Die "Jungen Nationaldemokraten" treten beim Versuch, im Oktober einen Großaufmarsch zu etablieren, auf der Stelle. Wie vor einem Jahr mobilisierte der NPD-Nachwuchs ins mittelsächsische Döbeln. Dem Aufruf folgten gerade einmal 250 Kameraden. Die Neonazis waren nicht nur aus der Region angereist. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Kameraden aus Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Tschechien.

Die Rechtsextremen sammelten sich gegen 12 Uhr am Bahnhof Döbeln-Zentrum. Der Aufmarsch führte bis 16:15 Uhr kreuz und quer durch die Stadt zum Hauptbahnhof.

Mit dem Düsseldorfer Sven S. sprach ein Redner, der sich in dem noch nicht abgeschlossenen Mammutverfahren gegen das “Aktionsbüro Mittelrhein” vor dem Koblenzer Landgericht wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verantworten muss. Sächsische JN-Aktivisten hatten einzelne Prozesstage beobachtet.

Bemerkenswert war der Auftritt von Christopher D., der sich früher im Umfeld des verbotenen “Nationalen Widerstands Dortmund” aufhielt. Bei der Dortmunder Kommunalwahl im Mai stand D’s Name für die NPD-Konkurrenz “Die Rechte” auf dem Stimmzettel. Zwar sind die Bande sächsischer JN-Aktivisten ins Ruhrgebiet nichts Neues. Die Rede eines Vertreters der westdeutschen Kleinpartei auf einer sächsischen NPD-Veranstaltung dagegen schon.
Der Aufmarsch sollte den Höhepunkt der JN-Kampagne “Sag was du denkst” darstellen, blieb angesichts der relativ niedrigen Teilnehmerzahl aber hinter den Erwartungen der Veranstalter zurück. Ganz offensichtlich hält sich die Zugkraft der sächsischen JN in Grenzen. Die Döbelner Stadtverwaltung ging im Vorfeld von 350 Teilnehmern aus.

Die Gegenproteste hielten sich in Grenzen. Döbelns Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer (CDU) rief in Abstimmung mit Fraktionen des Stadtrates von 12 bis 14 Uhr zu einer Protestkundgebung auf dem Obermarkt auf. Eine Gegenkundgebung, die ein bürgerliches Bündnis organisiert hatte, fand ab 14 Uhr am Wettinplatz statt. Neonazi-Gegner blockierten kurz die Aufmarschstrecke, gaben das Unterfangen allerdings auf, nachdem ihnen die Polizei Protest in Hör- und Sichtweite zusicherte. Die Polizei spricht von insgesamt 500 Gegendemonstranten.

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Die Ordnungshüter waren mit 650 Einsatzkräften vor Ort. Im Zusammenhang mit dem JN-Aufmarsch nahmen die Beamten fünf Strafanzeigen auf. Drei Kameraden werden Beleidigungen, einem ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und einem Volksverhetzung vorgeworfen. Gegen einen Teilnehmer der Gegenveranstaltungen wurde eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erstattet.

Für einen Skandal sorgte die Polizei am Rande. Vor Beginn des rechten Aufmarsches tasteten die Ordnungshüter fünf Pressefotografen von Kopf bis Fuß ab. Zwei Journalisten erhielten Gefährderansprachen. Dabei müssen sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung repressive Maßnahmen stets gegen Störer richten. Das sind in aller Regel nicht Fotografen, die Neonazi-Demos dokumentieren, sondern die Rechtsextremisten, die – häufig vor den Augen der Polizei – Reporter aus ideologischen Motiven heraus angreifen.

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