Natürlich wird die sächsische Landtagswahl am 31. August auch eine Richtungsentscheidung. Wird es ein "Weiter so" ohne sichtbare Zukunftsstrategie und mit einem durch kein Konzept untermauerten Personalabbau? Oder wird es eine Rückkehr zu einer Sachpolitik, die sich an den realen Entwicklungen im Freistaat orientiert? - So wie es derzeit ist, kann es nicht bleiben, stellen gerade die betroffenen Dozenten der Uni Leipzig fest. Und haben jetzt auch noch einen Wahlaufruf gestartet.

Offene Briefe an die Verantwortlichen in Dresden haben sie zu Dutzenden geschrieben. Antworten: keine. Die Dresdner Ministerriege schweigt und lächelt. Was soll sie auch anderes tun, wenn der Finanzminister bestimmt, wo die Reise hingeht und wo das Geld bleibt? Er muss sich nicht mit wütenden Polizisten, Lehrern, Schülern, Studierenden und Dozenten herumschlagen. Er hat das harte Gewissen der Zeit auf seiner Seite, das in sozialen und staatlichen Belangen eiserne Sparsamkeit für gut befindet – bei Subventionen aber die große Kelle rausholt.

Mittlerweile geben auch die klügeren Abgeordneten aus der regierenden CDU-Fraktion zu, dass da etwas falsch läuft, dass man eine Streichorgie angefangen hat auf Zahlen, die so schon 2005 nicht belastbar waren. Doch mittlerweile melden Sachsens Hochschulen jedes Jahr einen neuen Rekordbewerberansturm, auch die Uni Leipzig.

Und trotzdem soll gerade die Leipziger Universität den größten Teil der von der parteilosen Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer angewiesenen Streichung von 1.042 Vollzeitstellen schultern. Angewiesen 2011. Seitdem kommt ein Institut nach dem anderen auf die Streichliste, weil anders das Personal nicht “abgebaut” werden kann. Und die parteilose Ministerin lobt sich auch noch für das “Hochschulfreiheitsgesetz”, mit dem sie die Hochschulen an die Kandare genommen hat: Wer den Streichbefehlen nicht folgt, muss mit finanziellen Einbußen rechnen.

Das ist verantwortungslos. Denn damit stiehlt sich das Ministerium völlig aus seiner eigenen Verantwortung, zu bestimmen, wie Sachsens Hochschullandschaft aussehen soll. Dazu bräuchte es eine Vision und ein mit Zahlen unterlegtes Konzept, das man aus dem sächsischen Wissenschaftsministerium nicht gesehen hat. Die Hochschulen haben nur knallharte Zahlen bekommen – wie die Filialunternehmen eines Konzerns, dessen Manager nur wissen, dass man beim Personal am besten sparen kann.Entsprechend sauer reagieren jetzt immer mehr Dozenten und Professoren an der Universität Leipzig. Denn die angewiesenen Kürzungen bedrohen eine Fächervielfalt, die in Sachsen einzigartig ist. Von dieser Fächervielfalt profitieren viele Studienangebote an der Uni Leipzig. Und damit die Attraktivität der Universität, die wie keine andere Hochschule die Anziehungskraft Leipzigs befördert.

39 Professorinnen und Professoren sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Leipzig haben jetzt einen Wahlaufruf geschrieben, der an die Wähler appelliert, beim Wählen auch an die Zukunft des Landes zu denken.

“Diese Wahl gibt uns allen die Möglichkeit, die Hochschul- und Wissenschaftspolitik der nächsten fünf Jahre zukunftstauglich mitzubestimmen”, heißt es in diesem Aufruf. Das Land brauche eine Bildungs- und Forschungspolitik, die wieder von einer Hochschulentwicklungsplanung getragen wird, die diesen Namen verdient, indem sie Planungssicherheit gibt, Fächervielfalt sichert und gestiegene Studierendenzahlen berücksichtigt.

Der Aufruf fordert die Rücknahme der Stellenkürzungen im Hochschulbereich und eine Hebung der Grundfinanzierung für Lehre und Forschung, den Einsatz der frei werdenden Mittel aus der BAföG-Novelle für die Hochschulen – und nicht zum Stopfen anderer Haushaltslöcher. Allein diese Mittel würden ausreichen, die zur Streichung angesetzten 1.042 Stellen zu finanzieren.

Der Aufruf fordert auch “eine auskömmliche Finanzierung für die sächsischen Studentenwerke, um so den Studierenden im Rahmen ihres Studiums bessere Studienbedingungen zu bieten (soziale, wirtschaftliche, kulturelle und gesundheitliche Betreuung sowie die besondere Unterstützung von ausländischen Studierenden und von Studierenden mit Behinderung)”.

Die Autoren des Aufrufs benennen keine Parteien, die jetzt zu wählen wären, wenn man wirklich wieder eine zukunftsfähige Hochschulfinanzierung in Sachsen will. Die CDU zumindest hat noch nicht angedeutet, dass sie ihre Politik zu ändern gedenkt, während einige Parteien der Opposition sehr deutlich gemacht haben, dass aus ihrer Sicht eine funktionierende Hochschullandschaft auch Bedingung dafür ist, dass Sachsen ein innovatives und wirtschaftlich starkes Land bleibt. Bildung und Forschung sind die eigentlichen Motoren des Fortschritts.

Der Schlusssatz im Aufruf ist trotzdem ein Appell an die Wähler: “Bitte nutzen Sie Ihr Wahlrecht und stimmen Sie am 31. August 2014 für eine zukunftsfähige Hochschul- und Wissenschaftspolitik in Sachsen in den nächsten fünf Jahren.”

Der Aufruf der Leipziger Uni-Dozenten als PDF zum Download.

Mittlerweile haben schon deutlich mehr als die 39 Erstunterzeichner den Aufruf unterschrieben.

Die Möglichkeit dazu findet man unter: www.openpetition.de/petition/online/wahlaufruf-fuer-zukunftstaugliche-hochschul-und-wissenschaftspolitik-in-sachsen

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