozentpunkte.

Für Gerhard Besier, wissenschafts- und hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Landtag, ein echtes Alarmzeichen. “Im Jahr 2011 hat die Höhe der zusätzlichen Mittel, die die Hochschulen zur Erfüllung ihrer Aufgaben aufwenden mussten, die Inflationsrate (Verbraucherpreisindex Sachsen) um beinahe das Doppelte übertroffen. Diese Mehraufwendungen wurden nicht von der öffentlichen Hand abgesichert, sondern waren von den Hochschulen selbst zu stemmen – schließlich hat ihnen die Staatsregierung mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 erhebliche Kürzungen oktroyiert.”

Im Klartext heißt das: Seit 2011 klaffen die Zuschüsse des Freistaats Sachsen und die Kosten der Hochschulen erstmals auseinander. Und es sind ja nicht nur die Inflationskosten, die die Etats belasten. 2011 gab es zum Beispiel auch eine Tariferhöhung im Öffentlichen Dienst von 1,5 % – gekoppelt mit einer Einmalzahlung von 360 Euro im Mai. Weite 1,9 Prozent wurden am Januar 2012 wirksam, die wird man also in künftigen Kostenaufstellungen für die Hochschulen wiederfinden.

Besier: “Die durch die Mehrbedarfe notwendigen Einnahmeerhöhungen wurden und werden indes immer stärker für die Sicherstellung des laufenden Betriebs benötigt, was sich negativ auf das Investitionsniveau auswirkt. Dass sich die Drittmitteleinwerbung gleichzeitig positiv entwickelte, ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Vor dem Hintergrund der desolaten Gesamtlage offenbart dieses Faktum aber zugleich eine offene Flanke schwarz-gelber Finanzpolitik in Sachsen, da die Hochschulen zunehmend gezwungen sind, ihre Grundfinanzierung auch aus Drittmitteln zu nehmen. Das führt zu Abhängigkeiten, nicht aber zu freiem Forschen und Lehren.”
Der der jüngst verabschiedete Etat 2013/14 bringt keine Entspannung, da er das Finanzierungsniveau weiterhin niedrig hält. “Inflationsbereinigt bedeutet er sogar eine weitere Mittelkürzung. Nicht zuletzt angesichts – zum Glück! – weiter steigender Studierendenzahlen führt kein Weg daran vorbei, die staatliche Grundfinanzierung der Hochschulen endlich auf ein angemessenes Niveau zu erhöhen”, fordert Besier. “Das Ausgleichen der inflationsbedingten Mehrbedarfe wäre dabei das Mindeste! Ich wiederhole die Forderung meiner Fraktion nach einer zehnprozentigen Erhöhung der Zuschüsse. Das wäre allerdings nur ein erster Schritt, um die sächsischen Hochschulen wenigstens auf das Niveau des Bundesdurchschnitts zu bringen.”

Sein Wort ins Ohr der Wissenschaftsministerin. 2011 stieg die Zahl der Studierenden in Sachsen übrigens von 109.761 auf 111.635. Während die Zahl der besetzten Professuren 2011 mit 2.217 leicht höher lag als 2010 (2.185), zeigt sich die seit Jahren forcierte Ausdünnung beim Lehrpersonal besonders bei Dozenten und Assistenten, deren Zahl auf 157 sank. 2002 hatte sie noch bei 580 gelegen.

Zwar hat sich die Betreuungsrelation statistisch betrachtet wieder leicht entspannt. Aber in der 2012 veröffentlichten Indikatorenübersicht hat das Statistische Landesamt auch mal aufgeblättert, was eigentlich hinter einer Zahl von 13.931 Personen beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal der sächsischen Hochschulen steckt.

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Von den 11.359 hauptberuflich Lehrenden waren nur noch 2.039 dauerhaft vollzeitbeschäftigt. Diese Zahl hat sich seit 2000 radikal reduziert – damals waren noch 2.925 Lehrkräfte in einem Vollzeitverhältnis. Zugenommen hat hingegen die “Vollzeitbeschäftigung auf Zeit” von 3.336 im Jahr 2000 auf 4.749 im Jahr 2010, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten von 1.603 auf 4.597. Alles Zahlen, die davon erzählen, wie auch Lehre und Forschung in Sachsen immer mehr “flexibilisiert” und in weiten Teilen prekarisiert werden. Immer mehr junge Nachwuchswissenschaftler landen in Warteschleifen. Immer mehr Stellen in Forschung und Lehre werden mittlerweile über Drittmittel finanziert.

Woher die Hochschulen das “zusätzliche” Geld holen, hat das Statistische Landesamt am Mittwoch auch aufgezeigt: “Die Hochschulen erzielten Einnahmen in Höhe von 1 206,3 Millionen Euro (ohne Einnahmen vom Träger), über 52,9 Millionen mehr als im Vorjahr. Von den Gesamteinnahmen entfielen 58,8 Prozent auf Verwaltungseinnahmen. Drittmittel wurden in Höhe von 436,8 Millionen Euro eingeworben. Das waren 13,1 Millionen Euro bzw. 3,1 Prozent mehr als 2010. Wichtigste Drittmittelgeber der Hochschulen waren dabei der Bund (150,1 Millionen Euro), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (106,5 Millionen Euro), die gewerbliche Wirtschaft (76,9 Millionen Euro) sowie die Europäische Union (69,5 Millionen Euro).”

Die Gesamtausgaben stiegen von 2.144.926 auf 2.227.576 Euro. Die Investitionen von über 300 Millionen Euro mit inbegriffen. Aber die Größenordnung lässt ahnen, wie wenig sich tatsächlich mit Drittmitteln abfedern lässt.

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