Ein Relikt hat die Große Flut vom Juni 2013 in Kleinzschocher hinterlassen: Eine Schotterstrecke hinterm linken Deich des Elsterhochflutbetts. Deichverteidigungsweg oder eine völlig überflüssige Maßnahme? Das wollte die L-IZ vom Leipziger Amt für Umweltschutz wissen. Geantwortet hat Gabriele Aegerter, die stellvertretende Leiterin des Amtes.

1. Wer hat diesen “Deichverteidigungsweg” aufschütten lassen? War es die Stadt Leipzig oder war es die Landestalsperrenverwaltung?

Ab Mitte Mai 2013 kam es in Teilen von Mitteleuropa zu ungewöhnlich langanhaltenden, ergiebigen Niederschlägen. Diese führten auch in der Weißen Elster und ihren Nebenflüssen zu einem Hochwasserereignis. Am 01.06.2013 hat die Stadt Leipzig das Betreten der Hochwasserschutzdeiche verboten. Die höchsten Wasserstände wurden am Dienstag, dem 04.06.2013, gegen 5:00 Uhr gemessen. Hier hatte die Weiße Elster (Wasserstand am Pegel Kleindalzig) eine Höhe von 5,10 m, das sind ca. 4,40 m über dem Normalwasserstand. Die Durchflussmenge betrug etwa 580 m³/s, hinzu kam die Menge der Pleiße mit etwa 66 m³/s. Die Monatsmittelwerte der Durchflüsse für den Juni 2013 lagen bezogen auf den mittleren Monatsdurchfluss an den Pegeln im Flussgebiet der Weißen Elster beim fünf- bis sechsfachen.

Die Herstellung des provisorischen Deichverteidigungsweges linksseitig am Elsterhochflutbett oberhalb der Brückenstraße erfolgte als Gefahrenabwehrmaßnahme im Auftrag der Stadt Leipzig. Die Errichtung des Weges war unverzüglich, durch das Ereignis bedingt, innerhalb kürzester Zeit erforderlich. Für die Stadt Leipzig war zu diesem Zeitpunkt Katastrophenalarm ausgerufen, d. h., es bestand eine unmittelbar Gefahr für Gesundheit und Leben der Leipziger Bevölkerung. So wurden beispielsweise neun Alten- und Pflegeheime mit 700 betroffenen Personen evakuiert und über 25 Kindergärten sowie mehrere Schulen vorübergehend geschlossen und der Sportbetrieb auf gefährdeten kommunalen Anlagen unterbunden.

2. Wer hat den Auftrag ausgelöst und welche finanziellen Kosten sind dadurch entstanden?

Die Stadt Leipzig hat im Rahmen des Katastrophenalarmes die erforderlichen Maßnahmen veranlasst. Die genauen Kosten stehen noch nicht fest, sie dürften sich im höheren 6-stelligen Bereich bewegen.
3. Wenn es die Stadt Leipzig war: In welchem Haushaltsposten wird das verrechnet?

Im kommunalen Haushalt sind für die Gefahrenabwehr finanzielle Mittel eingestellt. Die Wiederaufbauprogramme des Bundes und des Freistaates Sachsen sehen darüber hinaus Zuwendungen vor, über die im Einzelnen noch nicht entschieden ist.

4. Welche Funktion soll die Schotterstrecke haben, die sich nicht wirklich als Deichverteidigungsweg eignet? Oder wird sie wieder zurückgebaut und durch einen richtigen Deichverteidigungsweg ersetzt?

Da ein Rückbau mit Kosten verbunden ist, wurde mit dem Freistaat Sachsen, hier die Landestalsperrenverwaltung (LTV) abgestimmt, dass er den provisorischen Deichverteidigungsweg übernehmen wird und in einen den Rechtnormen entsprechenden und technisch ordnungsgemäßen (DIN-gerecht) Zustand versetzen wird. Damit können wichtige Finanzmittel eingespart werden.
Deichverteidigungswege sind kraft Gesetz (Sächsisches Wassergesetz) Bestandteil der öffentlichen Hochwasserschutzanlagen, für die die Bau- und Unterhaltungslast bei der LTV liegt.

5. Am rechten Deich sind in den letzten Monaten ebenfalls Schotterwege ausgeführt worden. War auch das eine adhoc-Maßnahme der Stadt Leipzig?

Das unter Ziffer 1 erwähnte Hochwasserereignis hat die Hochwasserschutzfunktion der Deiche so stark beeinträchtigt, dass nur im Rahmen einer sofortigen Sicherungsmaßnahme gesichert werden kann, dass im Fall eines erneuten Hochwassers keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Die Deiche am Elsterhochflutbett werden aktuell (nach dem Hochwasserereignis) von der LTV im Rahmen von Schadensbeseitigungsmaßnahmen unter Beachtung der einschlägigen DIN-Vorschriften instandgesetzt. Dazu gehört auch das Anlegen von Deichverteidigungswegen.Die technische Ausführung und Dimensionierung der instandzusetzenden Hochwasserschutzdeiche entspricht im Wesentlichen der der stark beschädigten Anlagen. Dies trifft auch zu, wenn die Aufstandsfläche oder Kubatur des Deiches größer wird. Da der Freistaat Sachsen und die LTV bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben stets rechtmäßig handeln, ist davon auszugehen, dass bei den sofortigen Sicherungsmaßnahmen nicht nur die wasserrechtlichen Vorschriften beachtet werden, sondern auch die des parallel geltenden Naturschutzrechts.

6. Wenn ja: Was hat sie gekostet und warum wurde die Maßnahme so ungeplant ausgelöst? Sollte damit kaschiert werden, dass die LTV selbst keine ordentlichen Deichverteidigungswege angelegt hatte?

Die Frage beruht auf der unzutreffenden Unterstellung, in der Vergangenheit habe ein Zustand existiert, der dem Sächsischen Wassergesetz nicht entsprochen habe. Das Gegenteil ist richtig. Der Hochwasserdeich ist im Hochwasserschutzkonzept und damit in der wasserwirtschaftlichen Planung des Freistaates Sachsen enthalten. Es handelt sich, wie dargestellt, um eine Wiederherstellung der Funktion eines bestehenden Deichs des öffentlichen Hochwasserschutzes.

7. Und was passiert jetzt? – Das Bild, das sich am Elsterhochflutbett bietet, ist nur chaotisch. Werden jetzt ordentliche Deichverteidigungswege angelegt und die Radwege zum Cospudener See wieder instand gesetzt? Oder bleibt das jetzt so liegen?

Siehe unter 5. – Die Instandsetzung der Hochwasserschutzdeiche erfolgt im Rahmen einer sofortigen Sicherungsmaßnahme durch die LTV, welche unverzüglich umgesetzt werden muss. Auf die Beseitigung von eventuellen Schäden an den Radwegen wird durch die Verwaltung der Stadt Leipzig und den Freistaat Sachsen geachtet. Sie erfolgt durch die jeweiligen Baufirmen, durch deren Tätigkeit die Schäden entstanden sind bzw. entstehen.

8. Wenn es Neu- und Umbaupläne gibt: Wann werden sie von wem realisiert?

Die Frage nach Neu- und Umbauplänen wäre nur bei einer Ausbaumaßnahme, die eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens bedarf, relevant, nicht aber bei der Instandsetzung eines vorhandenen Deiches. Dabei handelt es sich um eine Unterhaltungsmaßnahme im Sinne des § 79 Abs. 3 Sächsisches Wassergesetz.

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