Für Journalisten ist es wichtig, hin und wieder Hinweise zu bekommen. So erfuhr Tanner von Ina über Bianca, eine ihrer Freundinnen - und schnappte sie sich auch gleich, während eines Festes, im Vorbeihuschen. Beim Recherchieren wurde sie immer interessanter. Was doch hinter Menschen, die nicht nur TV schauen und Sich-Verraten-Fühlen alles zu finden sein kann. Hier erfahren die Leserschaften aus erster Hand, wie es ist, in Leipzig Schauspielerin zu sein.

Hallo Ina. Lass uns gleich in die Rollen gehen. Du spielst beim Stück “Das Versprechen” von Olav Almende. Am 14., 16. & 17. April gibt es Euch in den Cammerspielen Leipzig im Süden der Stadt. Welche ist Deine Rolle?

Ich spiele die Helene. Die Mutter. Ja! Ich spiele eine Mutter von erwachsenen Kindern. Zuerst hat mir das ein wenig Angst gemacht, da das ja nun nicht so wirklich meinem Spielalter entspricht, aber genau deswegen wollte ich mich der Herausforderung stellen.

Im Teasertext zum Stück steht ein feiner Satz: “Das Versprechen ist ein komisches Familiendrama: Die junge kranke Generation trifft auf die alte gesunde.” Das gefällt mir gut. Ist es denn wirklich so? Du bist ja noch jung. Alle ganz besonders krank? Was heißt das eigentlich? Woran macht sich die Krankheit der Jugend (Krankheit der Jugend hieß mal eine Band in den 90gern) fest?

Es gibt übrigens auch ein Theaterstück, das so heißt. Na ja, es geht in dem Sinne um Viktor, den ältesten Sohn der Familie, der mit seiner Abwesenheit glänzt, da er aufgrund von psychischen Problemen in Behandlung ist. Das Stück spielt quasi an dem Abend vor seiner Entlassung aus der Klinik. Die Familie versucht damit klarzukommen, wer davon gesund und wer krank ist. Ich glaube, dass sollte man selbst herausfinden. Haha, ich kann doch nicht alles verraten.

Aber bezogen auf Deine eigentliche Frage: ich würde sagen, dass dieser Ausspruch (Die junge kranke Generation trifft auf die alte gesunde) eher bedeutet, was die “ältere” Generation oft denkt, dass viele Krankheitsbilder, wie Burnout oder Borderline “erfundene” Krankheiten sind, die aus dem Überfluss und der Hilflosigkeit der Menschen in unserer Gesellschaft entstehen. In dem Stück sieht man, wie die Figuren versuchen, sich damit auseinanderzusetzen und vor allem, was es mit ihnen macht. Jede der Figuren geht anders damit um, und ich hoffe, dass es interessant ist, ihnen dabei zu zusehen. Mir hat es auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, die Facetten zu finden.

Kannst Du uns ein bisschen etwas über den Autoren Olav Amende erzählen? Er ist ja noch nicht in aller Munde und Du weißt ja, wir haben einen Bildungsauftrag!

Viel kann ich leider nicht sagen, aber wenn du möchtest, kann ich ja den Kontakt herstellen und du erfährst von ihm selbst etwas mehr über ihn?!

Aber über das Stück kann ich noch etwas sagen.

Als ich es das erste Mal las, bekam ich sofort einige Bilder im Kopf. Das Faszinierende für mich war dabei, dass das, was wirklich passiert, nicht im Text steht, sondern dazwischen. Also es wird viel gesagt um etwas zu sagen. Ha, das ist ja fast ein Zitat aus dem Stück (grinst). Und das kennen wir doch auch alle, manchmal gibt es Momente, in denen wir etwas unbeholfen oder gar hilflos sind und um da rauszukommen machen wir manchmal Dinge die etwas absurd sind. Nehmen wir nur mal das Klassische: “Och, heute ist ja richtig schönes Wetter, nicht wahr?!” Also man sagt etwas, damit etwas gesagt ist, quasi, die unangenehme Stille zu unterbinden oder zu vermeiden.

"'Das Versprechen' ist ein komisches Familiendrama: Die junge kranke Generation trifft auf die alte gesunde." Foto: Volly Tanner
“‘Das Versprechen’ ist ein komisches Familiendrama: Die junge kranke Generation trifft auf die alte gesunde.” Foto: Volly Tanner

Du hast ja schon eine kleine Lebensreise hinter Dir. Trier, Ulm, Lauenburg – und jetzt Leipzig. Hier hast Du auch schon mit Jens-Paul Wollenberg beim TheaterPACK Die Schatzinsel – Du warst Jim Hawkins – gespielt. Das heißt ja, dass das Theater schon Dein Leben ist. Du bist da ja auch richtig ausgebildet. Kannst Du damit Deinen Katzen Futter kaufen? Off-Theater ist ja jetzt nicht unbedingt die güldene Wollmilchsau.

Hahaha! Wow, wenn du das formulierst, klingt das ja richtig spannend. Ja, Theater ist mein Leben, leider kann ich damit noch nicht meinen Lebensunterhalt bestreiten, aber ich habe da ein Ziel und zwar, dass ich irgendwann davon leben kann. Mhm, klingt jetzt vielleicht für Einige nach nicht so einem hohen Ziel aber glaub mir, es ist schwerer, als es sich anhört.

Oh, ja, Jim Hawkins, der kleine 13-jährige, quirlige Junge. War sehr schön. Das war meine zweite Rolle hier in Leipzig.

Nach Leipzig bin ich über eine Freundin gekommen, die hatte Kontakt zum TheaterPACK und wir haben dann Clavigo von Goethe “umgeschrieben”, besser gesagt bearbeitet und schon hatten wir ein Stück für zwei Frauen. Dann haben wir noch tolle Kostüme bekommen (Weerasak Karnchuang) und grandiose Musik (Ole Toense) und dann ging es los. War eine schöne Zeit. Leipzig und seine Menschen haben mich mit offenen Armen empfangen und da ich eh auf der Suche nach einem neuen Zuhause war, war die Wahl schnell getroffen.

Und nun zum OFF-Theater, Ina.

Ja, Off-Theater ist nichts, womit man reich wird, aber für mich zählt auch, dass ich mich weiterentwickle. Wenn es Stücke sind, bei denen man eben nicht die Welt verdient, geht es dann darum, Sachen zu machen, die man noch nicht gemacht hat, die einen fordern, die einen aus seiner Wohlfühlzone herausholen. Manche Dinge auf der Bühne schüttelt man aus dem Arm und andere muss man sich hart erkämpfen und die zweiteren suche ich dann.

Zum Beispiel durfte ich auch mal beim Theater Titanick spielen. Das war was ganz Neues für mich. Es gab keine Sprache, man musste sich komplett auf sein Spiel verlassen. Es musste authentisch sein, aber nicht zu klein, ich musste die ganze Zeit “bei mir” sein, aber auch für das Publikum spielen. Das war … wow. Leider bin ich nur für jemanden eingesprungen und so hatte ich nur dreimal die Möglichkeit, aber es war für mich toll.

Und dadurch habe ich mir überlegt, ich könnte mich ja auch mal so ein wenig im Filmischen ausprobieren.

Eben, bei der Recherche fand ich Dich auch im Film. Da gibt es “Emma und Greta” von Dirko Göbels DAWG Productions. Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit – und was ist das für ein Film?

Das was du im Internet gefunden hast ist tatsächlich nur eine Szene. Ich liebe Theater und das ist ja auch das, was ich gelernt habe, aber ich dachte mir, ich könnte mich ja auch mal Richtung Kamera orientieren. Als dieser Entschluss gefasst war, habe ich in einem Schauspielforum einen Aufruf einer Schauspielerin zwecks Demobandszenendreh gelesen und mich gemeldet.

Das war letztes Jahr im Februar. Ich bin dann nach Berlin und habe mich mit ihr und noch ein paar anderen getroffen. War ein super Abend mit tollen Ideen.

Aber das war es dann auch erst mal.

Ich bin mit ihr in Kontakt geblieben und, ja, dann haben wir uns noch mal getroffen, wegen Szenenideen sammeln. Plot finden, Text schreiben. Und nun ja, wir brauchten einen Drehort und ich musste immer an das Dach bei Dirko denken und mir fiel auch ein, dass er ja inzwischen sehr viel mit Filmdrehen macht, also habe ich ihn kontaktiert und gehofft und gebangt, dass er Lust und Zeit hat es zu machen. Hat ja dann auch alles geklappt. Die Szene war abgedreht, der Schnitt fertig und eine neue Idee in drei Köpfen geboren. Wir drehen einen Kurzfilm um diese Szene herum. Wir haben dann direkt einen Termin ausgemacht, also wir haben geschaut wann wir uns alle eine Woche blocken können, um das dann zu realisieren. Ein paar Monate später, etliche Drehbuchvorschläge später, kam dann endlich der erste Tag.

Und nun haben wir ein kleines Filmchen von ca. 15 Minuten. Das ist jetzt unser Erstlingswerk, allerdings ist es noch in der Postproduktion. Wenn er richtig fertig ist, sag ich Bescheid. Jetzt weiß ich auch, wie viel Arbeit in so etwas steckt und das nächste Mal werden wir uns in jedem Fall mehr Zeit für den Dreh nehmen, eine Woche ist zu knapp bemessen gewesen. Ich war da ein wenig blauäugig. Aber man lernt ja nie aus. (grins)

Und was passiert, wenn Das Versprechen abgespielt ist? Wie geht es dann weiter für Dich?

Mal sehen, was dann kommt! Angebote immer gerne zu mir … (grins) Nein, Spaß bei Seite, erst mal wieder bewerben, bewerben, bewerben.

Ich will dann auch endlich mal mein Demoband fertig stellen, also …

Und seit langem arbeite ich auch schon an einem Sprecherdemo, denn ich liebe Hörspiele und wäre so gerne auch mal einer der Menschen, die einen, nur durch ihre Stimme, in eine andere Welt bringen. Also Pläne gibt es einige und Ideen auch, jetzt muss ich sie nur noch anpacken.

Ich drücke Dir jedenfalls alle Daumen.

Vielen lieben Dank!

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