Noch ein Jahr, dann heißt es für Sebastian Hartmann Abschied nehmen. Bis dahin möchte der Noch-Intendant des Centraltheaters mit seinem Team zwanzig Neuproduktionen realisieren. Das Spielzeitprogramm für 2012/13 bietet den gewohnten Mix aus Klassikern und neuen Stoffen. Und wartet mit einer faustdicken Überraschung auf.

Der Intendant eröffnet seine letzte Spielzeit selbst. Am 20. September zeigt Hartmann auf der großen Bühne “Krieg und Frieden”. Die Skala-Saison startet im Oktober mit einer Produktion von Martin Laberenz und Wolfram Lotz. Ausgangspunkt für das Autor/Regie-Projekt ist die Frage: “Was soll das sein: ich selbst?” Das Experiment über die Diskrepanz zwischen Ich und Körper, Sexualität und Geschlecht, ist wie Hartmanns Tolstoi-Inszenierung eine Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Womöglich die beiden letzten für lange Zeit. Denn Neu-Intendant Enrico Lübbe zählt weiß Gott nicht zur deutschen Theater-Elite.

Einen modernen Klassiker inszeniert Laberenz in der Bosestraße. “Caligula” von Albert Camus feiert am 12. Oktober Premiere. Sascha Hawemann begibt sich im November auf eine theatrale Reise in den Balkan. Sein “Pulverfass” bedient sich Motiven der hierzulande weitgehend unbekannten Zeitgenossen Dejan Dukovski und Emir Kusturica. Das Projekt verspricht Lebenslust, Musik und Humor, aber auch eine Auseinanderstezung mit dem Ende Jugoslawiens, dem Bürgerkrieg und dem Massaker von Srebrenica.
Sebastian Hartmann widmet sich Goehte’s Faust (“mein faust”, Premiere: 15. November). Und während Martina Eichner-Acheampong den jüngsten Theaterfans ab dem 29. November den “Gestiefelten Kater” zeigt, erklingen in der Skala Songs von Rio Reiser (Premiere im Dezember). Mit Joseph Conrads “Herz der Finsternis” dürfen wir uns im selben Monat auf die Adaption einer düsteren Parabel über das Mensch-Sein freuen. Manuel Harder inszeniert im Januar die Erinnerungen des Kriegsheimkehrers Eric Dorozhkin, bevor Hartmann im Februar die Skala-Spielzeit mit Wolfram Lotz’ “Der große Marsch” ausklingen lässt.

Wenn im Januar die letzten Produktionen abgespielt sind, rücken in der Bosestraße die Handwerker an. Der Zuschauerraum wird nach antikem Vorbild zur Agora umgebaut. Eine platzähnliche Spielfläche wird inmitten einer nach allen Seiten ansteigenden Zuschauertribüne liegen. Zehn Regisseure, in den letzten Jahren alle dem Haus verbunden gewesen, werden sich mit dieser experimentellen Bühnenarchitektur auseinandersetzen. Welche Stücke gezeigt werden, steht noch nicht fest. Sicher ist dagegen, dass ein einwöchiges Festival die Reihe abschließen wird.

Mit einer Arbeit von Hermann Nitsch – einem der wichtigsten bildenden Künstler der Moderne – endet schließlich die Intendanz Sebastian Hartmanns in Leipzig. Der weltweit bekannte und umstrittener Aktionskünstler, Maler und Komponist, wird seine schon länger im Spielplan angekündigte Aktion durchführen und im Anschluss die Stadt zum dionysischen Fest bitten. Wir dürfen gespannt sein.

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