"Es ist schwierig, was jetzt vor uns liegt". Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung weiß, wovon er am 22. Januar 2014, kurz nach dem Beschluss des Stadtrates spricht. Die Distillery soll am Standort in der Kurt-Eisner-Straße bleiben können, 10.000 Unterschriften und ein entsprechender Beschluss des Stadtrates fordern dies. Doch ist die Rettung des Clubs an der Kurt-Eisner-Straße damit bereits sicher?

Das Gelände gehört nicht und gehörte nie der Stadt, einen direkten Zugriff haben die kommunalen Stadtplaner im Rathaus nicht. In einem Verkauf entledigte sich die Deutsche Bahn des ungenutzten Bahn-Geländes und seither hat die in Leipzig ansässige Stadtbau AG (unter anderem Steigenberger Hotel) es in ihrem Eigentum. Über den Kaufpreis schweigt man. Doch in einem ersten Planungsentwurf, welcher anfangs auch von der Verwaltung der Stadt unterstützt wurde, war schnell klar: Hier sollen renditeträchtige Wohnbauten in einer wachsenden Messestadt entstehen. Angesichts der Wachstumszahlen der letzten Jahre in Leipzig auch der durchaus richtige Weg, zukünftigen Mietexplosionen durch Wohnungsnot entgegenzuwirken.

Das Aus für die “Tille” im Jahr 2018 am bekannten Standort war so fast beschlossene Sache, nun keimt wieder Hoffnung an der Kurt-Eisner. Seitens der Stadtbau AG hat man bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert, ein erstes konstruktives Treffen mit Distillerybetreiber Steffen Kache absolvierte Stadtbauchef Patrik Fahrenkamp bereits 2013 sogar persönlich. Wie sich der Beschluss des Stadtrates auswirken wird, ist dennoch offen.
Der Leipziger Oberbürgermeister und seine Verwaltung sind durch den positiven Beschluss, den Club am Standort zu halten, schließlich auch gegenüber der Stadtbau AG in einem gewissen Dilemma. Denn Eigentümer und Bauherr ist immer noch die Stadtbau AG, welche sich die nicht mögliche Wohnbebauung während der Verhandlungen zum Clubbetrieb nach 2018 vergolden lassen könnte.

Im Baudezernat ist man nun angehalten, den Standort sicherzustellen, in die Planungen einzubinden und so auch kommende Genehmigungsverfahren gegenüber der Stadtbau AG zu gestalten.

Fahrenkamp und die Stadtbau AG haben also ein Pfund in der Hand, mit welchem sie wuchern können. Wenn sie wollen. Doch auch für die Stadtbau AG könnte es zu einer Imagefrage werden. 10.000 Leipziger plus weitere Sympathisanten und nahezu der gesamte Stadtrat wollen die Tille erhalten.

Ob es kosten darf, was es wolle, oder welche Neuigkeiten die Gespräche ans Licht bringen, wird die Zeit zeigen müssen. Dass alles glatt läuft für den Club, ist jedenfalls nicht sicher. Nicht nur Burkhard Jung weiß, dass es hier um die Kunst des Gespräches gehen wird.

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