Sachsens Hochschulen sind voll. Das werden sie mindestens bis 2020 bleiben. Wohl eher noch darüber hinaus. Denn immer mehr junge Menschen in Deutschland erwerben die Hochschulreife. Sachsen bildet da keine Ausnahme. Das bestätigt auch eine neue Meldung des Landesamtes für Statistik. Die Zeit der immer schmaler werdenden Altersjahrgänge ist vorbei. Das verschärft das Ganze. Ab jetzt.

Denn 2012 ist der geburtenschwächste Jahrgang auch in den Hochschulen angekommen, nachdem er 2010 schon den sächsischen Ausbildungsmarkt erreichte. Mit 11.783 Studienberechtigten gab es noch einmal einen kleinen Rückgang gegenüber 2011, als es in Sachsen 12.056 Studienberechtigte gab. Nicht alle beginnen auch ein Studium. Aber wenn die Stärke der Jahrgänge wieder zunimmt und gleichzeitig die Quote der Studienberechtigten steigt, bedeutet das zwangsläufig einen steigenden Druck auf die verfügbaren Hochschulkapazitäten. Das von Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer seit 2011 massiv praktizierte Sparverhalten ist geradezu kontraproduktiv.

“Der Anteil der Studienanfänger an deutschen Hochschulen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Sachsen erworben haben, an der altersspezifischen Bevölkerung ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen”, stellt auch das Landesamt für Statistik fest. “2011 wurde mit 36,2 Prozent ein neuer Höchststand erreicht.”

Wie das Statistische Landesamt in dem soeben erschienenen Statistischen Bericht mit hochschulstatistischen Kennzahlen weiter mitteilt, erhielten 2012 in Sachsen 11.783 Schulabsolventen die allgemeine Hochschul- oder Fachhochschulreife. “Das waren 273 Studienberechtigte bzw. 2 Prozent weniger als im Vorjahr”, so das Landesamt. “Aufgrund des Rückgangs der altersspezifischen Bevölkerung ist die Studienberechtigtenquote auf 44 Prozent gestiegen.”

Der Anteil der Jugendlichen, die die Hochschulreife erlangen, steigt in Sachsen schon länger. Nur der Einbruch im Jahr 2010 fällt auf. Da sackte der Anteil der Abiturienten binnen eines Jahres von 18.523 auf 13.257 ab. Das war der Bruch, der den Absturz der Geburtenrate Anfang der 1990er Jahre nachzeichnete. In diesem Jahr sackte auch die Abiturientenquote auf 38 Prozent. Das ist nicht viel. Denn: “Nach wie vor entscheiden sich nicht alle Studienberechtigten für ein
Hochschulstudium. Aus dem Absolventenjahrgang 2008 begannen 71 Prozent der Studienberechtigten mit allgemeiner Hochschulreife aus Sachsen bis 2011 ein Studium an einer Hochschule in Deutschland und nur 49 Prozent von denen mit Fachhochschulreife”, teilen die Kamenzer Statistiker mit.Und auch die Weichenstellungen, die in Deutschland Karrieren beeinflussen, werden sichtbar. Das Landesamt für Statistik: “Frauen zeigen eine niedrigere Studierbereitschaft als Männer. Nur zwei Drittel der Frauen mit allgemeiner Hochschulreife aus dem Jahrgang 2008 entschieden sich bis 2011 für ein Studium. Bei den Männern waren es drei Viertel. Noch seltener beginnen die studienberechtigten Frauen mit Fachhochschulreife ein Studium. Von ihnen hatte im genannten Zeitraum nicht einmal die Hälfte (40 Prozent) ein Studium aufgenommen. Bei den Männern waren es 59 Prozent.”

Doch auch das trägt ein “Aber!” in sich. Denn nicht nur die Studienberechtigtenquote steigt seit Jahren, auch der Anteil derer, die dann auch wirklich studieren, nimmt zu: Im Jahr 2000 betrug er am entsprechenden Geburtsjahrgang noch 25,3 Prozent, im Jahr 2009 waren es schon 32,5 Prozent und 2011 dann schon 36,2 Prozent. Wobei auch auffällt, dass erstmals die männlichen Studienanfänger dominieren mit 37,6 Prozent. Zuvor war es eigentlich die Regel, dass prozentual mehr Mädchen auch ein Studium begannen als Jungen.

Was ja noch nicht geklärt ist. Denn auch in den Vorjahren war es so, dass sich viele Studienberechtigte erst im Folgejahr, einige sogar erst zwei, drei Jahre später für ein Studium einschrieben. Und wenn man das weiß, dann schiebt sich natürlich eine wichtige Entscheidung ins Blickfeld: Am 1. Juli 2011 wurde in Deutschland die Aussetzung der Wehrpflicht beschlossen. Viele Jungen, die jetzt nicht mehr zum Bund gezogen wurden, konnten ihr Studium also gleich an die Schule anhängen. Interessant wird jetzt sein, ob unter jenen, die ihr Studium um ein, zwei Jahre verzögert antreten, künftig die jungen Frauen stärker vertreten sind und ihre Quote ebenfalls auf über 37 Prozent steigt.

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