Zur EXPO Real in München Anfang Oktober tauchte das Leipziger Stadtbad sehr unverhofft als Kaufschnäppchen im Angebot der Stadt Leipzig auf. Das Leipziger Liegenschaftsamt hatte die Gunst der Stunde genutzt und einen alten Stadtratsbeschluss von 2005 reaktiviert und das Stadtbad für ein Mindestgebot von 500.000 Euro ausgeschrieben. Aber hatte das Liegenschaftsamt dazu überhaupt das Recht? Die Linksfraktion jedenfalls beantragt einen sofortigen Stopp der Verkaufsbemühungen.

Und das als Ratsbeschluss. Am 14. November gab die Fraktion den Antrag ins Verfahren. Darin steht zur Erläuterung: “Seit der Stilllegung des Leipziger Stadtbades flossen zum Erhalt und zur Sanierung zirka 3 Millionen Euro. Neben 1,8 Millionen Euro Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II finanzierte die Stadt zirka 300.000 Euro und die Förderstiftung fast 1 Million Euro. – Ein Verkauf des Objektes mit einem Mindestgebot von 500.000 Euro trägt diesem Fakt keinerlei Rechnung. Weder berücksichtigt diese Verkaufsabsicht die Höhe der bereits geflossenen Gelder noch deren Herkunft. Wir sind der Ansicht, dass in der Regel öffentliche Mittel auch für öffentliche Ziele eingesetzt werden sollten oder wenigstens dann wieder zurückgezahlt werden, wenn es nachweisbar keine andere Lösung gibt.”

Was die Frage nach der Lösung aufwirft. Denn die 2005 schon einmal gestarteten Verkaufsbemühungen der Stadt endeten ohne Ergebnis. Nach zwei Jahren gab es noch immer keinen Käufer. So ist es auch nachzulesen in einer Vorlage des Wirtschaftsdezernates vom 18. Juli 2007. “Die Ratsversammlung nimmt zur Kenntnis, dass mit den bisherigen weltweiten Vermarktungsaktivitäten kein Käufer für das Stadtbad gewonnen werden konnte”, bemerkte das Wirtschaftsdezernat damals an. “Die Ratsversammlung beschließt, die Vermarktung des Stadtbades durch die Stadt Leipzig auszusetzen.”

Ebenso zu lesen: “Der Beschluss der Ratsversammlung RBIV-467/05 vom 14.12.2005 wird hiermit geändert.” Aber die Verkaufsaktivitäten wurden damit nicht beendet, sondern gingen mindestens bis ins Jahr 2009 weiter. Die Förderstiftung Stadtbad bekam eine Nutzungsvereinbarung, die bis zum 31. Dezember 2012 immer wieder um ein Jahr verlängert wurde.

2008 meldete das Wirtschaftsdezernat: “Es wird festgestellt, dass nach wie vor reges Interesses an der Immobilie zu verzeichnen ist. Daher sollen im Jahre 2009 die Vermarktungsaktivitäten verstärkt werden.”Doch auch das führte zu keinem Ergebnis. Warum es nie zu einem Verkauf kam, dazu liegt bis heute kein öffentlicher Bericht vor. Denn wenn es schwer wiegende Gründe dafür gab, die Immobilie zu vermarkten, dann gilt das auch 2013 noch, dann ist der neue Verkaufsversuch wieder nur ein Versuch, schnell Geld in die Kasse zu bekommen. Dass man dabei die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von Kannewischer zwei Jahre unter Verschluss hielt, spricht Bände. Es zeugt zumindest von einem gewissen Eigenleben des Dezernates und einer gravierend fehlenden Kommunikation mit dem Stadtrat. Erst eine Nachfrage der Grünen sorgte dafür, dass die Fraktionen das Wirtschaftlichkeitsgutachten jetzt erst zur Kenntnis bekommen.

“Das Leipziger Stadtbad ist bislang für Leipzig ein finanzielles Problem”, gesteht die Linksfraktion in ihrem Antrag zu. “Aber es ist auch ein Kleinod unserer Stadt. Umso mehr haben wir die Pflicht, dieses denkmalgeschützte Objekt auch für unsere Nachfahren erlebbar zu erhalten. Mit der Förderstiftung Leipziger Stadtbad gibt es eine Akteurin, mit der eine enge und faire Zusammenarbeit sinnvoll ist. Mit ihr sollte es möglich sein, Verfahren für die Übergangszeit umzusetzen, bis die in der Kannewischer Machbarkeitsstudie aufgeführten Defizite und Anforderungen einer Lösung zugeführt werden können.”

Und so fordert die Linksfraktion als Ergänzung zum Verkaufsstopp: “Mit der Förderstiftung Leipziger Stadtbad werden zur laufenden Instandhaltung und Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes Verhandlungen aufgenommen, um eine zeitliche Überbrückung ohne Bausubstanzverluste zu sichern bis eine generelle Lösung für das Leipziger Stadtbad möglich wird.”

Und da die Leipziger schon richtig Geld gegeben haben, um das 100-jährige Kleinod zu bewahren, steht auch diese Forderung in der Vorlage der Linken: “Eine Vermarktung (u. a. Verkauf, Erbbaurecht) des Stadtbades darf nur erfolgen, wenn die bereits eingeflossenen öffentlichen Mittel (u. a. Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II, Stiftungs- und Spendengelder) vollständig in den Kaufpreis einbezogen werden, die Fördermittelschädlichkeit ausgeschlossen wird und der Betriebszweck dem eines Bades nicht widerspricht.”

Ist natürlich die Frage, ob durch die Politik der Stadtverwaltung nicht wertvolle Zeit zum Handeln verstrichen ist. Denn welche Alternativen ergeben sich aus dem Kannewischer-Gutachten? Welche Handlungsoptionen hat die Stadt? – Dass nur der Verkauf an einen Investor in Frage kommt, darf bezweifelt werden.

Und da die Förderstiftung ab 2013 keine Nutzungsvereinbarung mehr besitzt, sondern zu einem simplen Mieter geworden ist, ist auch der nächste Folgeschritt der Linksfraktion logisch: “Erforderliche Instandhaltungskosten sind im Haushalt 2014 abzubilden.” Indem Leipzig nun Miete kassiert, muss die Stadt auch wieder die Sorge um die Instandhaltung übernehmen.

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