Man muss seine Kunst nicht mögen, um sie zu kennen. So gut wie jede/-r mit halbwegs funktionierenden Augen wird seine Tags schon einmal gesehen haben. Groß genug sind viele davon auch für Brillenträger mit dicken Gläsern. Auf Hausdächern, an Brücken, auf Zügen … von waghalsig bis schnell mal im Vorbeigehen hingeschrieben ist alles dabei. Einige erkennt man nicht sofort, denn frei nach dem Motto „Wer bin ich und wenn ja, wie viele“ ist SNOW diese „Viele“. Jedes Graffiti hat seinen eigenen Stil.

Legal ist seine Art der Kunst in den meisten Fällen nicht, weshalb dieses Interview mit dem Leipziger Graffitikünstler SNOW natürlich auch nicht in einem Café in der Öffentlichkeit geführt wird, sondern digital. Also mit DEM SNOW. Oder vielleicht auch dem anderen? Oder der anderen? Wer weiß das schon so genau.

Das Geheimnisvolle ist ein Teil dieser Kunst. Jede/-r von uns könnte ihn kennen. Oder sie. Oder die anderen. Vielleicht ist es ja der schüchterne Nachbar oder die freche Kellnerin aus der Lieblingskneipe? Vielleicht die Kassiererin von vorhin? Das nicht zu wissen, auch darin liegt wohl ein besonderer Reiz für viele. Aber kommen wir zu den Fragen.

Eure Graffitis kennen wahrscheinlich die meisten Leipziger/-innen, die Bedeutung aber wohl die wenigsten. Mit Schnee hat das ja eigentlich nicht viel zu tun, oder? Erklärt doch einmal, was dahintersteckt.

SNOW ist ein Akronym aus den vier Himmelsrichtungen.

Wie ist die Idee dazu entstanden? Gab es dafür einen bestimmten Auslöser?

Schnee legt sich überall da nieder, wo er hinabfällt. Er bedeckt und kleidet alles in ein Gewand. Dies malerisch in den urbanen Raum zu übertragen, war ein schöner Gedanke und hat auch etwas Philosophisches. Wir bespielen den öffentlichen Raum nach eigenem Ermessen und Geschmack.

Wo liegt der Reiz bei illegalen Graffitis? Bei Euch speziell habe ich den Eindruck, dass die Aktion selbst ein wesentlicher Teil der Kunst ist, mehr noch als das Motiv selber. Stimmt das so?

Es ist wohl egoistisch, aber niemanden zu fragen, ob man dies und jenes an einem Ort seiner Wahl malen kann, ist ein einfacher Weg. Es muss nicht zwingend illegal sein, aber es hat sich bewährt.

Man entdeckt das SNOW ja teilweise an Orten, wo man sich fragt, wie Ihr da ungesehen hingekommen seid. Und vor allem heil wieder weg. Ging bei Euch auch schon einmal etwas schief?

Einige Aktionen benötigten mehrere Anläufe, andere gelingen schneller. Die Planung und Koordination ist das Entscheidende. Wir machen nur Aktionen, die realistisch erscheinen und daher ist bislang nie etwas missglückt.

Hat sich die Szene im Laufe der Jahre verändert? Manchmal ist die Rede von einem Ehrenkodex unter Sprayern, die Motive der anderen nicht zu übersprühen. Gibt es das noch? Oder war das ein Gerücht?

Es gibt gesellschaftliche Werte, die von Belang sind. Wertschätzung gegenüber anderen Menschen und dem, was sie machen, ist für ein friedliches Miteinander wichtig. Natürlich gilt das auch in einer Subkultur.

Die Stadt liefert sich ja manchmal regelrechte Wettbewerbe mit Sprayern. Gerade die Basketballwand in Connewitz ist da ja ein lustiges Beispiel. Ich weiß gar nicht, wie oft diese Wand schon übermalt wurde. Sechsmal doch bestimmt, lang gehalten hat es nie. Wären mehr legale Wände sinnvoll oder fehlt da der Reiz?

Im Zusammenhang mit Graffiti wird häufig vom Adrenalinkick und dergleichen gesprochen. Im Grunde geht es vielmehr um eine sinnvolle Beschäftigung, die sich im Leben ergibt. Ob das im gesetzlichen Rahmen oder nicht verläuft, spielt dabei keine prägende Rolle.

Euer Buch soll dieses Jahr noch erscheinen, gibt es da schon einen festen Termin? Und wo kann man es bekommen?

Es werden in der näheren Zukunft weitere Informationen dazu veröffentlicht. Wo genau und zu welchem Zeitpunkt es erscheinen wird, ist allerdings noch nicht sicher. Es wird wahrscheinlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres veröffentlicht werden und sicher auch in ausgewählten Buchhandlungen zu finden sein.

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Es gibt 13 Kommentare

Das verlinkte Video dokumentiert mit klassischer Musik untersetzt nur den infantilen Ausdruck der Erfolglosigkeit im zivilen Leben, durch Zerstörung der Arbeit und des Engagements der Anderen.

Wow, die Kommentare hier sind echte Kunst, bin begeistert. Frage mich zwar bei manchen, wie man auf sowas kommt, aber das frag ich mich bei der Monalisa auch.

Mir gefällt der Satz “Im Grunde geht es vielmehr um eine sinnvolle Beschäftigung, die sich im Leben ergibt.” Ich meine das ganz unironisch. Und um Kunst handelt es sich allemal. Bisweilen irgendwie um unerfreuliche und mißglückte, ab und zu um ziemlich gelungene. Graffiti sind schlicht Ausdruck unserer Zeiten. Und sind diese etwa voll paletti?

Leider hat die wilde Graffitikunst längst ihre Legitimation verloren, und originell ist es ja auch nicht mehr, seine Duftmarke an jede freie Hauswand zu setzen.

Es ist ja irgendwie Mainstream geworden, und einen künstlerischen Anspruch kann ich in 30m² Ofensilber auf einer Dachfläche oder Hauswand nun auch nicht erkennen.
Ob da nun SNOW steht oder BSG oder 168, wer versteht das schon außer die eigenen Leute? Traurig.

Liebe Autorin, es hätte doch noch einiger mehr Fragen und vor allem Antworten bedurft angesichts des schwurbeligen Gefasels eines SNOW Reprästentanten!

“Im Grunde geht es vielmehr um eine sinnvolle Beschäftigung, die sich im Leben ergibt. Ob das im gesetzlichen Rahmen oder nicht verläuft, spielt dabei keine prägende Rolle.”
“Es muss nicht zwingend illegal sein, aber es hat sich bewährt.”

Offensichtlich gibt es nur einen ‘Ehrenkodex’ gegenüber anderen illegalen Sprayern, aber Gemeinschaftseigentum oder Privateigentum zu beschädigen, weil man einen Adrenalinkick oder Aufmerksamkeit benötigt, hat nichts mit sinnvoller Beschäftigung zu tun. Vielleicht wäre ein Psychologe hilfreich.

Dieses sogenannte Interview mit Sachbeschädigern verstehe ich maximal als vorgezogenen Aprilscherz und verursacht bei mir nur Kopfschütteln, dass dies hier tatsächlich ein Artikel geworden ist.

Kunst? Sachbeschädigung! Und leider Vorbild für viele, die sinnlos alle möglichen Hauswände und anderes vollkritzeln! Mindestens genauso widerwärtig wie die Hundehaufenliegenlasser.

Über diese https://www.google.com/maps/@51.3314104,12.3409611,3a,18.6y,309.67h,86.52t/data=!3m7!1e1!3m5!1sf-WcIhJLsp5LwhrsLx8Z_w!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fpanoid%3Df-WcIhJLsp5LwhrsLx8Z_w%26cb_client%3Dsearch.gws-prod.gps%26w%3D360%26h%3D120%26yaw%3D290.7585%26pitch%3D0%26thumbfov%3D100!7i16384!8i8192 Reste eines Luftschutzpfeils von 1944, für sich ein Mahnmal gegen Krieg, hat das Künstlerkollektiv es letztes Jahr 2023 für passend angesehen ihr Signet zu sprühen, zwar nicht so fett, wie anderswo, aber eben doch. Eigentlich sollten die Künstler hier Größe zeigen und ihren Schnörkel wegputzen.

Narrenhände beschmieren Tisch und Wände!
Hat schon mein Uropa gesagt.
Sinnlose Parolen, meist erkennt man nicht einmal einen Buchstaben, geschweige einen Sinn.
Das ist keine Kunst sondern Langeweilevertreib für Bürgergeldkunden!

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