Der erste Patient ist schon da: Er ist 43 Jahre alt, wurde wegen einer Darmkrebserkrankung operiert und seine Großmutter soll an Krebs gestorben sein. Nun will Zentrum für erblichen Darmkrebs, frisch gegründet am Leipziger Universitätsklinikum, ermitteln, ob er an einer erblichen Erkrankung litt. Denn das ist nicht nur für ihn, sondern auch für seine Geschwister und seine Kinder wichtig.

„In unserem Zentrum für erblichen Darmkrebs werden Viszeralchirurgie, Humangenetik, Gastroenterologie und Onkologie Hand in Hand zusammenarbeiten, um betroffene Personen möglichst früh zu finden“, so Prof. Dr. Ines Gockel, die die Viszeralchirurgie leitet. „Dafür erarbeiten wir interdisziplinär ein einheitliches diagnostisches Vorgehen: Welche Untersuchungen sind bei welchen Voraussetzungen nötig? Denn einerseits behandeln Gastroenterologen Patienten, die zwar noch keinen Darmkrebs haben, aber eine Beratung wegen Krebserkrankung eines Familienangehörigen suchen.  Andererseits kommen zu uns in die Chirurgie Patienten, bei denen die Krebserkrankung schon ausgebrochen ist.“

Die große Herausforderung für das neue Zentrum für erblichen Darmkrebs wird also sein, die Antwort auf die Frage zu finden: Wie gelingt es, alle gefährdeten Patienten zu identifizieren? Dafür wurden bei der konstituierenden Sitzung des Zentrums erste Rahmen gesteckt: Darmkrebs-Patienten, die unter 45 Jahre alt sind und alle mit mehr als einem Tumor, diese werden genauer unter die Lupe genommen.

„Wenn die Patienten bestimmte Testkriterien erfüllen, erfolgen molekularpathologische und zuletzt auch molekulargenetische Untersuchungen“, erläutert Prof. Dr. Johannes Lemke, Leiter des Instituts für Humangenetik. „Mit der Panel-Diagnostik haben wir eine Methodik, die uns aufzuklären hilft, ob eine Erkrankung eine genetische Ursache hat. Daraus erwächst dann die Chance, weiteren Familienmitgliedern eine zielgerichtete Untersuchung anbieten zu können.“

Bei der ersten Sitzung diskutierten die vier medizinischen Fachdisziplinen, welche Abläufe wichtig sind. Natürlich braucht es eine Dokumentation und eine zentrale Schaltstelle. Vorerst stellt das zertifizierte Zentrum für Darmkrebs am UKL den organisatorischen Rahmen, und es werden Viszeralchirurgie, Gastroenterologie und Onkologie bei ihren Patienten spezielle Kriterien erfragen, auf auffällige Krankengeschichten achten und diese dann zusammenführen. So wie mit dem Patienten Nr. 1 des Zentrums für erblichen Darmkrebs, der dann im Mittelpunkt der ersten interdisziplinären Sprechstunde stand. Das Ziel aber brachte der Viszeralchirurg Dr. Boris Jansen-Winkeln auf den Punkt: „So gut wir bei unserer Zusammenarbeit sind: Wir müssen Automatismen entwickeln, damit uns keiner durchs Raster fällt.“

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar