Typische Stadtvögel nehmen ab, aber die Artenvielfalt in Gärten und Parks steigt. Das ist die zentrale Erkenntnis der elften Ausgabe der "Stunde der Gartenvögel". Für die gemeinsame Aktion der NAJU, des NABU und seines bayerischen Partners, dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), beobachteten und registrierten mehr als 47.000 Teilnehmer deutschlandweit eine Stunde lang die Vögel in Gärten und Parks.

“Auch die Zahl sächsischer Vogelfreunde wuchs weiter. Aus fast 1.500 Gärten meldeten sie 56.000 Vögel von insgesamt 123 Arten.”, so Ina Ebert vom NABU Sachsen. Bei insgesamt mehr als einer Million gemeldeten Vögeln landet wie in den Vorjahren der Haussperling auf Platz eins der häufigsten Gartenvögel. In Sachsen folgen ihm Star, Amsel, Feldsperling, Kohlmeise und Blaumeise, Mauersegler, Elster, Ringeltaube und Grünfink.

Durch die NABU-Mitmachaktion ist es möglich, zuverlässige und deutschlandweit flächendeckende Zahlen zur Bestandsentwicklung von Vogelarten in Städten und Dörfern zu sammeln. Der wichtigste Vergleichswert ist dabei die durchschnittliche Zahl der pro Garten gemeldeten Tiere einer Art. In Sachsen nahmen die Sichtungen des Haussperlings in diesem Jahr beispielsweise um 11 Prozent ab. Er ist in Sachsen mit 150.000 bis 300.000 Brutpaaren der zweithäufigste Brutvogel und häufigster Brutvogel vieler Städte und ländlicher Siedlungen. Die anhaltende Beeinträchtigung seiner Existenzbedingungen – Rückgang der Brutplätze und der Nahrungsressourcen –  erfordert inzwischen seine Einstufung in die Vorwarnliste, zu lesen im Brutvogelatlas von Sachsen.

Die Ergebnisse der “Stunde der Gartenvögel” bieten zudem Vergleichsmöglichkeiten mit den Vorjahren sowie zwischen den Vogelarten und den verschiedenen Regionen des Landes. “Interessant sind vor allem die Erkenntnisse zu den Zu- und Abnahmen der verschiedenen Vogelarten seit Beginn der Aktion. Sorgen bereitet uns die Tatsache, dass fünf der 13 häufigsten Gartenvogelarten stetig abnehmen und nur eine Art zunimmt”, so Lars Lachmann, NABU-Vogelschutzexperte.

Trotz der Rückgänge bei den häufigsten Gartenvogelarten nimmt die Zahl der pro Garten gemeldeten Tiere zu: In diesem Jahr wurde mit 11,4 Vogelarten pro Garten ein neuer Rekordwert erreicht. “Immer mehr Vogelarten passen sich an den Lebensraum Stadt an und besiedeln Gärten und Parks. Dadurch steigt dort die Artenvielfalt, obwohl die typischen Stadtvögel, die in Siedlungen brüten, besorgniserregend zurückgehen”, erklärt Lachmann. Seit Beginn der Aktion im Jahr 2005 haben beispielsweise Feldsperlinge und Ringeltauben in deutschen Gärten stetig zugenommen und belegen in diesem Jahr Platz 6 und 7. Beide Arten haben sich in den letzten Jahren einen Stammplatz in den Top Ten erobert. “Die Zunahme der Vielfalt im Siedlungsraum steht im starken Gegensatz zur Abnahme in der Agrarlandschaft. Dies unterstreicht die wachsende Bedeutung unserer Gärten und Parks als Rückzugsgebiete für die Natur”, so Lachmann.

Viele Vogelarten zählen zu den Verlierern, besonders betroffen sind Mehlschwalben und Mauersegler. Sie leiden unter dem starken Rückgang von Insekten. Von den zahlreichen Vogelfütterungen in den Gärten profitieren diese Arten kaum. Der Verlust von Gebäudenischen bei Renovierungen oder sogar die mutwillige Entfernung ihrer Nester von der Hausfassade beschleunigt ihr Verschwinden zusätzlich. Das neue Projekt “Schwalben willkommen” im NABU Sachsen, das der Regionalverband in Leipzig startete, informiert Bürger über die Bedürfnisse dieser Arten und Möglichkeiten, ihnen zu helfen. Mit der Plakette “Hier sind Schwalben willkommen” zeichnen sie Naturfreunde aus, die sich an ihrem Gebäude für den Schwalbenschutz einsetzen.

Eine besondere Premiere, die “Schulstunde der Gartenvögel”, bereicherte die diesjährige “Stunde der Gartenvögel”. Kinder lernten bei der Gartenvogel-Rallye der NAJU heimische Vögel und deren Lebensraum spielerisch kennen. Über 200 Kindergruppen und Schulklassen folgten dem Aufruf von NAJU und NABU und zählten eine Stunde lang Vögel auf dem Schulhof, im Garten oder Park. Fast 3000 Kinder stellten so ihre Artenkenntnisse unter Beweis und trugen dazu bei, ein möglichst genaues Bild von der heimischen Vogelwelt in unseren Dörfern und Städten zu erhalten.

Der NABU Sachsen bedankt sich bei allen 2.448 sächsischen Teilnehmern und lädt schon zur nächsten großen Vogelzählung ein: “Stunde der Wintervögel” vom 8. bis 10. Januar 2016.

Die Ergebnisse der diesjährigen Aktion können online unter http://www.stunde-der-gartenvoegel.de angesehen und mit denen früherer Jahre verglichen werden. Interaktive Karten stellen dar, wie sich eine Vogelart beispielsweise im Bundesland Sachsen, in sächsischen Großstädten oder in ausgesuchten Landkreisen wie im Leipziger Land, im Erzgebirgskreis und in Mittelsachsen entwickelt hat.

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