Schwarze Arbeitssklaven ziehen ein gekentertes Segelschiff an Land. "Look down, look down", schallt ihr Chor durch die Werft. Dass der Kahn ganz offensichtlich dem Computer entsprungen ist, ist nicht die einzige Schwäche von Tom Hoopers Kinoadaption des Musical-Klassikers "Les Misérables".

Dabei ist die Produktion hochkarätig besetzt. Hugh Jackman, Russel Crowe, Anne Hathaway, Amanda Seyfried, Helena Bonham Carter und Sasha Baron Cohen versprühen jede Menge Qualität. Zumindest, was das Schauspielerische betrifft. Gemeinsamer Nenner der Stars ist die fehlende musikalische Ausbildung. Gewiss haben sie alle auf der Schauspielschule irgendwann einmal etwas Singen müssen.

Doch ausgebildete Schauspieler sollte man nicht auf ein anspruchsvolles Musical loslassen, das über die komplette Aufführungsdauer hinweg durchkomponiert ist. In “Les Misérables” wird, anders als in “Chicago” oder “West Side Story”, keine Setlist abgespult und zwischendrin munter gequatscht. Beinahe jeder Dialog, jeder Satz, jede Libretto-Zeile wird musikalisch dargeboten. Ein Opernensemble hätte aus dem Stoff zumindest für die Ohren mehr herausgeholt als das zusammengekaufte Starensemble aus Hollywood.
Kinoveteran Tom Hooper, weltbekannt durch “The King’s Speach”, bietet dem Zuschauer dagegen eine famose Inszenierung, für die er sich minutenlange Standing-Ovations verdient hätte. Vor allem der erste Akt ist ein wahrer Augenschmaus. Bildgewaltig setzt der 41-Jährige die Bühnenvorlage in Szene.

Genüsslich zieht er alle Register, die ihm Ausstattung, Kamera, Schnitt und Spezialeffekte bieten. “Les Misérables” à la Hooper sprengt alle Grenzen, die dem Theaterregisseur gesetzt sind. Wenngleich sich die musikalischen Genüsse in Grenzen halten, ist die zweieinhalbstündige Darbietung absolute Weltklasse. Ein Jammer nur, dass er sich nicht auf die Suche nach Opernstars gemacht hat, die ein wenig schauspielern können. Der Brite wäre gewiss fündig geworden.

GB 2012, R: Tom Hooper, D: Hugh Jackman, Russell Crowe, Anne Hathaway, Amanda Seyfried, Helena Bonham Carter, Sacha Baron Cohen, 138 min, FSK 12.

Filmstart ist der 21. Februar, zu sehen im Cineplex, CineStar, Regina Palast und UCI Nova Eventis.

Die Seite zum Film:
www.lesmiserablesfilm.com

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