Die Bundeswehr schrumpft, und mit ihr die Zahl der Soldaten in Leipzig. Doch die Messestadt bleibt militärischer Standort. Unter den künftig 430 Dienstposten in der General-Olbricht-Kaserne soll wie bisher eine Planstelle für einen Zwei-Sterne-General sein. Dieser wird von Gohlis aus das neue Ausbildungskommando des Heeres leiten.

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) liegt weiter voll im selbst gesetzten Plan. In der Vorwoche stellte er das Standortkonzept für die künftige Bundeswehr vor. Mit Vollendung der derzeit laufenden Streitkräftereform sollen 185.000 Soldaten und 55.000 zivile Mitarbeiter Dienst beim Bund tun. Ein solcher Schritt ist nach den Worten des Ministers “gewaltig” und bedeutet im Schnitt “einen standortbezogenen Dienstpostenabbau von rund 30 Prozent”. “Funktionalität, Kosteneffizienz, Attraktivität und Präsenz in der Fläche”, seien für ihn die Entscheidungskriterien gewesen, so de Maizière bei der Vorstellung der Pläne weiter.

Dass die Bundeswehr ihre Aufgaben zu Lande mit künftig drei, statt aktuell fünf Divisionen erfüllen würde, war seit Monaten öffentlich bekannt. So wurde kräftig über die Chancen des Erhalts der 13. Panzergrenadierdivision spekuliert. Der Großverband mit Einheiten in Ostdeutschland und Bayern wird von Leipzig aus geführt.

Doch alle funktionalen Argumente sprachen aus Sicht der Bundeswehrführung offenbar dafür, das Heer in eine Nord- und in eine Süd-Divison zu gliedern. Daneben werden alle speziellen und besonders beweglichen Einheiten künftig nur noch in einer Division zusammengefasst.

So kommt es zum Erhalt der 1. Panzerdivision für den Norden und der 10. Panzerdivision für den Süden. Doch die Stäbe beider Verbände werden verlegt: zum einen von Hannover nach Oldenburg, zum anderen aus dem schwäbischen Sigmaringen in das fränkische Veitshöchheim. Dritte im Bunde wird die Division Schnelle Kräfte mit Stab im hessischen Stadtallendorf sein.Das nun nahende Ende der 13 .Panzergrenadierdivision bedeutet nicht das Aus der Bundeswehrpräsenz in Leipzig. Mit künftig 430 Dienstposten werden die Streitkräfte in Leipzig wahrnehmbar präsent bleiben.

Für das Prestige wird auch etwas getan. In der General-Olbricht-Kaserne findet das neu zu bildende Ausbildungskommando des Heeres seinen Sitz. Dessen Spitze ist für einen Generalmajor bestimmt. Damit könne die Stadt gut leben, teilte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit. Für ihn stellt das Standortkonzept insgesamt eine “wohlabgewogene und überlegte Entscheidung” dar.

Weiter an der Pleiße wird der Bundeswehrdisziplinaranwalt beim Bundesverwaltungsgericht seinen Dienst tun. Darüber hinaus wird die Messestadt wie bisher eine Fahrschuleinheit, Sanitäter und Feldjäger aufnehmen.

Als Ort der neuen Stabsstelle für die Heeresausbildung dürfte Leipzig auch qualifiziert haben, dass im nahen Delitzsch die Unteroffizierschule und in der Landeshauptstadt Dresden die Offizierschule ihren Dienstsitz haben und behalten werden.

Garnisonsstadt zu sein ist nicht das zentrale Attribut Leipzigs. Insofern ist die Reduzierung der Dienstposten für die Stadt sicher zu verkraften. Doch im Jahrhundert der Massenarmeen, zweier Weltkriege und eines Kalten Krieges fanden umfangreiche Truppenkörper an Weißer Elster und Pleiße Aufnahme, nicht nur zum Wohle der Stadt. Künftig aber geht es einige Nummern kleiner.Gleichwohl schaut man in Leipzig immer sehr darauf, wo man im Ranking der deutschen Großstädte einkommt. Deshalb ist der Erhalt einer Zwei-Sterne-General-Stelle in Gohlis psychologisch nicht ohne Belang. Auch bleibt die Bundeswehr mit ihren Soldatinnen und Soldaten Teil der Leipziger Stadtgesellschaft.

Und mit Erhalt der General-Olbricht-Kaserne in Gohlis gibt es weiter einen sehr authentischen Ort, eines der Köpfe des militärischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus zu erinnern. Seine Beteiligung in dem gescheiterten Aufstand gegen Hitler bezahlte der gebürtige Sachse Friedrich Olbricht (1888 – 1944) noch am Abend des 20. Juli mit dem Leben. An den Fakten ändert auch nichts, dass Olbricht in der gerade im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigten Hollywood-Produktion “Walküre” neben Tom-Cruise-Stauffenberg eher als Zauderer dargestellt wird.

Nun war der Erhalt des Stabes der 13. Panzergrenadierdivision in Leipzig von manchen zum Lackmustest für den Stellenwert Ostdeutschlands im künftigen Stationierungskonzept der Bundeswehr erhoben worden. Was Leipzig hier nun an einer wichtigen Kommandoebene verliert, wird im räumlichen Umfeld der politischen Führung in Berlin sehr wohl kompensiert. So wird der Inspekteur des Heeres künftig in Strausberg östlich von Berlin Dienst tun, sein Amtskollege von der Luftwaffe zieht nach Gatow am westlichen Rand der Bundeshauptstadt. Und die Marine wird demnächst von ihrem Inspekteur von Rostock aus geführt.

Dass aus dem Hauptstadtbeschluss von 1991 nun sukzessive und ganz pragmatisch die funktionalen Schlussfolgerungen gezogen werden, überrascht in dieser Deutlichkeit dann doch ein wenig.

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