Eigentlich soll in der Ratsversammlung am 11. Dezember endgültig über den Umbau der beiden Schulgebäude an der Gorkistraße in Schönefeld zum Gymnasium abgestimmt werden, nachdem die Verwaltungsvorlage in der Novembersitzung des Stadtrates noch einmal verschoben wurde. Aber zwei Anträge der Linksfraktion sorgen jetzt auch beim Bürgerverein Schönefeld für Verwirrung.

Dabei geht es in beiden Anträgen um durchaus unterschiedliche Ziele. Und die Linksfraktion steht keineswegs hinter dem Antrag, den Linke-Stadtrat Jens Herrmann-Kambach unter seinem Namen eingebracht hat. Die Begründung für seinen Vorstoß, den Baubeschluss für das Gymnasium zu stornieren, will er mündlich geben. Was Michael Reinhardt, Vorsitzender des Bürgerverein Schönefeld e.V., keineswegs beruhigt. Denn für Schönefeld ist die Herstellung des Gymnasiums natürlich ein wichtiger Stabilisierungsschritt für den Stadtteil.

Streit gab es ja im Vorfeld eher darüber, warum sich die Stadtverwaltung nun ausgerechnet für Schönefeld entschied, obwohl direkt im Sanierungsgebiet Leipziger Osten ein Versprechen auf die Schaffung eines Gymnasiums schon viel länger existiert. Aber es ist bei den Schulen wie bei den Kindertagesstätten: Die Stadt wird von der “Geburtenwelle” vor sich her getrieben und kommt gar nicht hinterher, auch noch langfristig zu planen und zu bauen. Da fallen auch solche Entscheidungen über einen neuen Gymnasialstandort sehr kurzfristig – und manchmal bleiben dabei auch wichtige Elemente auf der Strecke. Darum geht es zum Teil im Antrag der Linksfraktion selbst.

Doch der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Jens Herrmann-Kambach, beantragt im Stadtrat, die Mittel für ein Gymnasium in Schönefeld ganz zu streichen. In seinem Antrag deutet er zumindest an, warum: “Die Mittel für den Bau eines Gymnasiums in der Gorkistraße werden gestrichen. 50 % der freiwerdenden städtischen Mittel werden für die Sanierung des Grundschulstandortes Schönefeld (Astrid-Lindgren-Schule), einschließlich des schulischen Umfeldes, zur Verfügung gestellt.”

Das ist jene Plattenbauschule, die direkt neben der zeitweiligen Unterkunft für die Asylsuchenden steht. An dem über 30 Jahre alten Gebäude ist eine Sanierung überfällig – so wie bei Dutzenden Leipziger Schulen. Es geht in Leipzig ja nicht nur um die Schaffung neuer Standorte, sondern auch um den Erhalt der alten. 2011 bezifferte die Stadt den Sanierungsstau bei den Schulgebäuden auf 570 Millionen Euro. Aber die Haushaltsdebatte wird es wieder beweisen: Egal, was der Stadtrat beschließt, man zieht an einer Decke, die nicht nur zu kurz ist, sondern auch zu schmal.Trotzdem versteht Reinhardt den Vorstoß von Herrmann-Kambach nicht: “Damit geht er noch weiter als seine Fraktion. Die will am Mittwoch die zur Abstimmung stehende Beschlussvorlage verzögern, indem mit einem Änderungsantrag die Standorte Brockhaus-Gymnasium, Schönefeld und Leipziger-Osten nochmals geprüft werden sollen.”

Er ist über den doppelten Vorstoß entsetzt. “Es liegt ein Planungsbeschluss vor, der bereits alles enthält. Es besteht auch Einigkeit darüber, dass diese Schule nicht alternativ zu einem Neubau im Leipziger Osten zu sehen ist, sondern kumulativ.”

Tatsächlich beantragt die Linke in ihrem Änderungsantrag die “Überprüfung der Notwendigkeit der Gymnasien Brockhaus, Gorkistraße und Ost”.

In der Begründung geht sie aber nur auf ihren zweiten Antragspunkt ein: “Klärung des Standortes der notwendigen Turnhalle, einschließlich Sportplatz für das Gymnasium”. Denn das war von Anfang an der Knackpunkt an den Plänen für das neue Gymnasium an der Gorkistraße: Räumlich fehlt der Platz für eine eigene Sporthalle und einen Sportplatz.” Die sind also auch nicht in der nun zum Beschluss stehenden Bausumme von 16,79 Millionen Euro enthalten.

Die Linksfraktion hält die Existenz von Möglichkeiten für einen sinnvollen Schulsport aber für notwendig. Deswegen heißt es in ihrer Begründung auch: “In eine Neufassung der Beschlussvorlage ist die Baumaßnahme Turnhalle, einschließlich Sportplatz, zu integrieren. Darüber hinaus sind notwendige Maßnahmen zur Gewährleistung der Schulwegsicherheit aufzunehmen und finanziell zu untersetzen. Ohne diese Ergänzungen ist die Vorlage nicht beschlussreif.”

Dass die Linke gleich drei Gymnasialstandorte im Osten in Frage stellt oder deren “Notwendigkeit” überprüfen lassen will, findet Michael Reinhardt mehr als verwirrend. Vor allem, weil ein Standort in der Ihmelstraße im Leipziger Osten ja diskutiert wird. Es ist ja nicht so, dass dieser Bedarf entfällt, nur weil jetzt in Schönefeld gebaut wird.

Reinhardt: “Leipzig benötigt tatsächlich beide Standorte, das belegt eindeutig die Schulbedarfsplanung. Die Schönefelder sind von der Notwendigkeit eines Gymnasiums überzeugt. In jedem Gremium, das sich mit dem Thema beschäftigt, wird einhellig die Auffassung vertreten, Schönefeld braucht ein Gymnasium. So unter anderem der Stadtbezirksbeirat.”

Die Stadtteilakteure, wie der Bürgerverein Schönefeld, haben sich unter der Regie des ASW (Amt für Stadtentwicklung und Wohnungsbau) zur AG Pro Schönefeld zusammengeschlossen, um das Förderprogramm “Aufwertungsgebiet Schönefeld” mit konkreten Maßnahmen zu untersetzen.

“Das alles wird aber durch solche negativen Signale gefährdet”, sagt Reinhardt. “Die Signale, die Jens Herrmann-Kambach setzt, schaden nicht nur dem Ansehen der Linken, sondern vor allem einem aufstrebenden Stadtteil wie Schönefeld, das hat auch Auswirkungen auf ganz Leipzig. Denn der unsägliche Antrag kann auch so verstanden werden: Bildung ist nicht Sache der Linken und Schönefeld ist ihnen gleich ganz egal. Der Bürgerverein Schönefeld appelliert an alle Stadträte aller Parteien, für die Stadtteilentwicklung und für die Bildung zu stimmen.”

Die Website des Bürgervereins: www.bv-schoenefeld.de

Der Antrag von Linke-Stadtrat Jens Herrmann-Kambach: www.linksfraktion-leipzig.de/fileadmin/lcmslfleipzig/V-hp-054-14-nf.pdf

Der Änderungsantrag der Linksfraktion: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/829FF17AB709A2A8C1257C230027FA33/$FILE/V-ds-3285-%C3%A4a-1.pdf

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