Der Buchtitel klingt so, als wäre das ein Büchlein für Gärtner, die nicht so viel Arbeit mit ihrem Garten haben wollen. Aber er ist anders gemeint und hat einen sehr ernsten Hintergrund. Denn dass sich unser Klima verändert, das merken auch die Gartenbesitzer. Es gibt eine deutliche Verschiebung der Niederschläge. Gerade in der Vegetationsperiode bleiben die dringend erwünschten Regenfälle oft über Wochen aus. Da kommt man dann mit Wasserschleppen nicht hinterher und stellt sich auch als Gärtner einige ganz elementare Fragen.
Und dazu gehört nun einmal auch die Frage, ob man sich weiterhin einen Garten leisten kann, in dem die bisher so schöne Blumenpracht nur noch zu haben ist, wenn man unendliche Mengen an Gießwasser verbraucht. Oder ob es im Angesicht der deutlichen Klimaveränderung, der Hitze- und Dürreperioden, die es in Mitteldeutschland immer häufiger gibt, nicht angeraten ist, andere Pflanzen in seinen Garten zu hole. Eben Pflanzen, die mit längerer Trockenheit besser zurechtkommen. Und die trotzdem emsig blühen und das Auge erfreuen.
Diese Pflanzen gibt es. Und zwar sogar aus heimischen Gefilden. Denn auch in Deutschland gibt es Böden und Regionen, in denen Pflanzen vorkommen, die „gelernt“ haben, Wasser besser zu speichern, sich gegen Austrocknen zu schützen und auch mit der schlechten Speicherfähigkeit des Bodens umzugehen.
Wengel muss also gar keine exotischen Einwanderer empfehlen, auch wenn natürlich einige dieser Blühpflanzen, die er in seinem Büchlein empfiehlt, aus fernen Regionen kommen. Aber in der Regel sind sie schon seit Jahrzehnten auch in unseren Gärten heimisch.
Bewährte Gartenbewohner
Aber das Besondere ist eigentlich, dass Wengel auch Dutzende heimische Pflanzenarten vorstellen kann, die mit Trockenheit und Hitze ganz gut zurechtkommen und durchaus durstige Blumen in unseren Gärten ersetzen können. Und das nicht nur bescheiden, sondern sondern in oft geradezu erstaunlicher Blütenpracht. Und es ist auch oft gar kein Neuland für Gärtner, das er hier betritt.
Denn auch vor der spürbaren Klimaerhitzung kannten Gärtner ja die oft speziellen Probleme in ihren Gärten. Da gab es die Plätze mitten in der prallen Sonne, die anders bestückt werden mussten als die Gartenstücke, die ständig im Schatten lagen. Aber es gab auch die besonders trockenen Stellen, die eine eigene Behandlung erforderten.
Mal waren es besonders sandige Stellen, die ein anderes Augenmerk brauchten als die Beete mit kargen oder gar steinigen Unterlagen. Aber diese Spezialfälle werden ja jetzt oft genug zum neuen Normalzustand in den Gärten. Und so helfen die Erfahrungen mit den Pflanzen, die sich auf komplizierten Gartenstellen bisher schon bewährt haben.
Und so mancher Freizeitgärtner wird überrascht sein, wie viele alte Bekannte man wieder trifft, wenn man sich mit den Lösungen für trockene Gartenzeiten genauer beschäftigt. Unsere Botanik ist erstaunlich reich – gerade da, wo Pflanzen gelernt haben, mit anspruchsvolleren Rahmenbedingungen umgehen zu müssen.
Und so sortiert Tassilo Wengel seine Empfehlungen zwar nach den verschiedenen Problemlagen im Garten. Aber man lernt dabei eine blühende Vielfalt kennen, die überrascht und bezaubert. Sei es die Goldgarbe, die sich auf einmal im Beet wiederfindet, sei es die Pfingstnelke, sei es die Polster-Silberraute oder der Quendel.
Überlebenskünstler
Es stimmt: Manch einen dieser Gesellen kennt man vom Wegrand nur zu gut. Diese Pflanzen haben gelernt, unter wirklich harten Bedingungen zu überleben. Das macht sie für die einen zu Unkraut und für andere zu echten Überlebenskünstlern. Und natürlich zu Kandidaten für Gärten, in denen Gärtner nun vermehrt darauf achten, dass die kleine Oase auch mit deutlich weniger Wasser am Blühen erhalten wird.
Da kann der Salbei wieder Einzug halten, der Wollziest und der Ginster, hat der Storchschnabel seine Chance und der Lerchensporn. Und zu allem erläutert Tassilo Wengel natürlich, welche Pflanze auf welchen Boden passt, wie sie gehegt und gepflegt wird, aber auch, dass die ein oder andere Pflanze zwar schön aussieht, aber auch giftige Teile enthält.
Was wohl einfach zusammen gehört. Denn wer sowieso schon unter harten Bedingungen leben muss, der muss sich auch zu wehren wissen. Was an der Schönheit der Blütenpracht nichts ändert. Nur die Gärtner, die die Empfehlungen ernst nehmen, werden mit der Zeit Gärten bekommen, die wieder sehr naturnah sind und in denen Pflanzen heimisch sind, die wir aus unserer Gegenwart fast verdrängt haben. Nun dürfen sie wieder auftauchen und ihre Schönheit entfalten – die Bergminze genauso wie der Blaue Natternkopf oder die Edle Schafgarbe.
Ein Büchlein wie eine Einladung zum Wiederentdecken der fast vergessenen Schönheiten, die meist nur noch in Randlagen und im übersehenen Abseits blühten, weil wir uns so an die künstliche Schönheit hochgezüchteter Pflanzen gewöhnt haben. Und fast vergessen haben, dass auch Gärten naturnah und trotzdem farbenprächtig sein können.
Und künftig auch wieder sein müssen, wenn Wasser immer wertvoller wird und Gärtner wieder lernen, ihre Gärten mit jenen Pflanzen zu bevölkern, die darin die Verhältnisse vorfinden, die sie brauchen für ein blühendes Leben bei sparsamem Wasserverbrauch.
Tassilo Wengel „Gärtnern fast ohne Gießen“, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2025, 6 Euro.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:












Keine Kommentare bisher