Aus den Stuben fällt warmes Licht auf die Wege. Schneeflocken tanzen. Die Straßen sind menschenleer, in warmen Zimmern duften Räucherkerzen. Geschenke liegen unter geschmückten Tannen. Kleine Engel drehen sich im Kreis, umgeben von Maria und Joseph, an einer Laubsägekrippe stehend. Kerzenschein wirft die Schatten der Pyramidenflügel an die Decke. Es ist Weihnachten.

Doch Schatten werfen nicht nur die Flügel über den Kerzen. Denn während der feierlichen Tage voller Wärme und Liebe treibt auch der Teufel sein Unwesen. Wir erinnern mit dieser kleinen Serie daran.

Heute: Mord im Präsidentenpalast

Massaker in Kabul

Der afghanische Winter ist kalt. Die Berge Koh e Asamai, Koh e Sher Darwaza als Ausläufer des Hindukusch liegen unter einer Schneedecke. Die Straßen von Kabul sind verschneit. Jener Schnee ist überlebenswichtig für die Region. Er bedeutet Wasservorräte für die Flüsse, denn die Sommer sind glühend heiß. Schneit es nicht ausreichend, drohen Dürren.

Vor dem 27. Dezember 1979, der die afghanische Geschichte bis heute prägt, haben sowjetische Truppen den Norden des Landes infiltriert. Zwar regierte nach der April-Revolution 1978 ein Regime unter Duldung Moskaus, doch unter den Köpfen der Akteure gibt es keine Einigung. Gemordet wurde offenbar gern. Auch das spätere Opfer Amin liquidierte zunächst seinen Vorgängern. Ungemütliche Politik.

Die Lage im Land verschlechtert sich. Was aus Kremlsicht fruchtbar und progressiv begann, drohte außer Kontrolle zu raten. Dem Einfluss der eigenen Politik zu entgleiten, war die Sorge Moskaus. Zudem bestanden Zweifel an der Treue des neuen Machthabers. Kontakte zu den USA, die über reine Diplomatie hinaus gingen, wurden ihm nachgesagt.

All dies führte dazu, dass sowjetische Truppen Weihnachten 1979 nach Afghanistan eindrangen. Zunächst von der Führung in Kabul weitestgehend unbemerkt. Oder geduldet? Was die Führung über die Intervention zu diesem Zeitpunkt wusste, wird ein Geheimnis bleiben.

Mit der „Operation Sturm 333“ versucht der Kreml Klarheit in das bis heute instabile Land zu bringen. Um den Präsidentenpalast herum habe sich Truppen in Stellung gebracht, die mitunter nicht als sowjetisch zu erkennen sind. Es sind Spezialkräfte mit falschen Uniformen darunter. Die mit den Insignien des großen Vaters in Moskau ausgestattete Einheiten hält der amtierende Präsident bis zuletzt für Freunde, die ihm zu Hilfe kommen.

Im Kampf gegen seine internen Widersacher. Aber sie töten ihn am 27. Dezember 1979 während eines bestialischen Massakers im Präsidentenpalast, bei dem hunderte Soldaten auf beiden Seiten ihr Leben lassen. Die Söhne des Präsidenten sterben im Feuer der Kalaschnikows. Die Spur von Amins Tochter Soraya verliert sich. Es heißt, sie habe das Massaker überlebt.

Terror in Wien

Es ist 9:00 Uhr am Morgen des 27. Dezember 1985. In der Abfertigungshalle des Flughafens Wien-Schwechat stehen die Passagiere am Schalter der israelischen Airline El-Al, als drei Terroristen einer 1974 von Abu Nidal gegründeten Zelle eine Rauch- und drei Handgranaten in die beiden Schlangen der Wartenden rollen. Zudem schießen sie mit Sturmgewehren sowjetischer Bauart um sich. Zwei Menschen sterben sofort, 39 weitere werden verletzt.

Österreichische Polizisten und israelische Sicherheitskräfte liefern sich einen Schusswechsel mit den Terroristen, denen es zunächst gelingt, zu flüchten. Die Verfolgung führt zur Festnahme, bei der einer der Täter getötet wird. Die zwei anderen Terroristen werden 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt. Einer der beiden kann nach 22 Jahren Gefängnis nach Jordanien ausreisen. Der dritte Täter stirbt nach 38 Jahren in österreichischer Haft.

Zur selben Zeit verlieren bei einem ähnlichen Anschlag in Rom 16 Menschen ihr Leben.

Verschüttet in Anatolien

Im 1. Jahrhundert vor Christus wird die Stadt Erzincan erstmals erwähnt. Am 27. Dezember 1939 versinkt sie unter den Trümmern ihrer Gebäude. Es ist noch nicht einmal zwei Uhr am Morgen Ortszeit, als die Menschen in ihren Häusern von einem unheimlichen Grollen geweckt und schließlich von den Mauern ihrer Herbergen begraben werden.

Eine Kältewelle, die Anfang des Monats begann, massive Schneefälle und vom Schwarzen Meer her aufziehende Stürme erschweren die Arbeit der ohnehin zu dieser Zeit unzulänglich ausgerüsteten Rettungskräfte. Am Tag nach dem Beben werden in der zerstörten Stadt Minus 30 Grad gemessen. Chronisten benennen etwa 33.000 Tote und 100.000 Verletzte.

Die pulverisierte Stadt wurde nordöstlich ihres einstigen Gebietes neu aufgebaut und beherbergt heute knapp 146.000 Bewohnerinnen und Bewohner.

Lizenzhinweis: Die Illustration „Soldaten in Kabul“ ist unter dem Namen Andrej Abramow bei Wikimedia Commons lizensiert. Von dort wurde sie entsprechend übernommen und nicht verändert oder anderweitig bearbeitet. 

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