Irgendetwas ist hier mächtig schief gelaufen. Wo es noch mit Libyen so gut klappte, eine Flugsicherungszone zu einem Bombardement unter militärischer Unterstützung der Rebellen zu organisieren, ist der Plan diesmal nicht aufgegangen. Denn die Chinesen und Russen können auch rechnen und verfügen über ein Gedächtnis. Doch klappt das mit dem guten alten Schwarz-Weiß-Spiel überhaupt noch?

Für die Großmedien funktionierts. Keine Statements der Russen und Chinesen zu ihrer Entscheidung – nur wildes Gebrüll von der Nordhalbkugel. Böse Zungen nennen so etwas Propaganda.

Denn Assad ist ein böser Schurke. Dumm, dass er ausnahmsweise mal nicht unser Schurke ist. Nach Hussein, Bin Laden, dem Schah und Gaddafi haben die Chinesen und Russen das Prinzip eben nicht nur gelernt, sondern gleich übernommen. Schutz für den Waffenkäufer ist oberstes Gebot und der indirekte Schutz für den Iran hilft die aktuell sehr preiswerte Ölzufuhr offen zu halten.

Die moralische Entrüstung im Angesicht des Vetos der “roten Brüder” gegen eine Möglichkeit in Syrien militärisch zu intervenieren, sollte sich vielleicht gerade die amerikanische Führung zweimal überlegen. Angewidert sei man. Nun, vielleicht hätte man sich vor dem Irakkrieg überlegen sollen, wo man sich moralisch zu verorten gedenkt.

Man sei gehindert, seinen Job zu tun? Olala – da fragt man sich doch worin der Job über die bereits laufenden Waffenlieferungen an die Rebellen hinaus bestehen soll. In ganz Nahost riecht’s nach Krieg, die Syrer und Iraner müssen weg, natürlich wegen einer Atombombe, die aus der Ferne betrachtet so verteufelt an die “Massenvernichtungswaffen” Saddams erinnert. Und wegen der ungehinderten Verschiffung der Öllieferungen durch die Straße von Hormuz brauchts endlich wieder “Stabilität im nahen Osten”.

Als angenehmer Nebeneffekt würde der letzte kleine Vorposten der Russen 20 Jahre nach dem Ende des kalten Krieges in Syrien gleich mit verschwinden und der Weg in den Iran wäre etwas leichter. Termine für einen Angriff auf den Gottesstaat hat man ja schon vereinbart – im Frühling soll es bereits Stahl regnen.

Da helfen immerwährend wiederholte alte Feindbilder vielleicht weiter. Die Chinesen – angebliche Kommunisten – in Wirklichkeit längst die größte und preiswerteste Werkbank für die ganze Welt mit explosionsartig wachsendem Energiehunger. Die bösen Russen – keine Demokratie da, selbstherrliche Herrscher und getürkte Wahlen. Der fiese Assad, dem man überhaupt nichts mehr glauben kann und die Eiferer im Iran, die nach ihren letzten Begegnungen mit amerikanischer Außenpolitik noch weniger glauben können.

Ihnen gegenüber die Amis, die längst ihre Militärmaschinerie in der gesamten Welt stationiert haben und gern mal wieder die Waffenkammern leeren würden. Und die Deutschen mit einem Korruptionsindexplatz 15, einer florierenden Rüstungsindustrie und längst ein heimlicher global player.

Ein Viertel des weltweiten Energieverbrauches liegt in den USA, bei einer Halbierung des Rüstungsetats haben unsere Freunde immer noch mehr Kriegsgerät als der Rest der Welt zusammen und die flächendeckenden Foltergefängnisse vom Krieg “against the terror” sind weiterhin geöffnet.

Da fragt man sich doch langsam, wer hier das größere Problem darstellt. Und was die Chinesen und Russen mit ihrem Nein eventuell im Moment alles noch zu verhindern suchen, während sie auf den ersten Blick gesehen gerade auf dem Rücken einer syrischen Oppositionsbewegung auf ihre Kohle achten. Sonst eher eine Disziplin, in der die westlichen Mächte geschulter sind. Da schlägt die Waage noch jedes Mal zu Ungunsten der Menschen aus, wenn auf der anderen Seite jede Menge Macht und Kohle liegt. Gewogen und für zu leicht befunden – diesmal habens die Chinussen getan.

Nicht lustig sondern zynisch? Seit wann sollte ein längst tobender Krieg um Rohstoffe lustig sein? Wenn wir dann mit dem Öl durch sind, gibts noch die seltenen Erden, Erze, Nahrungsmittel und Trinkwasser, um die man dringend kämpfen muss. Einen Grund, aufeinander einzuschlagen, findet man letztlich immer. Glaubt man Einstein, zur Not mit Knüppeln.

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