Ob das die Lösung ist, was der Stadtrat am 24. Januar zu einer Petition mit dem Titel „Unerlaubtes Graffiti reduzieren“ beschloss? Man darf es bezweifeln. Auch wenn die Stadt in ihrer Stellungnahme zur Petition von Danny Weber meinte, das sei doch lange schon Verwaltungshandeln, und der Petitionsausschuss dem letztlich folgte. Mit einer noch offenen Bitte. Immerhin gibt es ja auch legale Graffiti in der Stadt. Nur: Wer kann das unterscheiden?

„Sehr geehrte Mitglieder des Stadtrats und der Ausschüsse, ich möchte Sie freundlich dazu anregen, die Möglichkeit der Bereitstellung von (zusätzlichen) Flächen für Graffiti-Künstler zu erörtern“, hatte Danny Weber in seiner Petition geschrieben.

„Dadurch könnte vermieden werden, dass insbesondere städtische Neu- und Sanierungsbauprojekte wie Brücken und ähnliches unmittelbar nach der Fertigstellung erneut mit Graffiti besprüht werden. Es wäre wünschenswert, solche Flächen direkt Vorort oder zumindest in unmittelbarer Nähe dieser Bauwerke zu schaffen und/oder Hinweistafeln aufzustellen, die auf vorhandene Graffiti-Wände hinweisen.

Der Dialog mit führenden Graffiti-Künstlern aus Leipzig könnte eine zielführende Maßnahme sein und möglicherweise die Bereitschaft in dieser Gemeinschaft fördern, gegen Vandalismus vorzugehen. Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Aufmerksamkeit und Diskussion dieses Anliegens.“

Die Petition von Danny Weber zur Graffiti-Reduzierung

Der Versuch einer Regulierung

Das Amt für Jugend und Familie, das die Stellungnahme der Verwaltung formulierte, war sich freilich sicher: „Das Anliegen der Petition wird im Wesentlichen bereits umgesetzt.“

Untätig ist die Stadt tatsächlich nicht. Seit neun Jahren kümmert sie sich darum, die Welt der Graffiti in Leipzig irgendwie zu regulieren: „Bereits im Jahr 2015 erfolgte die Einrichtung und die finanzielle Ausstattung einer Koordinierungsstelle Graffiti in Leipzig. Im Zuge dessen wurde eine pädagogisch orientierte Personalstelle eingerichtet, die anteilig bei zwei etablierten und in der ‚Graffitiszene‘ anerkannten Trägern der Jugend-/Kulturarbeit angesiedelt ist.

Die Träger der Koordinierungsstelle Graffiti – gegenwärtig der Kulturkiste e. V. und der urban souls e. V. – haben die Kontakte in die Graffitiszene und stehen insbesondere projektbezogen im engen Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern dieser.

Im Jahr 2016 verabschiedete der Stadtrat zudem ein Präventionskonzept Graffiti, das den Schwerpunkt der Graffitiprävention in Leipzig auf die Kinder- und Jugendarbeit setzt. Die mit dem Präventionskonzept Graffiti verbundenen Maßnahmen umfassen vor allem Informations- und Aufklärungsarbeit, legale Graffitiprojekte, die Schaffung zusätzlicher legaler Flächen für Graffiti sowie die Ergänzung, Bündelung und Koordinierung der bestehenden Präventionsarbeit – etwa in Schulen und in Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit.

Anfang des Jahres 2020 wurde zusätzlich eine verwaltungsinterne Fachstelle Graffitiprävention im Amt für Jugend und Familie geschaffen mit dem Ziel, graffitipräventive Aktivitäten der Stadtverwaltung zentral zu initiieren, zu steuern, zu koordinieren, fachlich zu unterstützen und letztlich die erfolgreiche Umsetzung des Präventionskonzepts ‚Graffiti‘ verwaltungsseitig zu fördern.

Nicht zuletzt beschloss die Ratsversammlung mit der Vorlage Nr. VII-A-02663-NF-03 am 21.07.2021 die obligatorische Berücksichtigung der nachhaltigen Street-Art-Graffiti-Koordinierung bei städtischen Bau- und Gestaltungsvorhaben. Wenn öffentliche Gebäude neu errichtet oder Bestandsgebäude grundhaft erneuert werden, wird seither insbesondere bei der Gestaltung des Sockel- bzw. Erdgeschosses die Integration graffitipräventiver Maßnahmen geprüft und dort, wo es baulich und technisch möglich ist, veranlasst.“

Kann man Streetart planen?

Was eben nicht heißt, dass die Flächen für freie Graffiti zur Verfügung gestellt werden, sondern so gestaltet werden, dass Streetart möglichst vorher geplant oder einfach wieder entfernt werden kann. Oder im Amtsdeutsch des Amtes für Gebäudemanagement, das damals die städtische Stellungnahme schrieb: „Durch die Koordinierungsstelle Graffiti würden dabei die jährlichen Umsetzungsziele, präventionsbezogene Eignungskriterien für Flächen sowie Kriterien zur Bestimmung von objektspezifischen Handlungsbedarfen definiert.

Durch die Bauherrenämter (Eigentümerfunktion) würde eine regelmäßige Prüfung und Vorauswahl geeigneter Vorhaben zur weiteren Abstimmung mit der Koordinierungsstelle Graffiti erfolgen. Die Baufachämter würden durch die Bauherrenämter in diesem Zusammenhang ggfs. einen Prüfauftrag zur bautechnischen Geeignetheit oder im Falle eines Neubaus bzw. Grundsanierung die Ergänzung der diesbezüglichen Aufgabenstellung erhalten.“

Die Verwaltung ist sich jedenfalls sicher: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es bereits ein großer Teil Arbeit der Koordinierungsstelle Graffiti sowie der Fachstelle Graffitiprävention ist, potentielle Flächen aufzusuchen, sie auf ihre Eignung als Graffitiflächen zu prüfen und diese ggf. als legale Flächen einzurichten und auszuweisen. Entsprechend wird sowohl bei Neubauvorhaben wie auch bei Bestandsgebäuden fortlaufend einzelfallbezogen geprüft, ob und wie sich graffitipräventive Maßnahmen – und vor allem legale Graffitiflächen – umsetzen bzw. integrieren lassen.

Bei der Umsetzung von Graffitiprojekten arbeiten die Trägervereine der Koordinierungsstelle Graffiti eng mit Vertreterinnen und Vertretern der Graffitiszene zusammen.“

Nur hat das ganz offensichtlich nichts an den tatsächlichen Verhaltensweisen in der Graffitiszene geändert. Und der größte Teil der Szene ist auch nicht in die Arbeit des Graffiti e. V. eingebunden. Ganz abgesehen davon, dass hier meist gar nicht der Wunsch besteht, den öffentliche Raum mit Kunst zu verschönern. Frisch geweißte Wände wirken da wie Einladungen zu persönlichen oder politischen Statements aller Art. Und auch die von Danny Weber erwähnten „Neu- und Sanierungsbauprojekte“ werden nicht verschont.

Hilft da dann der Hinweis auf legale Graffiti-Wände?

Die Anregung gab am 24. Januar in der Ratsversammlung Beate Ehms als Vorsitzende des Petitionsausschusses noch mit. OBM Burkhard Jung sagte zu, diesen Vorschlag von der Verwaltung prüfen zu lassen.

Die Petition selbst wurde dann am 24. Januar vom Stadtrat mehrheitlich – bei zehn Gegenstimmen – mit Verweis auf das Verwaltungshandeln abgelehnt.

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