Von Jakob Illner: An die Polizistinnen und Polizisten die als solche an der LEGIDA Demo am 20.04.2015 teilgenommen haben. Ich sehe mich selbst noch nicht lange als Teil der linken Szene oder gar Antifa. Seit aber wöchentlich Leute durch Leipzig laufen und gegen Flüchtlinge hetzen, stehe auch ich regelmäßig auf der Straße um diesem Fremdenhass keinen Raum zu bieten. Die Ereignisse und Begegnungen zwischen den Gegendemonstranten und der Polizei ähneln sich seit Anfang an, allerdings wurde meiner Meinung nach bei der Demo am 20.04.2015 eine völlig neue Stufe der Gewalt erreicht.

Ich kam knapp zu spät an als die Sitzblockade vor dem neuen Rathaus geräumt wurde. Auf dem Weg dorthin sah ich allerdings schon, wie ein junger Mann von zwei Polizisten über die Straße geschleift und völlig zerschürft auf der Bürgersteig geschmissen und anschließend noch einmal geschlagen wurde. Als ich am neuen Rathaus ankam, drängte die Polizei schon unter Anwendung von Gewalt die Demonstranten von der Kreuzung. Mir kamen einige blutende und etliche offensichtlich mit Pfefferspray verletzte Demonstranten entgegen.

Zwei Demonstranten mussten von Sanitätern versorgt und mitgenommen werden, da sie offenbar schwerer verletzt wurden. Nachdem sich die Situation beruhigt hatte und alle Demonstranten auf dem kleinen Grasstück vor dem neuen Rathaus zusammengedrängt waren, unter denen ich mich nun auch befand, gab es in vorderster Linie einen kleinen Disput zwischen einem Polizisten und einem Demonstranten, welchen ich aufgrund der Entfernung akustisch nicht verstehen konnte.

Dieser gipfelte darin, dass der Polizist seine Stimme erhob und in die Demonstranten schrie „Ihr seid alle Verbrecher!“ was natürlich nicht unbedingt zur Beruhigung der Situation beitrug. Anschließend beruhigte sich jedoch alles wieder und wir warteten auf den Zug der LEGIDA Demo.

Plötzlich kam, warum auch immer, ein kleiner Trupp von etwa fünf LEGIDA Teilnehmer zwischen der Polizei auf der anderen Straßenseite heraus und ging Richtung Wilhelm-Leuschner-Platz. Als ich realisierte was dort passierte, war schon ein Gegendemonstrant bei diesem Trupp angelangt und schrie, dass er hier keine Nazis haben wolle. Einer der LEGIDA Teilnehmer schubste ihn heftig. Die zugeeilten Polizisten interessierte das offenbar nicht und so beschränkten sie sich darauf, die übrigen Gegendemonstranten zu schubsen und zu schlagen, während die LEGIDA Teilnehmer unter Gegröle und gelegentlichen Hitlergrüßen abzogen, selbstverständlich ungeahndet der Polizei.

Im Demoticker war fortan ständig zu lesen, dass im Zentrum der Stadt Menschen von Nazigrüppchen verfolgt und angegriffen werden während die Polizei untätig blieb. Ich habe den Aufruf zur Gewalt im Internet auch gelesen, ich bezweifle allerdings, dass dieser wirklich von den Linksautonomen stammt. Doch selbst wenn es so wäre, dieses Vorgehen ist nicht damit zu rechtfertigen, dass eventuell irgendjemand irgendetwas gegen die Polizei unternehmen wolle. Falls jemand einen solchen Plan gehabt hätte, dann ganz sicher nicht aus einer friedlichen Sitzblockade heraus.

Ich habe einen fünfjährigen Neffen, er liebt die Polizei. Er erzählt mir immer Geschichten, dass die Polizisten uns beschützen und die Bösen verjagen. Früher war ich dem allen neutral gegenüber. Ich hab mich sicher gefühlt, wenn ich die Polizei irgendwo gesehen habe. Nach gestern ist dieses Gefühl der Sicherheit vollständig verschwunden. Ich verspüre jedes Mal wenn ich einen Polizisten sehe Angst und Wut. Und ich weiß wirklich nicht mehr wie ich meinen Kindern erklären soll, dass die Polizisten die guten sind.

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