Nach Beschluss durch den Bundestag am gestrigen Tag hat das so genannte Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz heute den Bundesrat passiert. Das Gesetz soll am 01.11.2015 inkraft treten. Dazu erklärt Juliane Nagel, Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: Heute wurde im Bundesrat die drastischste Asylrechtsverschärfung seit zwei Jahrzehnten beschlossen. Die sächsische SPD hat sich dabei zum willfährigen Helfer der CDU gemacht."

“Das Gesetz sieht zahlreiche Maßnahmen zur Diskriminierung und Ausgrenzung von Geflüchteten vor. Die SPD, deren Bundes-Generalsekretärin noch vor kurzem bekundete, dass eine Asylverschärfung mit der SPD nicht zu machen sei, bestärkt mit ihrer Zustimmung zu diesem Gesetz die gerade in Sachsen schwelenden aggressiven Bewegungen gegen Asylsuchende. Völlig zu Recht spricht Pro Asyl mit Blick auf das Gesetz von der Orbanisierung der Flüchtlingspolitik.

Das Gesetz sieht u. a. vor die Verweildauer von Asylsuchenden in Erstaufnahmeeinrichtungen von derzeit 3 auf 6 Monate zu verlängern. Dies wird die Problemlagen und Konflikte in den zahlreichen Interims auch in Sachsen verschärfen. Die vor einem Jahr von den Grünen erkaufte Verkürzung der Fristen zur Arbeitsaufnahme und zur Aussetzung der Residenzpflicht werden damit wieder über den Haufen geworfen. Die im Gesetz vorgesehene Rückkehr zu Sachleistungen ist aus Sicht der Linken und zahlreicher NGO verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 geurteilt, dass die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativierbar ist. Genau dies soll mit der Neuregelung allerdings passieren: Menschen sollen ausgehungert werden, damit sie das Land schnell wieder verlassen.

Statt für Geduldete eine Bleibeperspektive zu entwickeln, sieht die neue Asylrechtsverschärfung generelle Arbeitsverbote vor. Dies betrifft auch Asylsuchende aus den so genannten sicheren Herkunftsstaaten. Kein Staat kann per se als “sicher” deklariert werden. Dies trifft auch auf die drei Westbalkanstaaten zu, die mit dem neuen Gesetz dazu gemacht wurden. In den nunmehr sechs als “sicher” deklarierten Westbalkanstaaten ist eine fragile rechtsstaatliche Situation festzustellen, vor allem aber werden Angehörige der Roma-Minderheit dort systematisch diskriminiert und von gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt.

Nicht zuletzt ist der Titel des Gesetzes “Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz” irreführend, denn die eigentlichen Probleme – den Mangel an menschenwürdigen Unterkünften zur Erstaufnahme und die Beschleunigung von Asylverfahren – werden mit dem Paket nicht angegangen. Die vom Bund getroffenen notwendigen Finanzzusagen für Länder und Kommunen hätten auch ohne die schwerwiegenden Eingriffe in Menschenrechte erfolgen können.

Das Gesetz wird das Leid von Asylsuchenden vergrößern. Die Ansätze für bessere Integration sind zu unkonkret, als dass sie das Negative aufwiegen könnten. Das Gesetz ist nicht zuletzt ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich seit Monaten mit ganzem Einsatz für die Belange von Geflüchteten einsetzen.

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Artikel 16 a GG

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

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