Wenn man erst einmal berühmt und beliebt ist, hat man einen Kummer weniger: Man braucht seine eigene Geburtstagsparty nicht mehr selbst zu organisieren. Man braucht auch nicht mehr die bucklige Verwandtschaft dazu einzuladen. Die Geburtstagsgäste kommen freiwillig - und gern. Das Glückskind heißt Johann Sebastian.

Geboren wurde der talentierte Knabe am 21. März. Noch nach dem julianischen Kalender. Der galt 1685 in Eisenach noch. Übrigens genauso wie in Leipzig. Erst 1700 stellten auch die protestantischen Länder um auf den gregorianischen Kalender. Hätte der 1685 schon in Eisenach gegolten, müsste der Geburtstag des Knaben am 31. März gefeiert werden.

Aber so fällt er nun jedes Jahr wie ganz zufällig auf die Zeit des offiziellen Frühlingsbeginns. Und auf die Buchmesse. Was so lange kein Problem war, wie dieser Geburtstag des späteren Thomaskantors ein fast interner Feiertag aller Freunde der Thomaskirche war. Die Freunde der bachischen Musik pilgerten zu den Sonderkonzerten in die Kirche am Thomaskirchhof, beglückwünschten sich innig für diese schöne Musik. Bis der Thomaspfarrer Christian Wolff sagte: So geht das nicht. Dieser Geburtstag muss anders gefeiert werden. Größer, öffentlicher, auch mit den Leuten da draußen, die sich nicht trauen, in die Kirche zu kommen.

Aus dem Geburtstagskonzert wurde – im Schatten des Bachfestivals im Sommer – ein eigenes kleines Bach-Geburtstags-Festival, bei dem sich Bach-Museum, Thomaskirche und die Gastronomen vom Thomaskirchhof schon seit Jahren gemeinsam bemühen, dem Geburtstagskind ein schönes Fest zu organisieren – mit Lerneffekt. Denn Thomaskirche und Bach-Museum öffnen zu diesem Fest natürlich auch ihre Türen. Auch in diesem Jahr zum 326. Komponisten-Geburtstag. Und weil der offizielle Geburtstag diesmal auf den Montag fällt, wird ab Samstag, 19. März, hineingefeiert. Jeden Tag ein wenig anders. Am Freitag noch zurückhaltend mit der Motette um 15:00 Uhr in der Thomaskirche, in der die Kantate “Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen” zu hören sein wird. Vorgetragen von Collegium cocale und Ensemble des Bach-Orchesters Siegen.
Am Sonntag, 20. März, kann nach dem um 9:30 Uhr stattfindenden Gottesdienst in der Thomaskirche ab 10:00 Uhr im Rahmen eines Tages der offenen Tür im Bach-Museum Leipzig in den Geburtstag des Komponisten hineingefeiert werden. Bei freiem Eintritt werden Mitmach-Angebote wie ein Quiz rund um Bach für Kinder und ihre Begleiter, eine Mitmach-Führung sowie Klangproben im historischen Sommersaal insbesondere junge Bachfans und ihre Familien begeistern.

Und auch Erwachsene sind diesmal eingeladen, es den Kindern aus der KAOS-Malwerkstatt nachzumachen – mit Gänsekiel und Tusche. Sie können ihre Phantasie spielen lassen rund um die Frage, was man mit Bach & Co. zeichnerisch alles anstellen kann.

Und dann gibt es den Auftakt zu einer Reihe, die einige Musikfreunde sehr interessieren wird: Um 11:00 Uhr gibt es das erste Konzert in der Reihe “Himmlische Musik” im Sommersaal des Bach-Museums. Im Rahmen dieser neuen Konzertreihe des Bach-Museums Leipzig werden die akustischen Finessen der barocken Schallkammer vorgestellt, bei der das Publikum stilvoll unten im Saal sitzt und oben im “Himmel” die Musiker. Nach der Modernisierung des Hauses ist dieses Erlebnis wieder möglich geworden.

Das Leipziger Barock-Consort spielt Werke Johann Sebastian Bachs und seiner Söhne. Karten zum Preis von 12 Euro, ermäßigt 8 Euro sind im Museumsshop sowie an der Tageskasse erhältlich.In der Thomaskirche erklingen im “Thomaskonzert” ab 17:00 Uhr Werke von Thomaskantoren verschiedener Jahrhunderte – ein Programm, das thematisch bereits auf das bevorstehende Jubiläumsjahr “800 Jahre Thomana” verweist. Karten für dieses Konzert mit dem Kammerchor Josquin des Préz und dem Leipziger Barockorchester unter Leitung von Philipp Goldmann können zum Preis von 20, 15 oder 12 Euro im Thomasshop oder an der Abendkasse erworben werden.

Bleibt dann noch der Montag, der eigentliche Geburtstag, der normalerweise ein Ruhetag wäre im Bach-Museum. Doch weil Bachs Geburtstag ist, wird das Bach-Museum Leipzig ebenfalls bei freiem Eintritt geöffnet sein. Führungen finden an diesem Tag sowohl 13 Uhr als auch 15 Uhr statt.

Und nicht nur das. Denn der Montag ist der Tag, an dem die Geburtstagsfeier dahin wandert, wo sie Christian Wolff immer haben wollte – auf den Thomaskirchhof. Das Ganze beginnt um 9:30 Uhr unter Dach: Leipziger Schüler erfüllen frei dem Motto “Singt euch ein” die Thomaskirche zwischen 9:30 Uhr und 12:00 Uhr mit Gesang. Das traditionelle Geburtstagsständchen für den Komponisten erklingt dann im Anschluss um 12:00 Uhr vor dem Bachdenkmal. Das ist der Zeitpunkt für alle Freunde des Geburtstagskindes, sich einzustellen. Die Leckermäuler werden eh da sein. Denn bei der Gelegenheit wird auch wieder die Geburtstagstorte angeschnitten, die seit Jahr und Tag vom benachbarten Café Kandler gestaltet wird.

“Dreiteilig diesmal”, verspricht Konditormeister René Kandler. Denn die Torte, die jedes Jahr anders aussieht und anders gefüllt ist, hat sich zur Attraktion des Tages entwickelt – und reichte im letzten Jahr bei Weitem nicht, die naschsüchtigen Bachfreunde alle mit einem Tortenstück zu beglücken. “Deswegen machen wir diesmal drei Torten in unterschiedlichen Anfertigungen”, so René Kandler. “Und das Hauptstück wird diesmal wieder etwas mit Kaffee sein.” Wegen der Kaffeekantate natürlich und des einstigen Thomaskantors Liebe zum schwarzen Türkentrank.

Ob Johann Sebastian ein Freund guter Torten war, bezweifelt man freilich am Thomaskirchhof. Die sächsische Tortenkultur hat sich im Grunde erst im 19. Jahrhundert so richtig entwickelt.

Anschneiden werden die Torte diesmal wieder der Geschäftsführer des Bach-Archivs Leipzig, Dr. Dettloff Schwerdtfeger, und Christian Wolff, der Pfarrer der Thomaskirche. Wer zu seinem 326. Geburtstag so eine Torte bekommt, der kann sicher sein: Der hat es geschafft.

Und der Rest zum nun schon zur Tradition gewordenen Geburtstagsfest für Johann Sebastian ist unter diesen Adressen zu finden:

www.bach-leipzig.de

www.thomaskirche.org

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