Eigentlich sollte die Könneritzstraße in Schleußig längst saniert sein. 2010 war mal ein realistischer Planungshorizont. Dann aber wurde im Lauf der diversen Haushaltsdiskussionen 2012 draus, 2013. Jetzt ist 2015 das Ziel. Die malade Straße ist ein typisches Beispiel für Leipziger Prioritätensetzungen.

Immerhin ist es die Magistrale von Schleußig. Hier geht es nicht nur um die Sanierung von teilweise über 100 Jahre alten Straßenstrukturen. Hier könnte die Stadt auch ein Zeichen setzen – gerade im Parkchaos geplagten Schleußig. Für bessere ÖPNV-Bedingungen zum Beispiel und für bessere Bedingungen für den Radverkehr. Schon 2009 beantragte der CDU-Stadtrat Thomas Zeitler eine Sanierung der Straße, die durch den desolaten Gleiszustand und das alte Pflaster auch noch ein Verkehrslärmproblem hat. 2010 griff die Grünen-Fraktion das Anliegen wieder auf und beantragte eine Einstellung der erforderlichen Planungsmittel in Höhe von 665.000 Euro in den Haushalt.

Doch das gelang auch in den nächsten zwei Jahren nicht. Der Beschluss zur Sanierung wurde zwar gefasst. Aber auch mit dem Haushalt 2013 wurde er nicht untersetzt. Jetzt ist das Jahr 2015 anvisiert. Die Grünen beriefen sich auf den Haushaltsplan 2012, in dem die Könneritzstraße eigentlich schon angepackt werden sollte und stellten zum Haushalt 2013 den Antrag, die Mittel zur Sanierung der Könneritzstraße als Ausgabe schon 2014 in Höhe von 680.000 Euro einzustellen – mit weiteren Kostenscheiben für die darauffolgenden Jahre.

Denn es geht ja nicht wirklich nur um eine Straße. Es geht um Sinn oder Unsinn der Leipziger Verkehrspolitik. Die wird seit zwei Jahrzehnten immer nur in Einzelprojekten gedacht. Die einzigen übergreifenden Konzepte heißen Tangentenviereck und Mittlerer Ring. Da fehlen über die Jahre Millionen Euro, die längst in die Sanierung des eigentlich tragenden Hauptstraßennetzes hätten investiert werden können und müssen. Denn die Lebensadern der Stadt sind nicht die Ringe – sondern die Hauptstraßen. Hier entscheidet sich, wie Bürger Mobilität erleben.
Und die Wahrheit ist: In etlichen Stadtteilen erlebten sie Mobilität bislang als unstrukturierte Abnutzung – ohne eine tragende, nachhaltige Politik dahinter.

Im November 2012 hat dann die Stadtbezirksbeirätin der Grünen, Cordula Rosch, den Änderungsantrag betreffs “Sanierung der Könneritzstraße vorziehen” im Stadtbezirksbeirat Südwest eingebracht und damit auch auf dieser unteren lokalen Beteiligungsebene zur Diskussion gestellt.
Seit Jahren setzen sich einzelne Stadträtinnen und Stadträte, der Stadtbezirksbeirat Südwest, der Bürgerverein Schleußig und viele Bürger dafür ein, dass die Planung, die neben dem Gleisausbau und der Fahrbahnerneuerung auch den Bau barrierefreier Haltestellen in der Könneritzstraße vorsieht, beginnen kann. In diesem Zusammenhang wurde dem Stadtbezirksbeirat auch die Aufstellung einer Fußgängerampel in Höhe Schnorrstraße zugesagt, die dieser auch eingefordert hatte.

Die Sanierung ab 2014 hatte der Stadtrat mit dem vergangenen Haushalt 2012 auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen im Sinne des Verwaltungsstandpunktes beschlossen. Doch was für 2012 beschlossen war, wurde dann für 2013 gleich mal wieder “vergessen”. Auch deswegen erinnerten die Grünen mit ihrem Antrag wieder an den bestehenden Beschluss und die Empfehlungen ihres Stadtbezirksbeirats.

Aber wer Leipziger Politikpossen liebt, konnte auch in diesem Fall wieder erleben, wie wenig genügt, bestehende Beschlüsse einfach wieder beiseite zu schieben. Die Mehrheit des Stadtrat knickte ein, negierte den eigenen Beschluss aus dem Vorjahr und beschloss eben keine Sanierung der Straße.

Cordula Rosch zu diesem Vertagungs-Dilemma, das auch andere wichtige Straßen in Leipzig immer wieder erleben: “Längs der Straße lächelt der amtierende Oberbürgermeister im Wahlkampf über die Schlaglöcher und den Lärm hinweg. Er verspricht alles und hält nichts. Die Situation lässt sich jedoch auf diese Weise und bis 2015 nicht beschönigen, die Könneritzstraße ist für alle Menschen, die auf ihr unterwegs sind und an ihr wohnen oder arbeiten in diesem Zustand eine Zumutung und gefährdet insbesondere Fahrradfahrer und Fußgänger ständig. Ich kritisiere die Verwaltung im Namen der Anwohner Schleußigs ausdrücklich. Man denke allein an die mangelnde Schulwegsicherheit für die Kinder, welche zur Auwaldschule die Könneritzstraße überqueren müssen. Insofern muss die Sanierungsmaßnahme 2014 dringend begonnen werden. Im nächsten Haushalt muss der Beschluss von 2012 aufleben.”

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Damit ist der Umgang mit dieser Straße auch wieder eines der vielen Beispiele dafür, wie fern die “große” Stadtpolitik im Stadtrat den Sorgen und Problemen in den Stadtteilen tatsächlich ist. Viele Projekte, die vor Ort seit Jahren bekannt sind und drängen, verlieren aus der Perspektive von Verwaltung und Stadtrat ihre Brisanz. Man negiert auch die Wortmeldungen aus den Stadtbezirksbeiräten und sorgt damit natürlich auch für das latente Gefühl vieler Leipziger, dass ihre täglich erlebten Probleme einfach nicht ernst genommen werden.

Cordula Rosch will einen erneuten Vorstoß über den Stadtbezirksbeirat starten, um die “Kö” endlich auf die Wichtig-Liste zu bekommen: “Ich werde in der nächsten Sitzung des Stadtbezirksbeirats beantragen, eine Wichtige Angelegenheit des Stadtbezirksbeirats zum Thema zu entwickeln.”

Auch einen deftigen Kommentar von Jens Herrmann, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion, zum ständigen Verschieben des Projekts gibt es: “Dass die Schleußiger Bürger den katastrophalen Zustand der Könneritzstraße nicht mehr geduldig ertragen wollen, ist absolut nachvollziehbar und schon lange überfällig. Schließlich ist die Könneritzstraße eine der großen, für das Funktionieren der Stadt wichtigen Magistralen. Deshalb haben die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Grüne entsprechende Anträge, die auf das Vorziehen der Maßnahme abzielten, in die Haushaltsdiskussionen 2012 und 2013 eingebracht. Im Ergebnis der 2012er Haushaltsdebatte wurde zumindest beschlossen, für 2014 Mittel einzustellen um mit Ausschreibungen und Vergaben beginnen zu können. Die Anträge für den jetzigen Haushalt fanden leider keine Mehrheit. Die dazugehörige Verwaltungsmeinung lässt im Gegenteil sogar eher eine Verschiebung nach 2016 vermuten, denn erst dafür sind die eigentlichen Baukosten von knapp 1,4 Millionen Euro vorgesehen. Doch damit wäre dann die Schmerzgrenze deutlich überschritten! Wichtig ist jetzt, dass der Schleußiger Weg im öffentlichen Fokus bleibt und durch Fraktionen und Bürger die Zusagen der Verwaltung eingefordert werden.”

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