Noch bis morgen gastiert der Zirkus Afrika am Paunsdorf Center. Zumindest unter diesem Namen. Es ist gut möglich, dass er schon bald unter einer anderen Bezeichnung firmiert. Er hieß nämlich schon Afrikas Big Circus, Zirkus Jambo Africa, Monte Carlo und Don Carlos. "Immer wenn die Schwierigkeiten zu groß sind und der Name in Verruf geraten ist, sucht er sich eine andere Etikette", fasst Tierschützerin Petra Schneider aus Minden zusammen, die Zirkusdirektor Hardy Weisheit schon lange im Visier hat.

Weisheit ist kein unbeschriebenes Blatt. Er steht immer wieder mit Behörden im Clinch. Entweder weil er den Tierschutz missachtet oder ihm die nötigen Genehmigungen für seinen Zirkus fehlen. Erst gestern wurde bekannt, dass er die Stadt Leipzig nicht vorab informiert hatte, als er am vorvergangenen Freitag, den 2. August 2013, einen Elefanten durch die Leipziger Innenstadt führte. Nun droht ein Bußgeld, weil er die Passanten durch das Wildtier in Gefahr gebracht hatte.

Dies ist nur die jüngste Folge in der langen Reihe von Episoden, in denen der Zirkus auffällig geworden ist. Anfang Mai hatte die Staatsanwaltschaft Kiel die Elefantenkuh Gitana beschlagnahmt, weil das Tier im Zirkus Afrika einzeln gehalten wurde – was gegen die Natur dieser Herdentiere verstößt – und schwere Verhaltensstörungen aufweist. Mittlerweile ist Gitana an einen belgischen Zoo verkauft worden. Eine solche Notveräußerung geschieht, wenn die Kosten für den Unterhalt für den Staat zu hoch sind. Sie ist rechtskräftig, das heißt Weisheit bekommt den Elefanten nicht zurück, selbst wenn das Verfahren in dem Fall, welches noch nicht angelaufen ist, zu seinen Gunsten ausfällt.

Weisheit stellt sich in der Öffentlichkeit gern als armer Zirkusmensch dar, dem die Behörden Steine in den Weg legen. So zum Beispiel im vorvergangenen Winter, als er mit seinen Tieren Quartier in einer Lagerhalle in Meerane bezog. Die Besitzer hatten einer Einlagerung des Zirkuszelts zugestimmt und staunten wohl nicht schlecht, als die gesamte Zirkusmannschaft mitsamt den Tieren einrückte. Die Stadt drehte dem Zirkus erst das Wasser dann den Strom ab. Und Weisheit jaulte in aller Öffentlichkeit. Doch selbst die Zeitung mit den vier großen Buchstaben wendete sich gegen ihn.

Die Tierschutzorganisation Peta führt eine lange Liste über die immer wiederkehrenden Fehltritte des Zirkusses, der seine Elefanten immer wieder frei herum laufen lässt: So zum Beispiel vor zwei Jahren in Paunsdorf, wo es zu einem Polizei-Einsatz kam, im März 2011 in Halle-Neustadt oder im Dezember 2010 in Erfurt sowie im August 2009 in Jena, wo ein Elefant eine Zirkusbesucherin auf die Stoßzähne genommen und Meter weit weggeschleudert hatte.

Die Organisation European Elephant Group, welche sich speziell dem Schutz von Elefanten widmet, klagt Zirkusdirektor Hardy Weisheit zudem an, seine Tiere mit Elektroschockern im Zaum zu halten, was gesetzlich verboten ist. Bereits 1997 und 2003 konnte ihnen Petra Schneider Bilder zuliefern, die dies dokumentieren. Tobias Dornbusch von der Gruppe kennt sich mit Elefanten aus. “Elektroschocker verursachen größere Schmerzen als zum Beispiel ein Elefantenhaken, mit dem man die Tiere auch unter Kontrolle bringen kann”, so Dornbusch. Einen Haken einzusetzen sei auch für den Menschen anstrengend. “Wenn man damit drei Mal zugeschlagen hat, ist das ermüdend. Ein Elektroschocker ist leichter einzusetzen und dann besteht auch die Gefahr, dass er über Gebühr zum Einsatz kommt.” Das Gerät dürfe nur in absoluten Notfällen verwendet werden.

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Mit seinen Elefanten scheint Hardy Weisheit in vielerlei Hinsicht nachlässig umzugehen. Das beweisen nicht nur die jüngsten Fälle. Im Jahr 1998 stand er schon einmal vor Gericht. “Damals wurden zwei Elefanten beschlagnahmt, doch einer war so schwach, dass er eingeschläfert werden musste”, berichtet Petra Schneider. Im anschließenden Verfahren hat sie gegen die Weisheits ausgesagt. Verurteilt wurde jedoch nicht Hardy sondern dessen Bruder Johny. “Sie sagten, dass er für die Elefanten zuständig gewesen sei”, so Schneider. Und Johny wurde dazu verurteilt, dass er drei Jahre lang keine Zirkuslizenz mehr halten durfte. Hardy bekam strenge Auflagen dafür. “Also hat er sich erst mal ins Ausland abgesetzt und später, unter neuem Zirkusnamen, eine solche Erlaubnis nach Paragraph 11 des Tierschutzgesetzes im sächsischen Riesa bekommen”, erzählt Schneider. Ihr ist schleierhaft, wie Weisheit daran gekommen ist. “Denn er hat dort kein Winterquartier, also ist Riesa nicht zuständig.” Schneider sagt, man müsse nicht lange darauf warten, bis wieder ein Vorfall mit den Tieren passiere.

Liste von Peta:

www.peta.de/web/home.cfm?p=2229

Meldung zum Meerane-Vorfall:

www.bild.de/regional/dresden/zirkus/haut-aus-meerane-ab-21553788.bild.html

Hintergrung zum Meerane-Vorfall:

www.otz.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Zirkus-fuehlt-sich-in-Winterquartier-von-Behoerden-verfolgt-2141060634

Meldung zum Halle-Vorfall:

www.halleforum.de/article.php?sid=30934

Meldung zum Jena-Angriff auf eine Besucherin:

www.jenapolis.de/2010/09/polizei-jena-elefanten-vorfall-wird-der-staatsanwaltschaft-uebergeben/

Bericht der Badischen Zeitung:

www.badische-zeitung.de/suedwest-1/afrikas-big-circus-in-suedbaden-ein-wanderndes-problem–15748066.html

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