Alles offen in Schleußig? Oder Zeit für ein großes Ojemine? Seit dem Sommer 2012 halten die Themen Gehwegparken und Könneritzstraße die Schleußiger in Atem. Beide Themen haben sich bis zur Schmerzgrenze hochgeschaukelt. Im Januar beschloss der Stadtbezirksbeirat Südwest, das Ordnungsamt aufzufordern, ab April wieder ordnungsgemäß zu kontrollieren und zu sanktionieren. Die Ursache für das Dilemma: Vier Jahre Untätigkeit.

So sieht es auch Tobias Hönemann, Vorsitzender des Bürgervereins “Initiative Schleußig e.V”. Eine Vereinigung, in der vor allem die Schleußiger Gewerbetreibenden ihre Interessen formulieren. Die berechtigt sind – als Teil eines Findungsprozesses, der bis heute nicht stattgefunden hat.

Obwohl schon 2007 klar war, dass es eng wird auf der Insel, dass der Parkraum für ein “Weiter so” nicht ausreichen würde. 2008 wurden dazu zwei wichtige Vorarbeiten geleistet. Studierende der HTWK machten eine Vorort-Untersuchung, die die wichtigsten Engpässe insbesondere um die Brockhausstraße näher analysierte. Das UFZ legte eine Studie mit Handlungsoptionen vor. Darauf hätte man aufbauen können. Es hätte die Grundlage für einen lösungsorientierten Gesprächsprozess sein müssen. Doch der brach dann unvermittelt ab. Im Grunde war die Luft rausgenommen, als das Ordnungsamt zurückgepfiffen wurde, das Falschparken außerhalb der Kreuzungen nicht mehr zu ahnden.

Damit hätte man zwar Zeit gefunden, gemeinsam mit den Schleußigern Lösungsprozesse anzuschieben, Werkstätten zu organisieren, in denen alle Beteiligten nach möglichen Lösungsansätzen hätten suchen können. Doch die fanden nicht statt. Ein Workshop fand erst am 9. März 2013 statt. Nachdem der Stadtbezirksbeirat deutlich gemacht hatte: So geht es nicht weiter.

Das wilde Parken gefährdet Passanten und spielende Kinder. Und mit der Installation der International School ohne eigene Parkplätze vorm Haus kam noch ein neuer Gefahrenherd dazu.

Um die Beteiligten an den Erkenntnisstand von 2008 zu erinnern, verschickte Tobias Hönemann vor dem anberaumten Workshop am 9. März noch einmal die beiden Untersuchungsberichte von HTWK und UFZ.

Hönemann in seinem Anschreiben: “Die Verwaltung drückt hier ihre Unfähigkeit durch Hilflosigkeit eindeutig aus. Man versucht sich hier vor der Verantwortung zu drücken bzw. unangenehme Entscheidungen zu fällen, um sich bei einigen Bürgern und Hauseigentümern nicht unbeliebt zu machen. Somit versucht man genau wie damals mit der sehr fragwürdigen Umfrage des UFZ durch die jetzige Aktion der angeblichen Bürgerbeteiligung unter dem Motto eines Ideenwettbewerbs schon wieder die Bürger vom eigentlichen Thema abzulenken, um somit die eigene Hilflosigkeit zu kaschieren.”
Er sprach auch von Druck machen. Betont aber auch, dass der lange Zeit immer wieder vertagte Umbau der Könneritzstraße Teil des Lösungskatalogs sein muss. Dieser Umbau ist jetzt für 2015 terminiert. Das bestätigte zur Sitzung des Stadtbezirksbeirates Südwest am 13. März auch die Leiterin des Verkehrs- und Tiefbauamtes, Edeltraut Höfer. Die Eintaktung hat weniger mit Stötteritz zu tun als mit den anderen Straßengroßbauprojekten, die sich jetzt drängen – der Lützner Straße und der Karl-Liebknecht-Straße.

Andererseits drängt der Termin. Denn wenn bis 2015 nicht klar ist, wie die Verkehrsorganisation in Schleußig aussehen soll – die Parksituation inbegriffen – dann schwelt das Thema ungelöst immer weiter. Die Fronten bleiben verhärtet, nichts bewegt sich. Das zeigte auch der Workshop vom 9. März, den die Stadtverwaltung anberaumt hatte: Es konnte kein Ergebnis erzielt werden, konstatierte Stadtbezirksbeirätin Katharina Kleinschmidt.

Dabei hat die Stadt nun schon ein paar Erfahrungen gesammelt, wie Bürgerwerkstätten organisiert werden können. Es wird höchste Zeit, diese Beteiligungsprozesse auch für Schleußig zu schaffen. Anders werden die Probleme nicht lösbar. Sie bleiben in sich verdreht, wie auch Architekt Thomas Leo Kottke als Einwohner in der letzten Sitzung des Stadtbezirksbeirats thematisierte. Einerseits forderte er den Stadtbezirksbeirat auf, “den Beschluss zu überdenken, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, ab dem 01.04.2013 Parkvergehen in den Wohngebieten stärker zu ahnden.” Andererseits formulierte er es als Problem bezüglich der International School, “dass es beim Bringen und Abholen der Schüler zu Verkehrsstörungen kommt. Fahrzeuge werden oft in der 2. Reihe abgestellt und behindern hier den fließenden Pkw- und Straßenbahnverkehr.”

Kann sein, dass diese anrollenden Eltern mit ihren sprachbegabten Sprösslingen nicht aus Schleußig kommen. Aber das Problem ist dasselbe: die Abwicklung der alltäglichen Rituale mit dem Pkw.

Insbesondere die UFZ-Studie von 2008 hatte ergeben, dass die Lösung des Parkraumproblems in Schleußig in erster Linie in einer Änderung des Mobilitätsverhaltens liegt. Aber das kann nur ein Teil des Prozesses sein. Das Thema einer anderen Parkorganisation hatten die HTWK-Studenten besonders in Augenschein genommen. Am Ende kann das Gesamtproblem nur durch eine Vielzahl von Bausteinen und verschiedenen Handlungsoptionen für die Einwohner gefunden werden.

Das Ablieferchaos vor der International School will der Stadtbezirksbeirat in der nächsten Sitzung auf die Tagesordnung setzen und den Schulleiter dazu einladen. Seine Forderung, in Schleußig wieder nach StVO zu kontrollieren, hat er nach Abwägung aller Gründe nicht zurückgenommen. Warum auch? Nach dem Stillhalteabkommen von 2008 hat sich in der Schleußiger Diskussion nichts mehr bewegt. Außer Autos auf Fußwegen. Wo sie nicht hingehören. Auch nach der x-ten Protestwelle nicht.

Höchste Zeit für einen moderierten Lösungsprozess. Er ist fünf Jahre überfällig.

www.initiative-schleussig.de.vu

Der HTWK-Bericht als PDF zum download.

Der Abschlussbericht des UFZ als PDF zum download.

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