"Krebs" ist eine Diagnose, die Betroffene und ihre Angehörige oft völlig unerwartet trifft und häufig überfordert. Die Erkrankten sehen sich plötzlich mit vielen Fragen und Problemen konfrontiert, auf die sie keine Antwort haben. Seit 1999 bietet die Krebsberatungsstelle am Uni-Klinikum Leipzig Hilfe und Unterstützung in dieser besonderen Lebenslage.

Die Beratungsstelle für Tumorpatienten und Angehörige wurde 1999 von Prof. Reinhold Schwarz gegründet. Seit 2001 ist Diplompsychologin Antje Lehmann-Laue mit dabei.

“Wir bieten Leipziger Krebspatienten und deren Angehörigen psychologische, soziale und sozialrechtliche Beratung und Unterstützung – und das in allen Phasen der Erkrankung, vor der Diagnosestellung, während der Behandlungen, nach Abschluss der Rehabilitation und manchmal auch bis hin zum Lebensende. Für die Angehörigen oder Hinterbliebenen bieten wir ebenfalls eine Begleitung an”, erklärt die Leiterin der Beratungsstelle.

Breites Angebotsspektrum für Patienten und Angehörige

Das Angebot ist vielfältig und reicht vom Erstgespräch nach der Diagnose über Information und Beratung z. B. bei der Beantragung eines Schwerbehindertenausweises oder einer medizinischen und beruflichen Rehabilitation, psychologischen Gesprächen zur Krankheitsverarbeitung bis hin zur Vermittlung an Kooperationspartner wie lokale Sportgruppen oder Selbsthilfegruppen. Zudem gibt es in der Beratungsstelle ein offenes Atelier mit kunsttherapeutischen Angeboten. “Die Bedürfnisse der Krebserkrankten sind ganz unterschiedlich. Wir übernehmen deshalb auch eine Art Lotsenfunktion. Wir schauen, was die Patienten brauchen, beraten sie und verweisen sie im Bedarfsfall an die entsprechenden Stellen”, sagt Antje Lehmann-Laue. Um den Leidensdruck für die Erkrankten so gering wie möglich zu halten, sei es jedoch ratsam, dass die Betroffenen sich frühzeitig in der Beratungsstelle melden – am besten, sobald sie in ambulanter Behandlung sind.

Das Angebot der Beratungsstelle wird von Beginn an unverändert gut angenommen.

“Mit rund 800 Ratsuchenden im Jahr sind wir sehr gut ausgelastet. Dennoch schaffen wir es, dass Ratsuchenden lange Wartezeiten auf einen Termin bei uns erspart bleiben”, so Antje Lehmann-Laue.

Dabei beobachtet sie heute einen wesentlich offeneren Umgang mit der Krebserkrankung als noch vor zehn, fünfzehn Jahren. “Viele Patienten suchen von sich aus Unterstützung und kommen dann zu uns. Männer tun sich allerdings nach wie vor schwer, die Beratungsstelle aufzusuchen und Hilfe in Anspruch zu nehmen”, stellt die Leiterin der Beratungsstelle fest. Rund 70 Prozent der Ratsuchenden sind Frauen, die meisten davon Brustkrebspatientinnen Ende 50.Langzeitfolgen von Krebs zunehmend im Fokus ambulanter psychosozialer Arbeit

Die mit einer Krebserkrankung einhergehende Problemvielfalt ist hingegen seit Jahren unverändert groß. Der medizinische Fortschritt bringt neue Herausforderungen im Umgang mit an Krebs Erkrankten mit sich. Immer mehr Menschen leben heutzutage über einen sehr langen Zeitraum mit der Erkrankung, manchmal Jahrzehnte. “Die Krebspatienten werden immer älter bzw. erkranken in einem höheren Lebensalter. Gründe dafür sind vor allem eine verbesserte und frühe Diagnostik, aber natürlich auch die besseren multimodalen Behandlungen”, erklärt Prof. Anja Mehnert, Leiterin der Sektion Psychosoziale Onkologie am Universitätsklinikum Leipzig. Mit dem zunehmenden Alter der Patienten gehen jedoch neue Probleme einher, so Mehnert: “Gebrechlichkeit, Einsamkeit, Morbidität – all dies sind nicht nur für die älteren Krebspatienten große Herausforderungen, sondern auch für die Onkologen.”

Zudem sei das längere Überleben nach einer Krebserkrankung mit zahlreichen körperlichen und psychosozialen Folgen verbunden, wie etwa Fatigue, kognitiven Einschränkungen wie z. B. Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsproblemen aber auch psychosozialen Problemen, wie etwa bei der Rückkehr ins Berufsleben. Zusätzlich sind Krebspatienten im Behandlungsverlauf großen psychischen Belastungen ausgesetzt, vor allem Ängsten und Depressionen. “Auch hier gibt es einen hohen Informations- und Unterstützungsbedarf”, betont Prof. Anja Mehnert.

Blick in die Zukunft: Regelfinanzierte Krebsberatung

Die Leipziger Krebsberatungsstelle befindet sich in Trägerschaft und enger Kooperation mit dem Universitätsklinikum Leipzig und der Medizinischen Fakultät. Durch die Angliederung an die Sektion Psychosoziale Onkologie ist sie eng in verschiedene Forschungsprojekte eingebunden.

Nach 15 Jahren blickt die Beratungsstelle auf eine erfolgreiche Arbeit zurück, die bis zum Ende 2016 durch die Deutsche Krebshilfe finanziell unterstützt wird. Eine geregelte Finanzierung, beispielsweise durch Krankenkassen und Rentenversicherungsträger, ist nach wie vor nicht gewährleistet. “Um dem unverändert großen Bedarf nach Beratung und Unterstützung für Krebserkrankte auch künftig gerecht zu werden und weiterhin qualitativ hochwertig arbeiten zu können, muss für unsere Krebsberatungsstelle eine finanziell solide Basis geschaffen werden”, erklärt Beratungsstellenleiterin Antje Lehmann-Laue. Bis es soweit ist, soll das neu gegründete Leipziger Netzwerk für Menschen mit Krebs e.V. helfen, zusätzliche Spendengelder einzuwerben, um die psychosoziale Versorgung in Leipzig zu verbessern.

“Blickwechsel” am Universitätsklinikum: Beeindruckende Ausstellung von Fotografien krebserkrankter FrauenAus Anlass ihres 15-jährigen Bestehens präsentiert die Psychosoziale Beratungsstelle für Tumorpatienten und Angehörige am Universitätsklinikum Leipzig eine Fotoausstellung der besonderen Art. Zu sehen sind Frauenporträts, die im Rahmen des Projektes “Zeig dem Krebs dein schönstes Gesicht” entstanden sind. Am 8. Oktober wurde die Ausstellung eröffnet.

Eine Krebserkrankung bringt viele Veränderungen mit sich. Sie hinterlässt Spuren – innerlich und äußerlich. Doch wie verändert die Erkrankung den Blick auf sich selbst? Wen oder was sieht ein Mensch mit Krebs, wenn er sich im Spiegel betrachtet? Ist das, was er sieht, auch das, was er ist und fühlt? Ist da nur noch die Krankheit oder auch Attraktivität und Freude?

Die Antwort: Es ist alles eine Frage des Blickwinkels. Um diese Überzeugung an krebserkrankte Menschen heranzutragen und sie in einem positiven Selbstbild zu stärken, hatten Schüler der Klasse 12b der Medizinischen Berufsfachschule des Universitätsklinikum Leipzigs im vergangenen Jahr das Projekt “Zeig dem Krebs dein schönstes Gesicht” initiiert und krebserkrankte Menschen zu einem Fotoshooting der besonderen Art ins Gewandhaus eingeladen. An zwei Tagen konnten sich diese dort von Stylisten professionell schminken und frisieren lassen und wurden anschließend im besonderen Ambiente des Konzerthauses fotografiert.

16 krebskranke Frauen waren der Einladung gefolgt. Entstanden sind sehr persönliche und beeindruckende Porträts, von denen eine Auswahl jetzt in den Räumlichkeiten der Psychosozialen Beratungsstelle für Tumorpatienten und Angehörige präsentiert wird.

Die Ausstellung “Blickwechsel” ist bis zum 28. Februar 2015 in der Psychosozialen Beratungsstelle für Tumorpatienten und Angehörige Universitätsklinikum Leipzig (Philipp-Rosenthal-Str. 55, Haus W) zu sehen.

Psychosoziale Beratungsstelle für Tumorpatienten und Angehörige:

Universitätsklinikum Leipzig, Philipp-Rosenthal-Str. 55, 04103 Leipzig, Tel. (0341) 97 15407 bzw. 97 15440, krebsberatung@medizin.uni-leipzig.de

Mit Material des Universitätsklinikums Leipzig.

www.medizin.uni-leipzig.de

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