Was haben Sie vor Augen, wenn Sie an die Prager Straße denken? Den Rotblitzer am Ostplatz? Den Alten Johannisfriedhof? Den Südfriedhof? Das "Kaiser Napoleon"? Stau? Das leerstehende technische Rathaus? Eine Fressmeile?

Ja, eine Fressmeile. Nicht, dass ich daran bisher gedacht habe, wenn mir die Prager Straße durch den Kopf schwirrte. Ich war da eher bei riskanten Bremsmanövern am Ostplatz oder dem aktuellen Technischen Rathaus mit Saunagarantie. Doch mein Spaziergang verändert meine bisherige Wahrnehmung. Nachdem ich das alte technische Rathaus, also den langen, nun leerstehenden Zweckbau in Höhe Gutenbergplatz, rechts liegengelassen habe, reiht sich Imbiss an Imbiss, Fast-Food-Klitsche an Fast-Food-Klitsche.

Alles beginnt mit einem Dönermann, dann kommt die Kneipe “Zum Fass”, dann Subway am Ostplatz; ein Chinese, die Softeisbar, der Curry-König, ein indisches Restaurant und das Café Bistro Ost folgen auf nicht mal 150 Metern. Und wieder drängt sich mir die Frage auf: Warum? – Ja, eine große Versicherung hat gegenüber Quartier bezogen, ja, das Technische Rathaus ist nicht weit und ein Großer der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatergesellschaften hat mittlerweile hier auch eine Niederlassung eingerichtet. Aber die wollen doch nicht alle ein Softeis haben. Und wie schaffen es Curry-König, Chinese und Dönermann, tagtäglich zu überleben? Von mir sieht jedenfalls niemand Geld. Nicht, weil ich mäkelig bin: Ich kann mich schlicht nicht entscheiden, hoffe zudem insgeheim auf Crepes. Aber das ist dann auch für die neue Fressmeile Prager Straße zwischen Ostplatz und Mühlstraße zu viel verlangt.Apropos zu viel verlangt: Ich frage mich, ob es zuviel verlangt ist, die Plattenbauten in der Cäcilien- und Oswaldstraße zu sanieren. Die Fliesen an den Balkonen machen mich regelrecht aggressiv. Wie kann jemand mit einem Sinn für Ästhetik bitteschön zulassen, dass Fliesen an einer Außenfassade montiert werden? Aber was nützt das Schimpfen über Geschehenes? Alles hat seine Zeit und wichtig ist, dass sich hier etwas tut. Die unsanierten Platten sehen doch eher trostlos aus.

Genauso trostlos wie der leerstehende Wohnblock, der an das Gemeindehaus der St. Laurentiusgemeinde in der Witzgallstraße grenzt. An diesem Häuserblock, der in der Riebeckstraße steht, scheint sich lange niemand mehr abgearbeitet zu haben. Die Fenster fehlen, man kann bis in jede Wohnung schauen und man sieht wenig Erfreuliches. Für die Mitglieder der Gemeinde muss der Anblick noch bedrückender sein als für mich, der sich hier nur kurz über Gemeindeaktivitäten informiert.

Ich staune: Für einen Aushang im Schaukasten traute sich jemand an einen Vergleich zwischen 200 Jahre Adolf Kolping und 60 Jahre Volksaufstand, was man hier direkt auf Karl Marx zurückführt. Kontrovers nenne ich es. Es fällt auf, dass die Gemeinde sonst viel für Paare zu bieten hat. Mit dem Slogan “Männer kommen vom Mars, Frauen von der Venus” wird für ein “anregendes Wochenende für die Partnerschaft” geworben. Ganz oben auf der Themenliste steht die Frage: “Was ist das Geheimnis von guter Partnerschaft?” Ich nehme an, das Wochenende wird spontan verlängert werden müssen.

Auch in der Eisträumerei, die eben, kurz nach 13 Uhr, geöffnet hat, bin ich zuvor bezüglich eines Mittagessens nicht fündig geworden. Ich baue nun auf Stötteritz, das ich kurz darauf erreiche. Die letzte Frage, die ich mir in Thonberg stelle, lautet: Seit wann gibt es denn auch einen Discounter in der Stötteritzer Straße?

Die erste Frage, die ich mir in Stötteritz stellen muss, lautet: Wer war eigentlich Dr. Güntz und was hat hier ein Rapunzelturm zu suchen?

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