Nicht nur Beobachter hatten am Dienstag fest mit einem Urteil im Prozess um den gewaltsamen Tod eines Obdachlosen in Oschatz gerechnet. Der 50-Jährige hatte sich am 27. Mai 2011 in einem Wartehäuschen am Südbahnhof schlafen gelegt. Fünf Männer (17 - 28 Jahre) sollen ihr Opfer durch zahlreiche Tritte zu Tode geprügelt haben. Einem 36-Jährigen wird unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen.

Der Prozess war vergangenen Dezember formal eröffnet worden. Seit Februar wird in vollen Zügen verhandelt. Der Ablauf der Tat schien klar. Dazu trugen auch die Aussagen einiger Beteiligter bei: Ronny S. (28) soll seine Kumpels zu dem Angriff animiert hatten. Angeblich schuldete ihm André K. Geld. Die Täter gingen mit äußerster Brutalität zu Werke. Sebastian B. (27) versuchte sogar, mit einem Samurai-Schwert auf den wehrlosen Mann einzuschlagen. Unter Alkoholeinfluss verfehlte er sein Opfer. Die Klinge zerbarst am Boden.
Der Missbrauch von Alkohol und anderen Drogen scheint ein Problem der Angeklagten zu sein. Ronny S. werden obendrein Kontakte ins rechte Milieu nachgesagt. Der bullige Kahlkopf widersprach heute seinen Mitangeklagten. Er sei nicht im Bahnhof gewesen. “Weil ich mit einer Auseinandersetzung nichts zu tun haben wollte.”

In Haft habe er durch Zufall kurz Sebastian B. gesehen, der in einer gegenüberliegenden Zelle eingesperrt gewesen sei. Der fragte ihn: “Warum bist du hier? Du hast doch gar nichts gemacht.” Gleich drei Mitinsassen sollten dies bestätigen. Der Griff zum letzten Strohhalm entpuppte sich als Reinfall. Sein Zellenkumpel René M. (38) verstrickte sich in Widersprüche, konnte sich zum Erstaunen der Anwesenden auch nur an die eine entscheidende Aussage aus einem längeren Gespräch erinnern. Schleierhaft auch, warum Ronny S. ihn erst heute als Entlastungszeugen benannte. “Das kommt mir spanisch vor”, brachte Oberstaatsanwältin Claudia Laube ihre Zweifel auf den Punkt.

Den Haftinsassen erwartet nun ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage. Ronny S. ist wegen Totschlags angeklagt, könnte ob des brutalen Vorgehens aber auch wegen Mordes belangt werden. Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil wird frühestens am 8. November erwartet.

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