Seit einem Monat liegen die Pläne der Stadtverwaltung auf dem Tisch, in der ehemaligen Diskothek Schauhaus eine neue zweite Spielstätte für das Schauspiel Leipzig für rund 5,8 Millionen Euro zu schaffen. Ein Teil der Summe - 1 Million Euro - soll durch den Verkauf der Gottschedstraße 16 refinanziert werden, wo zuvor "Neue Szene" und "Skala" ihren Spielort hatten. Völlig aus dem Blick geriet dabei augenscheinlich, dass sich die Cinématéque Leipzig seit anderthalb Jahren um das Haus bemüht.

Übrigens nicht der erste Versuch der Cinématéque, endlich das Dasein als Dauergast in anderen Einrichtungen zu beenden und eine eigene, publikumsträchtige Spielstätte zu bekommen. Aber der Versuch, im Feinkost-Gelände ein solches Projekt umzusetzen, scheiterte genauso wie ein Versuch, sogar direkt in der Leipziger Innenstadt, im Kleinen Joachimsthal, Fuß zu fassen.

Und nun droht auch im Fall Gottschedstraße 16, das übliche Schnell-schnell-Denken eine Lösung für ein neues Stück Kultur zu verhindern, ein “Filmkunsthaus Leipzig”, wie es die Akteure nennen. In einer ausführlichen 30-Seiten-Broschüre haben sie detailliert ausgearbeitet, wie an dieser als Veranstaltungsort eingeführten Adresse ein “Filmkunsthaus” nicht nur funktionieren, sondern auch finanziert werden kann. Dabei gehen sie auch keineswegs davon aus, dass sie das Haus von der Stadt einfach so geschenkt bekommen, sehen eher den Weg über einen Erbbaupachtvertrag, der der Stadt über die Jahre auch regelmäßige Einnahmen zusichert.

Saniert und umgebaut werden müsste das Haus sowieso. Dafür müssten noch einmal über 2 Millionen Euro aufgebracht werden, eine Summe, die der Verein über das Einbinden von Stiftungen und Fördergeldern absichern möchte.

Entstehen sollen dabei drei kleine Kinosäle – zwei im Erdgeschoss, einer im 1. Obergeschoss. Die Gastronomie bliebe erhalten, denn sie wäre neben dem Spielbetrieb in drei Sälen eine wichtige finanzielle Säule des Projektes. In den anderen Obergeschossen sieht man durchaus Partnerschaften mit anderen Projekten wie der “euro scene”, dem Jazzclub Leipzig oder dem Filmverband Sachsen. Auch der Erhalt der jetzt im Haus befindlichen Arztpraxis ist angedacht. Und man möchte gern eine Art Künstlerpension schaffen, etwas, was in Leipzig immer wichtiger wird, seid die Touristenzahlen steigen und wichtige Hotels und Pensionen oft schon auf Monate hinaus ausgebucht sind. Wohin dann aber mit den Künstlern, wenn es nicht gerade Mega-Stars sind, die von ihren Agenturen auch gern im “Fürstenhof” einquartiert werden? Auch das Modell “artists in residence” kann dann umgesetzt werden.

Denn wann lädt Leipzig schon einmal Maler, Musiker oder Schriftsteller zum längeren Aufenthalt in Leipzig ein? Tourismus ist nicht alles und kann nicht alles sein.

Hier wäre eine Chance. Und es wäre ein Projekt, das in eine derzeit wie gelähmt wirkende Leipziger Stadtpolitik wieder den Impuls von etwas Neuem bringen würde. Für Filmliebhaber erst recht. Unterstützung aus der Politik gab es auch schon – insbesondere durch den Antrag von Grünen und Linken, den Standort zu erhalten. Aber auch der Stadtbezirksbeirat Mitte hat sich schon deutlich für den Erhalt der Spielstätte ausgesprochen.

Etwas ausführlicher beschrieben wird das Projekt hier:

http://cinematheque-leipzig.de/index.php?seite=Filmkunsthaus

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