Das hier was faul ist im Staate Dänemark wissen - oder spüren - mittlerweile doch so Einige. Leider spüren auch immer mehr Menschen schmerzhaft, dass Obrigkeitsdenken die ganze Chose nicht wirklich freirührt. Und so werden Einzelgeschichten zu Symptomen, wie diese hier von Giulia Pratolina, die von Pontius zu Pilatus geschickt wurde und trotzdem nicht aufgab. Das Gesundheitssystem scheint eben krank zu machen. Und weil's für Volly Tanner fast unverständlich war, fragte er sie selber.

Hallo Giulia. Der Anlass unseres Interviews ist ein nicht ganz so schöner. Du bringst Menschen zum Feiern und Tanzen. Dies ist erst einmal gut – aber der Grund des Benefiz am 08.09. stimmt einen bedenklich – Du leidest an einer Krankheit und irgendwie gibt’s Probleme mit der Finanzierung der Diagnose – erzähl? mal bitte mit Deinen Worten, um was es geht.

Letztes Jahr begann alles mit einer vermeintlichen Magen-Darm-Grippe, die sich “leider” nicht als solche bestätigte. Es war ein langer Weg einen kompetenten Arzt zu finden, der einem nicht nur rät Hustensaft, Nasentropfen oder Protonenpumpenhemmer einzunehmen. Einer bot sogar bei einer schweren Angina drei Bonbons an. Da begann ich die Welt nicht mehr zu verstehen.

13 Ärzte versuchten mir einzureden, dass meine Symptome psychosomatisch seien. Ich stand alleine da mit Kreislaufproblemen, der Schwierigkeit Essen zu können, Unterzuckerungen, Schwächeanfällen und konnte nicht mal mehr alleine ins Bad gehen, ohne dass mich jemand stützte. An Arbeiten war nicht im Ansatz zu denken. Also nahm ich meine Diagnose selbst in die Hand und recherchierte im Internet bis ich fündig wurde “Die Schilddrüse wäre eine Option.” Allerdings bekam ich zunächst keine Untersuchung, weil die Ärzte von sich überzeugt waren und mir von Beginn an auch nicht richtig zuhörten. Nach langem Reden und Diskutieren habe ich diese Untersuchung letztendlich im Januar bekommen, aber der Arzt war noch immer der Meinung, dass alles i.O. sei.

Leider hatte ich zuvor keinen Einblick in die Befunde. Ich bekam eine Psychosomatische-Therapie, wobei die Therapeutin selbst nicht wirklich wusste, was sie mit mir therapieren sollte. Nach mehreren Endokrinologen und gesammelten Werten, beschloss ich mich ins Krankenhaus einweisen zu lassen – in der Hoffnung, der Professor einer der div. Einrichtung für innere Medizin und Endokrinologie wäre kompetent genug. Er wiederum belächelte mich nur und bat meine Freundin mich in die Psychosomatik einzuweisen. Stinksauer habe ich mich selbst entlassen und organisierte mir einen weiteren Überweisungsschein zur Endokrinologie.

Aus lauter Verzweiflung schrieb ich verschiedene Oberärzte und Endokrinologen anderer Städte an, im Anhang sendete ich meinen Krankheitsverlauf und alle Befunde. Ein Münchner Arzt sah Handlungsbedarf und auch die Notwendigkeit der Therapie meiner Schilddrüsenunterfunktion und schickte mir ein Rezept. Endlich konnte ich mit der Therapie beginnen! Mir ging es dadurch ein wenig besser. Ich konnte wieder Spazieren gehen! Mal wieder Kickern! Alleine das Haus verlassen!

Schlussendlich erfuhr ich, dass auf meiner ersten Diagnose der Schilddrüsenuntersuchung bereits stand, dass ich mit den Tabletten beginnen muss, als ich in dieser Endokrinologie noch einmal nachfragen wollte, ob ich wirklich diese Tabletten vom Münchner Arzt nehmen sollte. Der Arzt war außer sich und verstand nicht, warum mir die Tabletten ein halbes Jahr verweigert wurden und setzte ein Schreiben auf.

Der angeschriebene Arzt ist bis heute noch der Meinung, dass ich diese Tabletten nicht brauche. Ironisch dankend habe ich die Arzt-Patienten-Beziehung wie so oft beendet. Andere Ärzte anderer Städte empfahlen mir die MVZ-Stoffwechselmedizin, Leipzig. Dort lernte ich vor wenigen Wochen eine kompetente Ärztin aus Halle kennen, die Herausforderungen annimmt, mir helfen möchte, mich gründlich untersucht und mit mir im Blutbild wie in einem Krimi den Übeltäter sucht.

Erwähnen möchte ich noch, dass ich durch meine offenherzige, kommunikative Art eine Frau aus Frankfurt am Main kennenlernte, die ein ähnliches Leiden mehrere Jahre durchlebte und mir mit Rat und Tat auch noch heute zur Seite steht.

Wenn ich unser Gesundheitssystem aber richtig verstehe, ist doch die Finanzierung optimal geregelt, es gibt natürlich immer Sonderfälle, aber auch dafür Ausnahmelösungen, wer oder was läuft denn da falsch? Da dürften doch keine Gelder auflaufen – oder verstehe ich das System falsch?

Ja, Volly, das ist etwas schwierig. Ich habe noch keine weitere Diagnose und bei der momentanen Diagnose gibt es keinerlei Förderungen. Die Schilddrüse ist nicht für alle Symptome verantwortlich, so dass wir der Sache weiter auf den Grund gehen müssen. Durch diese ständigen Unterzuckerungen bin ich gezwungen, immer öfter Mahlzeiten zu mir zu nehmen. Aktuell sind es 8-10 Mittagsportionen pro Tag. Auch das geht ins Geld und ebenso auf die Hüften.

Jetzt fragt man sich sicher: “Wie kann man nur so viel essen?”. Das frage ich mich jedenfalls. Die Erklärung dafür ist wohl der durcheinander geratene Stoffwechsel. Ohne entsprechende Diagnose gibt es auch keine Förderungen. Hinzu kommen allerhand diverse Laboruntersuchungen, die die Krankenkasse nicht übernimmt und die ich somit selbst zahlen muss. Das sind die Hürden des Systems.

Zum Beispiel die Feststellung eines VitaminB-Mangels (die Bestimmung jeden einzelnen Vitamin Bs sollte mich 20,- Euro kosten), diverse Nährstoffmängel… Sicher kommt es dann noch auf den Arzt selber an. Mir wurden viele Untersuchungen verweigert, die ich dann über ein Münchner Labor auf eigene Kosten auswerten lies.
Dank der Betreuung zweier Ärzte via Mail und Telefon weiß ich, welche Untersuchungen ich einfordern muss, wenn der Arzt mich mal wieder mit großen Augen anschaut und “nicht weiter weiß”. Auch das ist – nett ausgedrückt – eine “Systemhürde”.

Im Beyerhaus beim Benefiz tritt die Creme de la Creme der DJ-Welt Leipzigs auf die Regler. Du selber bist ja die Chefin der Beat Gourmets. Was ist das denn? Schläge essen und sich dafür feiern?

Ja, richtig, die Creme de la Creme der DJ-Welt Leipzigs, aber auch ein Sahnetörtchen aus Thüringen ist am 08.09.2012 im Beyerhaus mit dabei. Als Chefin würde ich mich selbst nicht bezeichnen wollen, lediglich als “Veranstalterin mit großer Liebe zur Musik”.

Gegründet habe ich Beat Gourmets im Juni 2010 aus dem Wunsch heraus die Leipziger Musik-Szene mitzugestalten. Ich wollte, dass wir ein “Teil der nächsten Generation” werden und kann mit Stolz sagen, dass wir dies auch geworden sind. Wenn ich von uns spreche, dann meine ich DJ Dubbalot, DJ Sneakless, DJ Dublet und mich. Da ich auch gern junge Talente unterstütze, habe ich mich vor knapp einem Jahr umso mehr gefreut, dass wir uns gefunden haben. Beat Gourmets – sind “Beat-Feinschmecker” bezogen auf den Hörgenuss der verschiedenen Genres, die wir vertreten. Darunter zählt Drum’n’Bass, Dubstep, Jungle, Reggae, Ragga, JumpUp (mein absoluter Favorit), Breakbeats allgemein, aber auch ein wenig Hip Hop.

Wie muss man sich denn das Benefiz vorstellen? Gibt’s irgendwelche Showacts – oder doch nur mugge/gedrumme und Rumgehotte? Ich fand ja die Bimbo-Town-Sachen immer ganz gut, so die Unterschiedlichkeiten …

“Rumgehotte”, das sind ja wieder Ausdrücke! Die würde ich so nicht unterschreiben. Jeder Act, sei es ein DJ oder MC, ist bei uns jemand besonderes. Für musikalische Lebendigkeit mit energetischem Drum’n’Bass und Dubstep sorgen folgende DJs: Bootleg, Kalaz, Full Contact, Malcolm und Dublet und MC Rob.K wird dazu sein Bestes am Mikrofon geben. Die “Szene-Familie” kommt an diesem Abend wieder zusammen. Es wird getanzt, gute Musik gehört, getrunken und das Wochenende in Leipzig gefeiert.

Bei Deiner Beat-Gourmeterei verschiebst Du ja DJs in Tanzetablissements. Wirst Du da an den Gagen beteiligt? Wie funktioniert so etwas? Du bist ja sozusagen die Managerin der ganzen Truppe – und Deine Leistungen sind ja auch Geld wert.

Ich versuche, die Jungs in verschiedene Clubs zu buchen und beteilige mich selbst nicht an ihren Gagen. Für einen Außenstehenden mag es vielleicht merkwürdig klingen, aber DJing ist kein leichtes Brot. Ok, manche selbsternannten DJs mögen vielleicht ihre drei Knöpfe drücken, aber ich selbst begrüße es immer wieder gern, wenn jemand noch mit Vinyl auflegt. Man muss jede Platte kennen, wissen, wo welche Stelle ist, sie müssen zusammen passen, die Geschwindigkeit muss stimmen, man muss auf die Gäste eingehen können. Davor gibt es eine lange Zeit mit “üben üben üben”. Dahinter steckt mehr Arbeit, als man sich im ersten Moment vorstellt. Zudem ist das schwarze Gold auch nicht die günstigste Wahl. Aber wahrscheinlich die ehrlichste.

Ich persönlich finde es äußerst stark und bewundernswert, dass Du Deine Krankheit in die Öffentlichkeit bringst. Viele Menschen fühlen sich ja sofort minderwertig bei jedem Gebrechen, vor allem in der Partywelt, in der Aussehen und “Gut-Drauf-Sein” so wichtig sind. Was wünschst Du Dir ganz speziell vom 08. September und für die Zeit danach?

Ich gehe mit der Schilddrüsenerkrankung in die Öffentlichkeit, um darauf hinzuweisen, dass man sich von einem Arzt nicht gleich abschieben lassen sollte. Ein kleines oder großes Blutbild ist eben keine vollständige Untersuchung. Für den 08. September wünsche ich mir, dass die Gäste Spaß haben und es keine Komplikationen gibt. Und für danach natürlich, dass ich endlich eine sichere Diagnose bekomme und mein Leben wieder an Lebensqualität gewinnt!

Danke, Giulia, für Deine Offenheit.

Zum Schluss möchte ich mich noch bei allen bedanken, die mir zur Seite stehen. Ein besonderer Dank geht an eine Freundin, die kaum einen Schritt von meiner Seite wich. Danke, Volly, für das Interview.

Benefiz für Giulia – 08.09.12, Beyerhaus Leipzig

web: www.beatgourmets.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar