Mit einem Bein knietief im rechten Sumpf und mit dem anderen beim Tritte verteilen gegen den evangelikalen Rand der CDU. So könnte man die derzeitige Lage einer Bürgerinitiative beschreiben, welche sich im Netz aufmachte gegen den Leipziger Moscheebau der Ahmadiyya-Gemeinde zu kämpfen. Dabei jedoch längst den öffentlichen Schulterschluss mit der NPD vollzog, um bei der ersten Demonstration am 3. Februar als brauner Bettvorleger mit 80 Beteiligten und laut Verfassungsschutz darunter 50 Neonazis zu enden. Stadtratskandidatin Katrin Viola Hartung (CDU) ist dabei offensichtlich nie Herrin der Lage gewesen.

Auch ihr Wahlkampfthema droht nun unter die Räder zu geraten. Die rechte Initiative nennt sie eine “Hochstaplerin”, sie habe die Petition gegen den Moscheebau nicht initiiert. Es ist ihre Onlinepetition, darauf besteht Katrin Hartung bis heute. Doch so langsam dämmert es ihr, wo sich der Widerspruch finden könnte: Wenn sie einerseits auf die “Leistung” von 10.000 Netz-Unterschriften mit teils dubiosen Adressaten offenbar aus allen Ecken des deutschsprachigen Raumes unter dieser Petition gegen den Moscheebau besteht, um damit Wahlkampf gegen ein angeblich ignorantes Rathaus zu machen.

Und andererseits, erst nach eigenen Dementis, dann wiederum im Bestehen auf ihre Petition, längst nicht mehr Teil der sogenannten Bürgerinitiative zu sein, welche nun den Bruch mit ihr ihrerseits vollzog. Und sie in einer anonym versandten Pressemitteilung eine “Hochstaplerin” nannte. Während Hartung in den letzten Tagen darauf bestand, OBM Burkhard Jung müsse die Petition entgegennehmen, was dieser ablehnt, entziehen ihr die Freunde der NPD unterdessen öffentlichkeitswirksam die vielen schönen Unterschriften.
Da dies so ganz anonym und letztlich ausschließlich im Netz nicht gelingen kann, hat nun auch zum lang erwarteten “Outing” zweier Initiativen-Vertreter geführt. Standesgemäß in der Bildzeitung versuchen nun Stephane Simon und Hans-Christian Heber ihrem Wunsch nach öffentlicher Würdigung der maßgeblich von islamophoben Webseiten wie unter anderem PI-News deutschsprachig in halb Europa vorangetriebenen Petition mehr Gewicht zu verleihen.

Der französischstämmige Simon dürfte den Besuchern der Veranstaltung in der Michaeliskirche noch im Gedächtnis geblieben sein, wo er nach Wortbeiträgen gegen den Islam mit Verweis auf Frankreich zum Verlassen der Kirche aufgefordert wurde. (Videolink am Ende, ab Minute 72:50). Während Simon laut Bild ein ehemaliger Bundespolizist sei, ist Heber in der Vergangenheit eher im Umfeld von innerkirchlichen Netzdebatten in Foren in Erscheinung getreten.
Was die derzeitige Mischung in der Initiative eigentlich ganz gut beschreiben könnte. Eine Verortung zwischen allgemeiner christlich-fundamentalistischer Position vorrangig älterer Mitbürger gegen “den Islam” und dem kämpferischen Auftreten rechter Kameradschaften.

Im Gespräch mit der L-IZ ist es Katrin Hartung wichtig zu betonen, dass ihr die rechte Unterwanderung der Initiative zuwider ist. So stellt sie fest, “… dass die BI mehrfach mein Vertrauen missbraucht hat und insoweit ich mich seit längerer Zeit wie Sie ernsthaft frage, ob es wirklich um die Anliegen unserer großen Bürgerstadt und einen sachlichen direkten Dialog geht, oder um eine Instrumentalisierung, um in die rechte Ecke zu lenken.”

Die “Lenkung” jedoch ist spätestens seit der Demonstration am 3. Februar und den vorherigen Mobilisierungen durch NPD-Mitglieder, “Leipzig steht auf” und einzelnen Vertretern freier Kameradschaften abgeschlossen. Für einen echten Dialog steht seitens der Initiative niemand wirklich zur Verfügung, die Weltbilder sind fest und die Hetze auf der BI-eigenen Facebookseite läuft unvermindert auf Hochtouren.

Es ist ein Versuch, der jedoch nach der bisherigen Vorgeschichte schwerlich gelingen dürfte, wenn Hartung sagt: “Auch wenn ich bedauerlicherweise aus einem gewissen Vertrauen die Petition in die Hände der BI Gohlis gelegt habe, ist es ein Umstand, den ich leider nicht mehr ändern kann. Dennoch werde ich weiterhin als Initiatorin den Dialog zwischen Bürgerschaft Stadt und bei Gelegenheit auch mit der AMJ suchen.”

Mit dieser Dialogbereitschaft ist sie jedoch nun einen Schritt weiter als die Initiative gegen den Moscheebau. Die Gelegenheit ist mit der Initiative “Dialoge für Gohlis” mittlerweile geschaffen. Für die Initiative gegen den Moscheebau gilt weiterhin der bewährte Malkasten für Radikale: Mit den Farben schwarz und weiß in den beiden Töpfchen unter striktem Mischverbot.

Videolink zur ersten Dialog-Veranstaltung 2013 in der Michaeliskirche
http://www.livingscoop.com/watch.php?v=MzIyMw==

Zur Bild Leipzig – Die ersten Vertreter der BI stellen sich
http://www.bild.de/regional/leipzig/moschee/moschee-gegner-gehen-auf-cdu-politikerin-los-34852274.bild.html

Zur Initiative 1001 Moschee auf Facebook
https://www.facebook.com/1001moschee

Zur Initiative “Dialoge für Gohlis”

www.l-iz.de/Politik/Engagement/2014/02/5950-Unterschriften-pro-Moscheebau-an-OBM-Jung-uebergeben-53635.html

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