Auftritt, Rampenlicht und dazu die Hymne "Tauben vergiften im Park"! Mit Wiener Schmäh gegen Wortendungen und rollendem R, geweanert á la Tim Fischer, um Georg Kreisler ein höchst lebendiges Denkmal zu setzen. "Das war gut" ist der Titel und das ist Programm. Rappelvoll ist die "Funzel" mit Leuten, die eine Portion älter sind als Tim Fischer. Wenige, kurze Moderationen mit Würdigung für Georg Kreisler, mit dem Tim Fischer noch gemeinsam auf der Bühne stand.

Charakter über den Unterkiefer serviert

Als Chansonier hat er längst seine eigene Klangfarbe und seine Schauspielmethode entwickelt, jedes Lied als eine eigene und besondere kleine Oper darzubieten, in der es nur Hauptrollen gibt. Da schimmern Charaktere und Typen durch, über den vorgeschobenen Unterkiefer serviert und mit einem liebevoll-nachsichtigen matten Lächeln vor dem Applaus wieder von der Bühne gejagt.

Damit füllt Tim Fischer große Bühnen und große Säle. Fast ein Wunder, dass er wieder einmal in die “Funzel” hinabsteigt. In feinem Zwirn mit weißem Sakko und Fliege kommt Tim Fischer auf die Bühne. Mit sparsamer Gestik, aber praller Mimik.

Rüdiger Mühleisen sitzt im Frack am Piano, nur selten angesprochen und einbezogen, kaum merkliche Blickkontakte. Außer der Tonbeschallung dringt Tim Fischers Stimme auch mit natürlicher Kraft in den Saal.
Rothaarige Diva im Glitzerkleid

Kreislers Humor ist selten der Wortwitz, immer die Grundhaltung, das in atemberaubenden Tempo grausame Geschichten erzählt werden, und man denkt, man könnte es diesmal noch überleben.

Nach der Pause erscheint Tim Fischer als Diva, im Glitzerkleid unter rotem, wallenden Haarschopf.

Jetzt ist die Mimik knapper, Ausstrahlung wird zur Aura, die Diva schwebt. Kreislers Bitterkeit sind mit den Bewegungen der Diva unterlegt, die Texte schweben sowieso zwischen lebensweisem Trotzdem und quittieren abgrundtiefe Bosheiten. Aus dem Material hat Tim Fischer einst das Lied von der “Rinnsteinprinzessin” gekeltert, aber war das nicht, bevor er Georg Kreisler sang?

“Das war gut”

Süß-sauer-schaurig dröhnt das Lied vom Euro, für den laut Kreisler sogar noch die Architektur-Denkmäler einstürzen dürfen. (War da was? Am 30. Mai versank ein Rostocker Denkmals-Schiff in der Ostsee, das ein belgischer Verein retten wollte, aber es sollte lieber in Litauen verschrottet werden. – Die Ballade vom ertrunkenen Matrosen sang Tim Fischer schon vor Jahren.)

Und wenn schon Tim Fischer die rothaarige Diva gibt, was könnte es werden, wenn er einst noch Milvas Stil und Songs für sich entdeckt? Das tiefgründige Potenzial deutschen Schlagers hat auch schon Georgette Dee kreativ aufzufüllen vermocht.

Vorm letzten Lied ruft Tim Fischer zu Geldspenden auf, zur Unterstützung für ein Krankenhaus in Harare/Simbabwe. Nach dem Schlussapplaus stehen Diva und Pianist mit Sammeltöpfen am Ausgang. Kunst ist Hilfe.

Nächste Vorstellungen: Montag, 3. Juni, und Dienstag, 4. Juni, 20.00 Uhr.

Weitere Tim-Fischer-Abende in der “Funzel” sind noch für dieses Jahr vorgesehen.

www.leipziger-funzel.de

Das versunkene Denkmalsschiff:

www.das-ist-rostock.de/artikel/49215_2013-05-31_nach-stundenlangem-kippen-aufgegeben/

www.das-ist-rostock.de/artikel/49220_2013-06-03_eine-zukunft-fuer-die-georg-buechner/

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar