Das Theater der Jungen Welt ist mit seinen Produktionen und seinen vielfältigen Angeboten an die Zuschauer weit über die Grenzen der Messestadt und des Freistaates hinaus bekannt. Die Auslastungszahlen sprechen für sich und den Anfragen für Gastspiele kann nicht in vollem Umfang nachgegangen werden. Im heutigen Pressegespräch wurde die Spielzeitbilanz vorgestellt.

Das Haus verfügt über einen Etat von 3,4 Millionen Euro. Das Schauspiel Leipzig hat einen Etat von 14 Millionen. Am TdJW sind 14 Schauspieler tätig. Drei davon sind Puppenspieler. Erstmals sind alle 53 Planstellen besetzt. Der Schauspieler, der die meisten Stücke gespielt hat, kommt auf eine Zahl von 177 Auftritten. Keiner der Schauspieler spielt unter 100 Auftritte.

Nach Angaben des Intendanten Jürgen Zielinski war die letzte Spielzeit die erfolgreichste in seiner 11-jährigen Amtszeit. Mit rund 56.000 Zuschauern wurden in der noch laufenden Spielzeit 6.400 Zuschauer mehr erreicht als zuvor. Auch konnten 7.700 Plätze mehr angeboten werden. Auch wenn die Platzausnutzung um rund ein Prozent gesunken ist, bleibt es bei einer Gesamtauslastung von 90 Prozent. Nimmt man die pädagogischen Angebote hinzu, erreichte das Theaterhaus am Lindenauer Markt zirka 70.000 Besucher.

Diese Zahlen sind für Zielinski Veranlassung genug zu der Hypothese: “Leipzig ist erstranging eine Kinder- und Jugendtheaterstadt.” Er begründet seine Annahme mit der noch nicht bestätigten Statistik, dass – wenn man alle Vorstellungen aus dem Kinder- und Jugendtheater zusammennimmt – 80.000 Zuschauer auf den Kinder- und Jugendbereich entfallen. 70.000 bleiben für das “normale” Schauspiel übrig. Bei dieser Annahme von einem Vorrang des Kinder- und Jugendtheaters zu sprechen, bleibt allerdings fragwürdig.

Abgesehen von den Zahlenspielereien ist das TdJW aber vor allem aufgrund seiner verhandelten Inhalte eine ernstzunehmende Instanz. Die Produktion “Crystal”, in der drei Schauspieler und drei Tänzer Möglichkeiten und Begrenzungen des Rauschs ergründen, wird im Suchtbericht des Bundesministeriums für Gesundheit erwähnt. Zum Tag der offenen Tür ist man dort eingeladen, um einen Ausschnitt aus dem Stück zu präsentieren. Auch in der Justizvollzugsanstalt Zeithain wird das Stück Ende Oktober zu sehen sein. Ebenso wird es einen Workshop in der JVA Waldheim geben. Interessierte Häftlinge können der Produktion dann in Zeithain beiwohnen.
Neben den Gastspielen in den JVAs ging es für das TdJW in der vergangenen Spielzeit an 14 verschiedene Orte, an denen insgesamt 62 Gastspiele aufgeführt wurden. “Die Einnahmen sind notwendig, mehr geht aber nicht”, erklärt Zielinski.

Mit der Produktion “Das glickliche Haus”, das im Ariowitsch-Haus die turbulente Geschichte des Gebäudes und der jüdischen Kultur in Leipzig in den Fokus der Betrachtung stellt, stellt das Theater auch den lokalen Bezug her. Am vergangenen Sonntag besuchten ehemalige jüdische Einwohner Leipzigs und deren Nachfahren, die von der Stadt zu einem mehrtägigen Aufenthalt in Leipzig eingeladen wurden, das Stück. Channa Gildoni, die sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen durfte, äußerte gegenüber dem Intendanten Zielinski ihre Begeisterung für die Produktion.

In der neuen Spielzeit werden in Stücken wie “Man sieht sich” oder “König der Kinder: Macius” Themen wie soziale Netzwerke oder Kinderrechte und -beteiligung den Schwerpunkt bilden. Im Zuge der Kampagne “1.000 Jahre Leipzig” wird es erneut eine Performance-Kaffeefahrt auf dem Karl-Heine-Kanal geben. Karten der drei Veranstaltungen sollten rechtzeitig gesichert werden, so Zielinski auf der Grundlage der Erfahrungen der bereits erfolgten Veranstaltungen.

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Wer ab der neuen Spielzeit, die am 25. August eröffnet wird, das TdJW besucht, darf auf ein neues Foyer gespannt sein. Das Architekturstudio Hartensteiner, die Gründer der Designers Open, werden den Eingangsbereich neu gestalten.

Für “ÜberMorgen”, so das Motto der neuen Spielzeit, will Zielinski eine Theaterschule etablieren, um jedem, der Interesse hat, Theater näherzubringen. Wie in einer Musikschule soll hierbei mittels rhythmischer, sprachlicher und körperlicher Umgehensweisen einer ganzheitlichen Persönlichkeit auf den Weg geholfen werden. 500.000 Euro müssen für dieses Vorhaben akquiriert werden. “Weil die Kapazitätsgrenze erreicht ist, wird es nun mehr Workshops und mehr Partizipationsprojekte geben”, erklärt Zielinski und wendet die Überschreitung der Auslastungsgrenzen ins Positive. Das theaterpädagogische Programm wird um einen internationalen und inklusiven Spielclub erweitert werden.

Auch das Theaterpädagogik-Team wird um eine Vollstelle erweitert. Kulturelle Bildung braucht es, um Zukunft gestalten zu können, heißt es im Editorial des neuen Spielzeitheftes. Eine These, die im Kulturdezernat vermutlich noch niemand verinnerlicht hat. Nach vorne gewandtes Kinder- und Jugendtheater, so Zielinski, muss alle Generationen erreichen und einbeziehen können. Heute müsse das Fundament für ein Theater der Zukunft geschaffen werden. Ob aus diesem sehr schönen Traum dereinst Realität werden wird, bleibt Zukunftsmusik, der wir gern zuhören. Auf der Grundlage des Erfolgs des Hauses liegen die Möglichkeiten der Verwirklichung dieses Traums sicherlich im Bereich des Möglichen.

www.tdjw.de

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