„Mieten fressen Einkommen“, betitelte die Paritätische Forschungsstelle ihren jüngsten Armutsbericht für Deutschland. Den wer nicht viel verdient, hat in der Regel kein Wohneigentum und wohnt zur Miete. Und gerade wo der Wohnraum knapp ist, treiben die Vermieter die Mieten nach oben. Eine Bevölkerungsgruppe leidet darunter besonders: junge Menschen, die in starken Maße von Wohnarmut betroffen sind.

Das macht die aktuelle Expertise des Paritätischen Gesamtverbands deutlich. Demnach treffen die 18-bis-25-Jährigen überdurchschnittlich hohe Wohnkosten besonders hart.

31,2 % statt im Durchschnitt 22,3 % haben wohnkostenbereinigtes Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens. Auch in Leipzig wächst die Zahl der wohnungslosen jungen Menschen. Im Jahr 2024 waren laut Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Linksfraktion.

42 junge Erwachsene zwischen 18 und 27 Jahren in den Übernachtungshäusern untergebracht. Hinzu kommen 230 Personen zwischen 18 und 25, die bei der Stichtagserhebung auf der Straße angetroffen wurden. 138 Minderjährige lebten mit ihren Familien in Gewährleistungswohnungen.

Der Paritätische Bericht zur Wohnungsarmut.

Besonders gefährdet sind neben den sogenannten Careleavern (die wegen Volljährigkeit das System der Jugendhilfe verlassen müssen) aber junge Menschen, die keine Berührung mit dem Hilfesystem haben. Sie sind im allgemeinen Hilfesystem des SGB XII schwer erreichbar und meiden Notunterkünfte, was sie zu einer verdeckt wohnungslosen Gruppe macht.

Wenn man die Betroffenen nicht sieht

Die Linksfraktion im Stadtrat zu Leipzig fordert nun mit einem Antrag eine bessere, differenzierte Erfassung junger Menschen in der Wohnungslosenstatistik und die Schaffung eines Übernachtungsangebots mit sozialpädagogischer Begleitung.

„Jede einzelne wohnungslose Person ist ein Armutszeugnis für dieses reiche Land!“, sagt dazu Juliane Nagel, Stadträtin der Linksfraktion. „Wir müssen alle Möglichkeiten mobilisieren, um Lebenswege von jungen Menschen ohne Obdach zu stabilisieren und eine Perspektive jenseits von Armut und Straße zu schaffen. Gerade die jungen Erwachsenen, die keine Berührung mit dem Jugendhilfe-System haben und hatten, brauchen eine niedrigschwellige Anlaufstelle.“

Viele junge Leute meiden die Übernachtungshäuser für erwachsene Männer und Frauen.

„Darum schlagen wir zusätzlich zu den bestehenden Angeboten (Bed by night für Unter-18-Jährige und Jugendwohnen für aus der Jugendhilfe kommende junge Menschen) eine eigene Notschlafstelle mit qualifizierter sozialpädagogischer Betreuung im Sinne der Jugendsozialarbeit vor. Sowohl in der Jugendhilfe als auch bei Trägern der Wohnungsnotfallhilfe wurde ein solches Angebot für junge Erwachsende mehrfach eingefordert. Der Bedarf ist da“, betont Juliane Nagel.

Um die Dimension der Wohnungslosigkeit der Unter-27-Jährigen abbilden zu können, sei zudem eine systematische Erfassung der Zahl der Betroffenen nötig – das sei eine Aufgabe der an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Wohnungsnotfallhilfe.

Juliane Nagel: „Wir erwarten, dass sich das Amt für Jugend und Familie sowie das Sozialamt konstruktiv mit dem Anliegen befassen und dafür sorgen, dass dieser Baustein im Hilfesystem ergänzt wird!“

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