In einer außergewöhnlichen Aktion des amtlichen deutschen Vermessungswesens werden in diesen Wochen die vermessungstechnischen Grundlagen für ganz Deutschland erneuert. Dazu arbeiten Messtrupps der Landesvermessungsämter und des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG) im gesamten Bundesgebiet, von der Küste bis zu den Alpen.

Ihr Auftrag: eine vollständige dreidimensionale, millimetergenaue Überprüfung von 250 grundlegenden Vermessungspunkten Deutschlands. Der Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen (GeoSN) beteiligt sich mit zwei Vermessungstrupps an dieser Messkampagne.

Die insgesamt 35 hochmodern ausgerüsteten Vermessungstrupps führen seit dieser Woche und noch bis zum 15. Juli 2021 in der gesamten Bundesrepublik Langzeit-Vermessungen mit Hilfe von Satelliten durch – jeweils 24 Stunden lang, auch während der Nacht. Dabei werden die Signale von drei Satellitennavigationssystemen gleichzeitig genutzt. Dies sind das amerikanische GPS, das russische GLONASS und das europäische Galileo. Die Messkampagne wird für alle Bundesländer zentral koordiniert.

Mit der Vermessungsaktion werden die im Jahr 2008 in Deutschland geschaffenen hochgenauen 250 geodätischen Grundnetzpunkte überprüft. »Das geodätische Grundnetz ist die Voraussetzung für sehr präzise Ortsbestimmungen im Millimeterbereich. Es erlaubt solche Genauigkeit selbst bei einer Vermessung von Aachen nach Görlitz, also über hunderte Kilometer«, so Staatsminister Thomas Schmidt.

„Das Grundnetz ist für viele Bereiche der modernen Wirtschaft, Verwaltung und Forschung von großer Bedeutung. Dazu gehören beispielsweise das autonome Fahren, der Hochwasserschutz, die Klimawandelforschung und die Erfassung von Veränderungen der Erdoberfläche, die durch natürliche Prozesse entstehen, aber auch durch menschliche Eingriffe, wie Straßen, Wasser- oder Bergbau.“

Im Freistaat Sachsen befinden sich 16 geodätische Grundnetzpunkte des bundesweiten Rahmennetzes. An ihrer Bestimmung innerhalb der Messkampagne sind elf Messtrupps aus mehreren Bundesländern und des BKG beteiligt. Die sächsischen Messtrupps sind ebenfalls in den anderen Bundesländern unterwegs.

Die ersten grundlegenden Vermessungen Deutschlands fanden bereits im 19. Jahrhundert statt. Der berühmte sächsische Vermesser Christian August Nagel (1821 – 1903) war einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Was damals Jahrzehnte dauerte, ist heute jedoch dank der Satelliten, Instrumente und Vermessungsexperten in wesentlich kürzeren Zeiträumen und mit einer deutlich höheren Genauigkeit realisierbar. Dabei lassen sich europa- und weltweit einheitliche Koordinaten messtechnisch bestimmen und die geodätischen Grundlagen aller Länder leicht miteinander vernetzen.

Wenn die Vermessungstrupps ihre Messungen vor Ort Mitte Juli beendet haben, ist die Arbeit aber noch nicht beendet. Die gesammelten Daten müssen dann in tagelangen Berechnungen auf Hochleistungscomputern ausgewertet werden. Ergebnis sind dann hochgenaue Koordinaten in geographischer Breite, Länge und Höhe, die Erkenntnisse über die Stabilität der Punkte und über Bodenbewegungen innerhalb Deutschlands liefern. Diese Ergebnisse werden dann in Sachsen in Forschung und Praxis verschiedener Themengebiete genutzt.

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar