Gutti getortet! Hahahaaha! Hä? Das könnte man einen klassischen Zielkonflikt nennen. Oder schlicht ein Zeichen für galoppierende Hirnschmelze durchs "24-Stunden-Netzen". Eigentlich hätte die Torten schmeißende "Hedonistische Internationale" einen Aufnahmeantrag für den Gockel dabei haben sollen. Oder wär gleich zu Hause geblieben. Aber eitle Menschen unter sich im hippen Berlin - da konnte man schlecht widerstehen, da musste man hin.

Es scheint eine Gesellschaft in der Gesellschaft zu geben, die geht davon aus, dass nur sie das Netz begriffen und natürlich seine Freiheit zu verteidigen haben. Sie ganz allein, weshalb sie Netzaktivisten heißen und eben jenen Vertretungsanspruch für alle Menschen gleich mit übernehmen, die für das Gute, Wahre und Große in der digitalen Welt streiten. Weshalb auch Abbitte bei Ihnen zu leisten hat, wer die Dinge anders sieht oder gar gefehlt hat.

Und so bloggen sie auf den Plattformen von Branchenriesen Microsoft herum, bestaunen ihren Google-Pagerank, liefern die Nutzerdaten ihrer Netzseiten fleißig nach Amerika, spielen die Vorreiter bei der Möblierung der blauen Räume von Zuckerberghausen und hoffen heimlich oder offen auf Werbeeinnahmen. Oder wenigstens auf ein bisschen Aufmerksamkeit und einen Gastkommentarvertrag beim Spiegel. Selbstverständlich waren sie Alphatester bei Google Plus und besuchen schon von Anfang an die Re Publica. “Find us on Facebook” – boah, wie avantgardistisch und vor allem so frei!

Wehe man sagt etwas, ist gar nicht ihrer Meinung oder schlimmer noch – man ist ein “Feind der Wahrheit”. Dann gibts lustige Aktionen, da werden Menschen halt mal bei einem Treffen mit einem Blog- und Netzaktivisten angegriffen, bloßgestellt und anschließend umgehend nieder kommentiert. Im Netz natürlich, für Rede und Gegenrede standen sie dem Getorteten eher nicht zur Verfügung. Der solls gelassen genommen haben, er kommt ja auch aus alter Familie inklusive Raubritterstammbaum. Da weiß man eben noch um das Mittelalter, als man die Menschen wochenlang am Pranger hielt und jeder noch so dahergelaufene Landstreicher durfte mal mit Pferdedung werfen. Macht man heute nur feiner – mit Coppenrath & Wiese.

Hahaha.

Wie sagte Markus Lanz doch so sinngemäß wie ausnahmsweise mal zutreffend? Den ganzen Tag vor dem Computer – die eine Hand an der Maus und die andere am Sack. Daumen hoch also und ein Bravo für Selbstgerechtigkeit noch hinterher – Guttis Sympathiewerte steigen gerade wieder, wenn er nun selbst kommentiert: “Beim nächsten Mal dann gerne Käsesahne!”

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