Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat mit Anklageschrift vom 27. Februar 2013 gegen vier ehemalige Vorstände der vormaligen Sachsen LB Anklage zum Landgericht Leipzig - Wirtschaftsstrafkammer - wegen der Tatvorwürfe der Untreue im besonders schweren Fall (§ 266 StGB) und der unrichtigen Darstellung (§§ 331, 340m HGB) erhoben. Das teilen Staatsanwaltschaft und Bundeskriminalamt per heutigen 18. März mit.

Gegen die Angeschuldigten besteht nach Aktenlage der hinreichende Verdacht, sie hätten ab der zweiten Hälfte des Jahres 2006 bis August 2007 über in Irland und in den USA gegründete und von der Sachsen LB Europe plc (eine 100%ige Tochtergesellschaft der Sachsen LB) gemanagte Zweckgesellschaften außerhalb der Bilanz kapitalmarktorientierte Finanzgeschäfte (verschieden strukturierte Fristentransformationsmodelle) betrieben, die vom Umfang der Engagements und den daraus abgeleiteten Risikogewichten in keinem Verhältnis zur Kapitalausstattung und den Refinanzierungsmöglichkeiten der bundesweit kleinsten Landesbank in Sachsen standen.

Die Zweckgesellschaften selbst (u.a. Ormond Quay Fundinig plc, Georges Quay Funding I Ltd.) waren jeweils nur mit geringen Eigenmitteln ausgestattet. Damit verletzten die Angeschuldigten nach den Ermittlungsergebnissen nicht nur – wie bereits vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof im Urteil vom 28. August 2009 festgestellt – den damals der Sachsen LB gesetzlich vorgegebenen öffentlichen Bankauftrag nach § 34 des Gesetzes über die öffentlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe (GörK).

Es besteht auch der Verdacht, dass die Engagements wegen der vertraglich begründeten (garantieähnlichen) Einstandspflichten bereits im Frühjahr 2007 zu unvertretbaren, spezifisch den Bestand der Bank gefährdenden Risiken geführt hatten. Bereits begrenzte Marktverwerfungen im Juli/ August 2007 vor dem eigentlichen Ausbruch der sogenannten Finanzkrise führten zum Zusammenbruch des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts, da im Ergebnis nicht beherrschbare Konzentrationsrisiken aus RMBS (durch private Wohnimmobilien besicherte Wertpapiere) bezogen auf ein Referenzvolumen über 23,898 Milliarden Euro und aus CMBS (durch Gewerbe- und Mehrfamilienimmobilien besicherte Wertpapiere) bezogen auf ein Referenzvolumen über 8,188 Milliarden Euro aufgebaut worden waren.

Die Ermittlungsergebnisse vermitteln das Bild, dass die von der Bank übernommenen, ab Ende 2006/ Anfang 2007 spezifisch erhöhten Marktpreis- und Refinanzierungsrisiken gegenüber den Überwachungsorganen, den Anteilseignern und der Bankenaufsicht nicht offen kommuniziert, vielmehr in den Jahresabschlüssen unrichtig dargestellt wurden. Hinreichend sicher haben die Ermittlungen weitere gravierende Pflichtverletzungen, insbesondere das Fehlen eines dem Engagementumfang angemessenen und gesetzlich in § 25a des Kreditwesengesetzes vorgeschriebenen Risikomanagements, aufgedeckt.

Die Pflichtverletzungen haben nach Auffassung der Staatsanwaltschaft bei einer Gesamtschau zu strafrechtlich relevanten Schäden im dreistelligen Millionenbereich geführt.

Den Angeschuldigten wird in der Anklageschrift weiterhin zur Last gelegt, in den Jahresabschlüssen und Lageberichten der Sachsen LB und des Sachsen LB-Konzerns für die Geschäftsjahre 2005 und 2006 die Verpflichtungen und Erträge aus den beschriebenen Geschäftsbeziehungen der Sachen LB bzw. des Sachsen LB-Konzerns zu den Zweckgesellschaften Ormond Quay und Georges Quay nur unvollständig und damit unrichtig dargestellt zu haben.

Dem Landgericht werden mit der fast 600 Seiten umfassenden Anklageschrift über 900 Leitzordner Straf- und Beiakten vorgelegt. Im Zuge der Ermittlungen wurden von den Beamten des Bundeskriminalamtes und den Staatsanwälten weit über 6.000 Leitzordner sichergestellte Geschäftsunterlagen und über 1.000 Terrabyte digitale Daten gesichtet und ausgewertet. Darüber hinaus mussten rund 150 Zeugen (auch in Irland) vernommen und befragt sowie im Zeitraum vom Februar 2011 bis September 2012 zwei Gutachten eingeholt werden.

Die Ermittlungen gegen einen weiteren ehemaligen Vorstand der vormaligen Sachsen LB dauern noch an.

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