Der Koalitionsausschuss von CDU, Grünen und SPD berät heute über den „Leitfaden Rückführungspraxis“. Dessen Erstellung hatten die Kenia-Parteien mit dem Koalitionsvertrag vereinbart; die Debatte gewann aufgrund zahlreicher grundrechtswidriger Abschiebungen an Fahrt. Die Linksfraktion hatte im Juli 2021 einen Gegenentwurf vorgelegt und eine Bleiberechtsoffensive gefordert (Drucksache 7/7155).

Dazu wird der Innenausschuss im Dezember Sachverständige anhören. Juliane Nagel, Sprecherin für Migrations- und Flüchtlingspolitik, kommentiert:

„Was wir über den Inhalt des Rückführungsleitfadens wissen, bleibt weit hinter den Forderungen der kleineren Koalitionsparteien zurück. Das zeigt: Mit der CDU ist eine humanistisch orientierte Politik nicht zu machen. Nicht einmal Nachtabschiebungen sollen komplett ausgeschlossen werden, genauso wenig wie Abholungen vom Arbeitsplatz. Dass die Betroffenen ausreichend Zeit zum Packen ihres Gepäcks bekommen sollen, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Diese avisierte Regelung ist zumindest ein indirektes Eingeständnis der bisherigen menschenfeindlichen Abschiebepraxis.

Statt wenigstens einen Abschiebestopp für Familien zu verhängen, sollen auch Familientrennungen nach dem Entwurf des Innenministeriums nicht komplett ausgeschlossen werden. Das ist ein Armutszeugnis, schaut man sich vergangene Fälle wie die brutale Trennung der gut integrierten Familie Pareulidze aus Meissen an, bei der die Mutter mit fünf Kinder nach Georgien abgeschoben wurde, während der Vater in den Abschiebeknast kam. Im laufenden Jahr gab es bisher schon vier Familientrennungen durch Abschiebungen, im vergangenen Jahr waren es zwölf.

Wir kritisieren das Projekt des ,Rückführungsleitfadens‘ jedoch grundsätzlich. Statt Abschiebungen ,besser‘ zu machen, muss es darum gehen, Bleiberechte zu sichern – vor allem für diejenigen Menschen, die sich hier ein neues Leben aufgebaut haben. Schon lange fordern wir rechtlich bindende Vorgaben für die lokalen Ausländerbehörden, um Betroffenen im Rahmen des Aufenthaltsgesetzes ein Bleiberecht zu ermöglichen.

Dafür gibt es zahlreiche Hebel, wie die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung, die Regelungen von gut integrierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Ermessensduldungen u.a. während Qualifizierungsmaßnahmen oder einen anderen Umgang der Ausländerbehörden mit Mitwirkungspflichten bei der Dokumentenbeschaffung. Hier ist bei den lokalen Ausländerbehörden noch viel Luft nach oben.

Außerdem fordern wir, dass Sachsen auf der Bundesebene für eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung streitet. Dann erhielten Geduldete, die sich seit langem in Sachsen aufhalten, eine Aufenthaltserlaubnis. Wir fordern SPD und Grüne auf, dem Papier des Innenministeriums nicht zuzustimmen und mit uns im Land wie im Bund an kleinen und großen Lösungen für mehr Bleiberechte zu arbeiten!“

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