Wenn man als Filmkritiker so in den dunklen Saal tritt, kaum Publikum, bis auf das verkümmerte Kollegenpack im Raum und der Vorspann zum neuen Hollywoodhighlight rattert bereits, dann weiß man normalerweise, was einen erwartet. Irgendwer verliert immer den Kopf, es wird hin und her gerannt, ein bisschen Aktion, Blut und Humor, meist noch die übliche Portion "Luke, ich bin Dein Vater" und beim Happy End wird eingepennt. Diese Vorführung hätte ich nie betreten, wenn man mir vorher gesagt hätte, was für ein gnadenloses Grauen auf mich wartet!

Die Mischung aus pastoraler Scheinheiligkeit und Lust am unvorhersehbaren Massaker gerade bei engsten Freunden macht die Hauptperson zum vielleicht grausamsten Killer der Leinwandgeschichte. Wo man Freddy noch durch Schlaflosigkeit von der Schippe hüpfen konnte, ist hier das Entkommen letztlich unmöglich. Immer sind die Opfer von geradezu berückender Schuld, so dass die Meuchelei fast einem Gottesurteil gleichkommt.

Im neuen Streifen aus der Reihe “Vollstes Vertrauen” von Mortalino Enterprises wartet die Hauptfigur einer Spinne gleich immer nah beim Opfer. Bis dieses, in die eigenen Widersprüche unrettbar verwickelt, schlaff herumhängt, um schnell und geräuschlos geschlachtet zu werden.

Beklemmend vor allem eine, nun sagen wir ruhig die Schlüsselszene in einem abgelegenen Wirtshaus, in welcher die Mörderin mit einer langen Gabel erst langsam die letzten Fleischreste von einem frisch gegrillten Warzenschwein pult, um anschließend ansatzlos die kurze Distanz zwischen sich und einem für die Handlung vollkommen nebensächlichen Mitesser zu überwinden und zuzuschlagen. Oder besser zuzustechen – auch der Anblick des nachvibrierenden Esswerkzeuges im aufgerissenen Auge des waidwund zusammenbrechenden Zaungastes bleibt dem fassungslosen Zuschauer nicht erspart!

Hier zeigt die Regisseurin und Hauptdarstellerin in Personalunion ihre ganze Kunst der Körpersprache. Eben noch einer eingesunkenen verkümmerten Witwe gleich und nach einem Wimpernschlag schon gnaden- wie sinnlos zuschlagende Raubkatze. Vielleicht einer der Momente im Film, der in der Wahllosigkeit der Opfer an den ersten Teil “Vollstes Vertrauen 1” gemahnt, als das Töten noch scheinbar Selbstzweck war.

Doch welchem inneren Zwang folgt die grausame Pastorentochter im fünften und sicher nicht letzten Teil der Metzelsaga eigentlich? Wo noch links und rechts am Wegesrand die Leichenberge wachsen, schreitet oder besser huscht das diabolische Geschöpf unbeirrt einen matt erleuchteten Waldweg entlang.

Soviel sei verraten – in diesem Teil gibt es zur Abwechslung auch mal eine aufwändig gedrehte Kreuzigung und das Vieh, wie die Killerin spätestens nach dem zweiten Teil von ihren Fans liebevoll genannt wird, kann erneut entkommen.

Auch wenn es diesmal ohne die Verabschiedung von einer langjährigen Weggefährtin nicht gelingen könnte … Fazit: Nichts für schwache Nerven, der Zugang ist ab 18 Jahre frei und kein Happy End in Sicht.
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