Unternehmen, Lobbyverbände und wohlhabende Privatpersonen haben nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen im Wahljahr 2013 mehr als zwei Millionen Euro Parteispenden an Union und SPD verschleiert. Allein die CDU erhielt 1,5 Millionen Euro an bislang unbekannten Großspenden, wie die Transparenzorganisation am Dienstag mitteilte. Ein Drittel davon stammt aus dem Umfeld der Deutschen Vermögensberatung AG, die enge Verbindungen zur Union unterhält.

abgeordnetenwatch.de-Sprecher Martin Reyher kritisierte die bestehenden Regeln als vollkommen unzureichend. “Konzerne, Lobbyverbände und wohlhabende Unternehmer können sich durch Stückelung von hohen Geldbeträgen jahrelang der Öffentlichkeit entziehen”, so Reyher. “Ob ihre Großspenden im zeitlichen Zusammenhang mit politischen Entscheidungen stehen, kann niemand unmittelbar nachprüfen.” Die Spenden aus dem Wahljahr 2013 waren erst am vergangenen Freitag durch Bundestagspräsident Norbert Lammert veröffentlicht worden.

Möglich ist die Umgehung der Veröffentlichungspflichten durch die Aufteilung einer Spende in mehrere Teilzahlungen, die jede für sich genommen unter der Veröffentlichungsgrenze von 50.000 Euro liegt, was nicht gegen das Parteiengesetz verstößt. Auf diese Weise müssen auch hohe Gesamtbeträge von den Parteien erst sehr viel später in den Rechenschaftsberichten angegeben werden. Diese erscheinen unter Umständen erst zwei Jahre nach der erfolgten Spende.

Als Beispiel für die Stückelung großer Summen nennt abgeordnetenwatch.de u. a. die Zuwendungen aus dem Umfeld der Deutschen Vermögensberatung AG. Über ein Firmengeflecht um den 2014 verstorbenen DVAG-Gründer Reinfried Pohl sowie aus dessen Privatkasse flossen im Wahljahr 2013 Zuwendungen von insgesamt 493.000 Euro an die Christdemokraten. Dies war bis zur Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte am vergangenen Freitag nicht bekannt gewesen.

Die DVAG ist der Union personell eng verbunden: Aufsichtsratschef ist der frühere Kanzleramtschef Friedrich Bohl, dem Unternehmensbeirat gehören Altkanzler Helmut Kohl, Ex-Finanzminister Theo Waigel, die frühere Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth sowie der ehemalige Ministerpräsident Bernhard Vogel an. Der heutige CDU-Generalsekretär Peter Tauber war vor seinem Einzug in den Deutschen Bundestag als Pressesprecher der Deutschen Vermögensberatung AG tätig.

Ebenfalls unbekannt waren bislang Großspenden u.a. vom Verein der Bayerischen Chemischen Industrie (149.000 Euro an die CSU) sowie von den Privatpersonen Ann Kathrin Linsenhoff (110.000 Euro), Christoph Kahl (108.230 Euro) und Arend Oetker (104.000 Euro), jeweils an die CDU.

abgeordnetenwatch.de forderte die Parteien auf, das Parteiengesetz zu reformieren und künftig sämtliche Parteispenden zeitnah zu veröffentlichen. “Wir müssen ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind. Das schaffen wir nur durch mehr Transparenz und strenge Spendenregelungen,” so abgeordnetenwatch.de-Sprecher Martin Reyher.

Die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de forderte, die derzeitige Veröffentlichungsgrenze von 50.000 auf 10.000 Euro zu senken, ab der eine Parteispende zeitnah im Internet veröffentlicht werden muss.

Außerdem müssten Zuwendungen von Unternehmen und Lobbyverbänden an politische Parteien ganz verboten werden. “In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen”, so Reyher.

Eine von abgeordnetenwatch.de gestartete Internetpetition “Lobbyistenspenden an Parteien verbieten!” wurde bis Dienstagmorgen von 18.579 Menschen unterzeichnet:
https://www.abgeordnetenwatch.de/petitionen/unternehmensspenden-verbieten

Detaillierte Informationen zu den gestückelten Parteispenden aus dem Wahljahr 2013:
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2015-03-29/unternehmen-und-privatpersonen-verschleierten-im-wahljahr-2013-zwei-mio-euro

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