Aus den Stuben fällt warmes Licht auf die Wege. Schneeflocken tanzen. Die Straßen sind menschenleer, in warmen Zimmern duften Räucherkerzen. Geschenke liegen unter geschmückten Tannen. Kleine Engel drehen sich im Kreis, umgeben von Maria und Joseph, an einer Laubsägekrippe stehend. Kerzenschein wirft die Schatten der Pyramidenflügel an die Decke. Es ist Weihnachten.
Doch Schatten werfen nicht nur die Flügel über den Kerzen. Denn während der feierlichen Tage voller Wärme und Liebe treibt auch der Teufel sein Unwesen. Wir erinnern mit dieser kleinen Serie daran.
Heute: Der Tod der Schönheitskönigin
Vermarktet, vernichtet, verfilmt
Er zählt zu den rätselhaftesten Kriminalfällen der Geschichte: der Mord an der nur 6 Jahre jungen JonBenét Ramsey. Das Mädchen wurde am 26. Dezember 1996 tot im Keller des elterlichen Hauses in Boulder im Bundesstaat Colorado aufgefunden. Ermittlungen ergaben, dass das Kind am Tag zuvor getötet wurde. Von wem und aus welchen Motiven, ist bis heute ungelöst.
Berühmt war JonBenét Ramsey bereits zu ihren kurzen Lebzeiten: Als „Child Model“ nahm sie an Schönheitswettbewerben teil, gewann Titel wie „Little Miss Colorado“ (1995), „Little Miss Charlevoix“, „National Tiny Miss Beauty“. Filme und Fotos von diesen Wettbewerben waren nach ihrem Tod Teil einer überbordenden medialen Aufmerksamkeit.
Forensiker rekonstruierten, dass JonBenét durch Schädelverletzungen und Strangulation ums Leben kam. Im Haus der Familie wurde eine Lösegeldforderung über 118.000 US-Dollar gefunden. Dass diese Summe der Höhe des Weihnachtsgeldes ihres Vaters entsprach, führte zwar zu Spekulationen um die Täterschaft. Aufgeklärt werden konnte sie jedoch nie. Immer wieder gerieten Familienangehörige unter Verdacht, wurden jedoch nie angeklagt.
2006 rückt ein Lehrer ins Fadenkreuz der Ermittler. Er wird verhaftet und legt ein Geständnis ab. Doch es stellt sich heraus, dass seine DNA nicht zu den sichergestellten Spuren am Tatort passen. Er gilt als entlastet und unschuldig.
Über die Jahre wird das grausige Verbrechen, der ungeklärte Mord an JonBenét Ramsey, zum festen Bestandteil der Medienwelt. Verfilmungen und Dokumentationen widmen sich dem Fall, suchen Hintergründe, ohne letztlich die richtigen Antworten zu finden: die TV-Serie „Perfect Murder, Perfect Town“ (basierend auf dem Sahcbuch von Lawrence Schiller) und der Spielfilm „Getting Away with Murder: The JonBenét Ramsey Story“ werden im Jahr 2000 ausgestrahlt.
Die Dokumentarserie „The Case of: JonBenét Ramsey“ erscheint 2016, ein Jahr später folgt der Dokumentarfilm „Casting JonBenét“ auf Netflix. Weitere True-Crime-Produktionen folgen, die den Fall mit modernen forensischen Methoden erneut beleuchten.
Fast drei Jahrzehnte nach der Tat steht der Name JonBenét Ramsey sinnbildlich für einen sogenannten „Cold Case“ (ein ungeklärter Altfall), der bis heute Fragen zu Medienverantwortung und Ermittlungsarbeit aufwirft. Und nach der Grenze zwischen Sensationsgier und öffentlichem Interesse.
Erst geraubt, dann gerutscht
Ein Fall, der sich hingegen fast von selbst löste, wird vom 25. Dezember des Jahres 2022 berichtet.
An diesem Tag überfällt Luis Sajbocho-Ordonez auf dem Atlanta Highway in Gainesville (Georgia, USA) ein kleines Lebensmittelgeschäft. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden betrat der Täter den Laden durch eine geöffnete Hintertür, bedroht das Personal mit einer Pistole und fordert Bargeld. Es kommt zu einer Rangelei. Ein Schuss fällt, der zum Glück niemanden trifft. Der Räuber gerät in Panik und flüchtet.
Zeugen hatten mittlerweile die Polizei alarmiert, Einsatzkräfte verfolgen den Tatverdächtigen. Weit kommt er nicht. Der winterliche Frost hat die Pfützen in der Nähe des Tatortes gefrieren lassen. Sajbocho-Ordonez unterschätzt die Situation, rutscht auf einer Eisfläche aus und bleibt benommen liegen. Die Weihnachtstage verbringt der Räuber in Untersuchungshaft und wird später wegen schweren Raubes angeklagt.

Der verzweifelte Bundesrat
Fridolin Anderwert, Mitglied des Schweizer Bundesrats und Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements, wurde am 7. Dezember 1880 zum Bundespräsidenten für das Amtsjahr 1881 gewählt – das er nicht antrat.
Am 25. Dezember erschoss sich der designierte Präsident in Bern. Unmittelbar nach der Wahl startete in Teilen der Presse eine zweifelhafte Kampagne. Anderwert wurde seines Übergewichts und seiner Essgewohnheiten wegen verspottet. Zudem machten unbewiesene Gerüchte über Bordellbesuche die Runde.
Das Schweizer Nationalmuseum zitiert aus dem inzwischen verschollenen Abschiedsbrief, den Fridolin Anderwert an Mutter und Schwester schrieb: „Ihr wollet ein Opfer, Ihr sollet es haben.“
Morgen lesen Sie von einer Sturmflut, gehängten Revolutionären und einem freigesprochenen Santa Claus
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