Nicht nur der Zahn der Zeit nagt. Auch der Schwamm tut seins. Wie schädlich der Leerstand von Schulgebäuden tatsächlich für die Bausubstanz ist, das erleben die Leipziger Planer gerade bei der 68. Schule in der Breitenfelder Straße 19, die energetisch modernisiert und für die Wiederinbetriebnahme als Mittelschule hergerichtet wird. Die Gesamtkosten der Maßnahme erhöhen sich um 760.000 Euro oder 11,79 Prozent.

Gestartet war das Hochbauamt in die Sanierungsmaßnahme ursprünglich mit 6.443.930 Euro als Planansatz. Man ging dabei davon aus, dass sich der Zustand des Gebäudes in der Breitenfelder Straße seit dem Auszug der Coppi-Schule im Jahr 2007 nicht allzu sehr verschlechtert hat. Das Gebäude war ja verschlossen, Vandalismusschäden waren nicht zu sehen.

Doch schon das Aussetzen des normalen Heizbetriebes sorgte dafür, dass in so einem Gebäude, das auch nicht mehr regelmäßig belüftet werden konnte, Prozesse in Gang kommen, die die Substanz schädigen und dann zu Tage treten, wenn die Bauarbeiter ans Eingemachte gehen.

Dazu kommt, dass die Kostenschätzung aus dem Jahr 2009 stammt. Seitdem aber hält die Konjunktur im Baugewerbe ununterbrochen an. Anfangs befeuert durch das “Konjunkturpaket II”, das den Leipziger Baubetrieben volle Auftragsbücher verschaffte. 2010 machte sich die gute Konjunkturentwicklung auch mit vermehrten Aufträgen aus der Wirtschaft bemerkbar. Dazu kam ab 2011 der steigende Bedarf an energetischen Sanierungen. Denn die gestiegenen Energiepreise haben auch bei vielen privaten Gebäudeeigentümern zu einem Umdenken geführt. Die Energiepreise sind mittlerweile so hoch, das sich selbst einfache energetische Dämmungen binnen weniger Jahre amortisieren.

Mit dem beschlossenen Schulsanierungs- und Neubauprogramm ab 2013 wird es in Leipzig auch in den nächsten Jahren ein hohes Auftragsniveau für alle im Hochbau aktiven Unternehmen geben. Aber nicht nur das macht die Marktpreise aus. Auch die gestiegenen Rohstoffpreise an den Weltmärkten machen sich mittlerweile bemerkbar.

Allein die Preissteigerungen seit 2009 eingerechnet, würde sich die Sanierung der 68. Schule um 440.000 Euro verteuern, hat das Hochbauamt ausgerechnet.

Und dazu kommt nun all das, was man beim Untersuchen der verschiedenen Gebäudeteile erst entdeckt hat. Dabei hat man zwar schon im April beim stichprobenartigen Untersuchen der Geschossdecken stellenweise Hausschwamm festgestellt, das auch in den Planungen berücksichtigt.

“Auf ein großflächiges Öffnen der Decken für weitergehende Untersuchungen wurde im Rahmen dieser Voruntersuchungen verzichtet, da der im Schulgebäude noch vorhandene alte Parkettboden zwar oberflächenseitig verschlissen, jedoch noch ausreichend fest und tragfähig war”, heißt es im Bericht. “Dieser alte Parkettbelag sollte zur Kostenminimierung verbleiben und als Untergrund für einen neu einzubauenden Linoleumbelag verwendet werden.”Aber das erwies sich als Illusion. Als man im Juni 2011 mit dem Bau begann, stellte man fest, dass sich der bauliche Zustand im Inneren drastisch verschlechtert hatte. “Im gesamten Gebäude war der alte Parkettbelag (durch Kondensatfeuchtigkeit) aufgequollen und war instabil geworden. Damit war er als Untergrund für neuen Bodenbelag nicht mehr geeignet und musste gegen Spanplatten ausgetauscht werden”, berichtet das Hochbauamt. Und: “Nach dem Abbau des alten Parkettbelages und bei der Sanierung der bekannten Schadstellen in den Holzbalkendecken wurden wesentlich mehr Bereiche mit Befall durch echten Hausschwamm und andere holzzerstörende Pilze vorgefunden als aus der Voruntersuchung bekannt waren.”

Und bei dieser unschönen Entdeckung blieb es nicht. Denn augenscheinlich hatte man das Gebäude nach Brandschäden im 2. Weltkrieg nur notdürftig wieder instand gesetzt. Als man jetzt die Deckenkonstruktionen in verschiedenen Etagen und Bereichen des Gebäudes öffnete, wurden alte, nicht sanierte Brandschäden an den Tragkonstruktionen der Holzbalkendecken vorgefunden. “Teilweise war mehr als 50 % des tragenden Holzquerschnittes der Balken nicht mehr vorhanden”, schreibt das Hochbauamt in der Vorlage für die Dienstberatung. “Allein bei der Sanierung der Geschossdecken sind hier im Gewerk Zimmerer gegenüber der ausgeschriebenen Leistung Mehrkosten in Höhe von 425.000,00 Euro und beim Trockenbau Mehrkosten in Höhe von
55.000,00 Euro für das brandschutzgerechte Schließen der Decken entstanden. Durch die notwendige Sanierung der im Boden unter der Aula gefundenen Brandschäden muss nunmehr auch das Parkett der Aula erneuert werden. Dafür entstehen nochmals rund 37.000,00 Euro Zusatzkosten.”

Und das war noch nicht das Ende der Schadensliste. “Erst nach Ausschreibung der Bauhauptleistungen wurde im Rahmen der Berechnungen zum baulichen Wärmeschutz festgestellt, dass die Außenwände der Schule in verschiedenen Bereichen nicht die Mindestanforderungen des baulichen Wärmeschutzes erfüllen. Da die Fassade des Schulgebäudes unter Denkmalsschutz steht, war eine Verbesserung nur im Innenbereich durch Einbau einer Innendämmung in den Gebäudeecken und den Fensterlaibungen möglich.”

Auch stellte sich heraus, “dass ein großer Teil der in den Innenwänden vorhandenen nicht mehr genutzten alten Lüftungsschächte äußerst instabil war und nunmehr zur Stabilisierung mit Beton verfüllt werden musste. Dies beides führte zu Mehrkosten gegenüber der ausgeschriebenen Leistung bei den Bauhauptleistungen in Höhe von ca. 120.000,00 Euro.”

Und als man die Dachkonstruktion unter die Lupe nahm, “wurde festgestellt, dass der Traufbereich nicht fachgerecht ausgeführt war und dort Wasser in das Gebäude eindringen konnte.”

Macht in der Summe nach gegenwärtigen Abschätzungen 760.000 Euro mehr, die das Ganze kostet. Womit sich die Sanierung der Schule auf insgesamt 7.203.930 Euro beziffert.

Die Ratsversammlung bekommt den notwendigen Finanznachschlag in ihrer Novembersitzung vorgelegt, nachdem das Problem durch die Ausschüsse gewandert ist. Im Sommer 2013 muss alles fertig sein. Denn mit dem Schuljahr 2013/2014 soll die 68. Mittelschule das sanierte Haus beziehen.

Die ist zur Zeit in der Diderotstraße in Möckern untergebracht.

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