Der mit 47 Tagen längste Arbeitskampf der IG Metall in Ostdeutschland, der im Sommer 2018 die internationale Automobilindustrie erschütterte, stand bei der Betriebsrätekonferenz Ost noch einmal im Rampenlicht: Die IG Metall ehrte den erfolgreichen Einsatz der Kolleginnen und Kollegen bei Halberg Guss in Leipzig als Lehrstück in Sachen Solidarität, Mut, Kampfeswillen und Durchhaltevermögen mit dem Preis „Gemeinsam.Engagiert.Mutig. Für eine gute Zukunft.“

Die Auszeichnung für besonderes und herausragendes Engagement zur Stärkung von Respekt, Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit in Betrieben und Gesellschaft haben die 700 Kumpels der ehemaligen NHG mehr als verdient, betonte Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig: „Es war ein scheinbar aussichtsloser Kampf David gegen Goliath. Doch die Kumpels in Leipzig haben mit ihrem Kampfeswillen das Unmögliche möglich gemacht. In konsequenter Einigkeit mit dem Schwesterbetrieb in Saarbrücken verhinderten sie die Schließung beider Standorte. Damit erkämpften sie Perspektiven für insgesamt 2.200 Beschäftigte und ihre Familien. Dieser erste gemeinsame Ost-West-Streik und längste in den neuen Bundesländern ist ein Musterbeispiel dafür, was gut organisierte Belegschaften erreichen können. Die Kolleginnen und Kollegen des Gusswerks Leipzig verdienen unseren größten Respekt.“

Nicht zuletzt sei es den Leipzigern auch um ihre Würde gegangen, die sie erfolgreich verteidigten, so Kruppa.

„Der Kampf der Leipziger wurde stellvertretend für alle Beschäftigten in Ostdeutschland geführt. Sie haben sich nicht zum Spielball von mächtigen Kapitalinteressen machen lassen und sich mit dem legitimen Mittel des Streiks gegen die Zumutungen des Systems der Profitmaximierung wirkungsvoll gewehrt“, sagte Olivier Höbel, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen.

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, überreichte den Preis stellvertretend für die Leipziger Belegschaft an den Betriebsratsvorsitzenden Thomas Jürs, seinen Stellvertreter Frank Eberhardt und Betriebsrat Thomas Karnik. Aus dem Gusswerk am Standort Saarbrücken waren Betriebsrat Andreas Weissmann und Vertrauensmann Björn Rosenberger angereist. Eigentlich wird der Betriebsrätepreis Ost nur an ostdeutsche Kolleginnen und Kollegen vergeben. Doch die Jury entschied in diesem besonderen Fall, auch die Saarbrücker zu ehren.

Hinter dem Erfolg in diesem Arbeitskampf steckte ein gigantischer Durchhaltewillen, Mut, Kreativität und Kampfbereitschaft, eine hohe Disziplin auch bei unkonventionellen Streikformen, eine große Unterstützung aus Betrieben und Geschäftsstellen in den Regionen, von Kirchen, Verbänden und aus der Politik. Und nicht zuletzt eine Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, ohne die es nicht gelungen wäre, die Verantwortung für das Desaster dem ,Eigentümer‘ zuzuschreiben, hieß es in der Laudatio.

Darüber hinaus durchbrachen die Halberg-Beschäftigten mit ihrem fast siebenwöchigen Streik auch die Spur „verbrannter Erde“, die der damalige Eigner, die Prevent-Gruppe, in Deutschland und Europa durch Ankäufe und wenig spätere Schließung von Unternehmen gezogen hatte.

Mittlerweile hat ein neuer Investor die traditionsreiche Gießerei im Leipziger Arbeiterviertel Leutzsch übernommen und arbeitet gemeinsam mit dem Betriebsrat an einem Zukunftskonzept.

Streik bei Neue Halberg Guss gegen Prevent und VW: David gegen zweimal Goliath + Video

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Wie Halberg Guss zum Opfer zweier Branchenriesen wurde

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